Sehen lernen ist so wunderschön, es macht frei. Heute möchte ich euch durch meine Augen sehen lassen und euch zeigen wie frei ich die Welt wahrnehme.
Motive sind keine Fotos
Das kann man es nicht oft genug sagen, seitdem ich male, habe ich gelernt so viel besser zu sehen und zu beobachten. Dieser Effekt wird auch in allen Elite-Universitäten benutzt um Menschen analysieren beizubringen.
Viele von uns sind gefesselt an Bildmaterial, sie glauben ein Motiv sei so statisch wie ein Foto.
Leider ist es gruselig! Genau die Menschen die am dringendsten einen Blindenhund brauchen, schreien nach der Genauigkeit eines Motivs und merken gar nicht, dass sie die Umwelt nicht mehr wahrnehmen und halten ihren Blickwinkel auf das Motiv für eine unumstößliche Wahrheit.
Es gibt keine Wahrheit!
Wahrheit gibt es nicht! Es gibt nur Standpunkte
Aber das ist doch gar nicht so! Ist der klassische Ausruf! Ich weiß, dass es wahr ist, weil ich es gesehen habe? Das möchte ich heute widerlegen!
Häuser stehen einfach nicht still! Und Farben verändern sich durch das Zusammenspiel der Umwelt.
Ich zeig Euch jetzt mal, wie starr der Realität ist! Wenn man sieht wie sich 1 Meter auf die Realität auswirkt, dann versteht man plötzlich wieso Steven Hawkins so wirre Sachen über das Weltall schreibt!
Kunst ist ansteckend! Wer jetzt nicht infiziert werden will mit leicht anarchistischen Sichtweisen, der sollte aufhören zu lesen. Vielleicht hinterlässt das Sehen durch Tines Augen unwiderrufliche Schäden in deinem Weltbild.
Bei kleinsten Standortwechseln bewegen und verändern sich Motive unglaublich. Schon wenige Zentimeter können darüber entscheiden ob man eine ganze Hauswand sieht oder nicht.
Achtet mal auf die Form des Himmels wie krass sich die verändert! Das ist ein Meter nach Links und nach Rechts
Schnall Dich an: Jetzt guckst du durch
Tine´s Augen
Ich stehe links in der Gasse: Tolles Motiv! Mein Motiv ein Blau und Oranges Schachbrettmotiv; ein Komplementärkontrast, schön frisch. 2 orange und 2 blaue Häuser!
Einen Meter weiter! Ein anderer Blickwinkel ! Tolles Motiv, am besten gefällt mir der gelb und lila Kontrast der Häuser, schön frisch! Moment war das nicht gerade orange und blau? Und es fehlen 2 Häuser! Das blaue Haus ist weg! Dadurch verändern sich alle Farben total in der Wahrnehmung.
Ich sehe hier nur noch lila und gelb! Hab ich geraucht? Wo ist das blau-orange Schachbrett? Das orange Haus verliert seinen Komplementärpartner und leuchtet nicht mehr! Es wirkt jetzt gelber. Mein Motiv: Ein lila Haus im gelben Rahmen.
Ich glaub mir wird alles gelb vor den Augen.
In diesem Blickwinkel wenige Zentimeter weiter ändert sich das Motiv total. Das gelbe Haus mit dem Dachgarten ist der Platzhirsch. Durch die Helle Farbe wirkt die rote Wand viel dunkler. Ein gelbes Haus und Licht und Schatten werden jetzt zum zentralen Motiv.
Natürlich habe ich die Bilder ein wenig verändert, damit ihr sehen könnt was ich sehe und denke! Aber versteht ihr jetzt? Warum ich die starre „Das ist aber SOOOO“ – Interpretation so lustig finde?
Blickwinkel, Zentimeter verändern alles!
Super oder? Soviel Kopfkino ganz ohne Haschisch, so verändert sich die Realität im Abstand von 2 Metern!
Tue mir einen Gefallen, lass denn Gedanken: Ich muss das so malen, weil es ist so. Lasse ganz sanft los und entsorge ihn im Rinnstein. Danke, das hat gut getan! Du bist frei! Und deine Bilder sind beweglich wie die Vögel!
Sei frei wie ein Vogel
Wer einmal begriffen hat, dass echte Motive keine starren gedruckten Blickwinkel aus Druckerschwärze sind, der gewinnt Freiheit.
Wir und Steven Hawkins wir können sehen und das andere blind sind stört uns nicht
Eine der wichtigsten Übungen ist es, die Möglichkeiten eines Motivs sehen zu lernen, ist das Herumwandern und Bewegen. Es geht darum die Vielfalt der Möglichkeiten wahrzunehmen! Deshalb wurde die Elite stets durch Zeichnen ausgebildet, es ging nicht ums Zeichen, sondern um dir Freiheit des Sehens.
Wenn man einmal verinnerlicht hat, dass durch ein paar Zentimeter ganze Häuser verschwinden und sich Farben verändern, dann kann das verwirren, aber letztendlich erleichtert es total.
Gerade im Bildentwurf gibt uns diese Tatsache totale Freiheit. Weil er sowie so völlig anders aussehen würde, wenn ich nur ein klein wenig weiter links oder rechts stehen würde. Trotzdem haben viele meiner Schüler beim bewegen von Bildmotiven so viel Hemmungen als würden sie jedesmal ein echtes Erdbeben auslösen, wenn sie nur ein wenig verändern.
Tipp zum Sehen lernen:
Such dir mal eine Ecke wo Häuser in unterschiedlichen Winkeln stehen und bewege dich hin und her, lauf am besten mal ein Quadrat von einigen Metern, achte darauf wie der Blickwinkel die Welt verändert!
⇒Vorzugsweise da wo keine Autos fahren, wir brauchen Dich noch!
Liebe Grüße ins Wochenende
Tine
P.s.. Mögt ihr meine Artikel? Ihr helft sehr wenn ihr sie teilt°
Lust auf mehr?
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Danke schön, ich bin ganz gespannt auf das Buch von dem Du mir geschrieben hast. Liebe Grüße Tine
Deine Gedanken über das Sehen sind wunderbar und spannend. Das Sehen ist ein Wunder, aber darüber so essentiell nachdenken zu können ist auch eine Kunst. Ich vermute, dass uns Kunst erst dann berührt, wenn sie uns für Momente über den profanen Alltag zu erheben vermag. Vielen Dank für Deine starken und berührenden Texte!
Hallo Wolfgang vielen Dank für die lieben Worte, ich muss darüber nachdenken, aber ich vermute auch Alltagsgegenstände verändern ihre Position je nach Blickwinkel. Ein Messer kann ein Brot schmieren oder töten, eine Frage der gedanklichen Perspektive.
Liebe grüße Tine
Freue mich jedesmal auf Deinen Beitrag,auch wenn ich danach leicht gefrustet bin. Deine Leichtigkeit beim Skizzieren ist so was von lässig!!!
Hallo Karl, kannst du dich erinnern was ich Dir gesagt hab! Spiel und trau Dich mal was!
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So schöner Beitrag, den teile ich gerne auf meinem FB-Account! Happy painting, liebe Tine!
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