Hallo ihr Lieben,
Ich sehe momentan aus wie die Hauptdarstellerin im Film Die Mumie – nur ohne Abenteuer und Glamour. Warum?
Ich habe einen Abflug über den Lenker meines Fahrrades gemacht und mir dabei das Handgelenk gebrochen Zum Glück ist es „nur“ das linke – so kann ich trotzdem weiter tüfteln und werkeln, wenn auch etwas langsamer und mit vielen Pausen.
Das Schreiben und Arbeiten fällt mir im Moment noch schwer, deshalb freue ich mich sehr, wenn ihr euch hier im Blog anmeldet. So bekommt ihr direkt eine Nachricht, sobald es etwas Neues gibt.
Vielleicht sehen wir uns ja bald persönlich? Ich würde mich riesig freuen, dich in einem meiner Boesner-Kurse begrüßen zu dürfen – schau doch mal unter Kurse vorbei! In ein paar Wochen findet außerdem ein zusätzlicher Himmel-Malkurs bei Boesner statt.
https://www.boesner.ch/unsere-standorte/unterentfelden/veranstaltungen/himmlisch-gut-2-16193
Die bisherigen Teilnehmer*innen waren begeistert, und ich kann es kaum erwarten, nach dieser kleinen Zwangspause wieder mit euch kreativ zu werden.
Bis bald und bleibt auch ihr gesund!
Herzlichst, Tine
Deckende Farben im Aquarell – ungeliebte Helfer mit großem Potenzial
In der Welt der Aquarellmalerei gelten Transparenz, Leichtigkeit und fließende Übergänge als das höchste Gut.
Die besondere Schönheit und Mystik unseres Mediums entsteht meist genau durch diese Eigenschaften, wo glasklare Farben sich unvorhersehbar mischen, aufblühen, überlagern – scheinbar schwerelos, leicht und strahlend, entstehen bei deckenden Farben wunderbare Lasuren.
Kein Wunder also, dass deckende Farben in diesem Zusammenhang oft ein Schattendasein führen. „Kreidig“, „müde“, „schwerfällig“ – wahrgenommen werden. Und an diesem Vorurteil ist etwas dran. Oft ruinieren deckende Farben beim Mischen die Strahlkraft der leuchtenden transparenten Farben.
Und doch: Warum führen eigentlich alle namhaften Hersteller deckende Farben mit Pigmenten wie Zinkweiß (PW4) oder Titanweiß (PW6) im Sortiment – und das nicht nur als Weiß?
Die schlichte Wahrheit ist, die ungeliebten Farben haben enormes Potenzial.
Sie bereiten nicht nur Frust, sondern auch Lust!
Schauen wir genauer hin. Denn wer lernt, diese Farben bewusst einzusetzen, entdeckt eine zusätzliche Ausdrucksebene, die mit lasierenden Farben allein nicht erreichbar ist.
Wenn man zum Beispiel die Wüste malt, dann ist sandig und kreidig gut.
Was macht eine Farbe deckend – und warum ist das wichtig?
Die Deckkraft einer Aquarellfarbe hängt im Wesentlichen vom verwendeten Pigment und seiner physikalischen Beschaffenheit ab. Besonders Pigmente wie Titanweiß (PW6), Kobaltblau (PB28), Kadmiumgelb (PY37) oder Zinkweiß (PW4) sind bekannt für ihre hohe Opazität. Im Gegensatz zu den transparenten, oft organischen Pigmenten bleiben diese Farben mehr „auf“ dem Papier liegen, statt sich mit der Oberfläche zu verbinden oder sich beim Überlagern farblich stark zu verändern.
Diese physikalische Trägheit kann in bestimmten malerischen Situationen von großem Vorteil sein – wenn man weiß, wie.
Vorteile deckender Farben im Aquarell
1. Harmonie durch Mattheit
Zuerst einmal gelten deckende Farben mit Zink und Titan als Matt. Sie ruinieren die Strahlkraft von Farben.
Deckende Farben haben oft eine weichere, samtigere Oberfläche. Das kann gerade bei Abend- oder Morgenstimmungen genau richtig sein.
Das Aquarell lebt nicht nur von Leuchtkraft, sondern auch von Kontrasten!
In einem Aquarell, das von starker Leuchtkraft lebt, kann eine matte Passage mit deckenden Tönen einen ruhigen Gegenpol schaffen – Die Leuchtkraft im Gegensatz zum Gedämpften.
Das sieht man hier ganz wunderbar. Das Leuchten auf dem Meer entsteht dadurch, das eine leuchtende transparente Farbe (Lasurorange) auf eine zinkhaltige, matte und leicht deckende Farbe trifft (Siena Natur +Titanweiß). Das Auge hat den Vergleich zwischen strahlend und nicht strahlend, so entsteht Licht.
1. Kontrolliertes Lasieren
Ein Paradebeispiel: Lasieren mit Blau über Gelb. Mit transparenten Farben ergibt das – gewollt oder nicht – ein sattes Grün.
Insbesondere bei Himmeln ist dies enorm ärgerlich so. Einen Kermit grünen Himmel kann man nun wirklich nicht brauchen.
Schau mal auf den Horizont im Bild. Hier treffen sich eine sehr feuchte blaue und feuchte, gelbe Lasur und es entsteht kein Grün. Nur ein wenig Dämmerung. Dies ist natürlich perfekt, um Tageszeiten zu malen. Aber wie geht das?
Weil deckende Pigmente schwerer sind, „fallen“ sie schneller zu Boden.
Das hat zur Folge, dass sie sich im nassen Papier nicht so stark ausbreiten wie transparente Farben. Wer atmosphärische Wolkenstrukturen malen will, kann das gezielt nutzen: Während lasierende Pigmente frei in die Umgebung diffundieren, bleibt eine deckende Farbe eher an ihrem Platz – was eine ruhige, zarte Wirkung erzeugen kann.
Der Profitipp: Das Ganze gilt aber nur unter drei Bedingungen. Nummer 1: Du arbeitest feucht, flutest aber nicht mit Wasser. Der Pinsel reibt nicht in der Lasur rum. Und du benutzt reaktionsunfreudige Farben, z.B. hier Royalblau und siena Natur und etwas Titanweiß =schwer).
2. Gegenlicht und helle Nebel
Deckende Farben sind exzellente Werkzeuge für Lichteffekte – gerade in feuchten, atmosphärischen Szenen. Ein sanft deckendes Zinkweiß, in eine Farbfläche eingewoben, kann den Eindruck von Dunst oder Gegenlicht erzeugen, ohne dass man gleich zum „Gouache-Trick“ greifen muss. Auch Lichtkanten an Wolken, Gischt oder Morgennebel profitieren davon, dass sich deckende Farben nicht so schnell mit ihrer Umgebung vermischen.
Nachteile – und wie man sie umgeht
Natürlich sind deckende Farben nicht frei von Tücken:
-
Verlust der Leuchtkraft: Decken bedeutet auch immer: Licht wird gestoppt. Die Farben erscheinen stumpfer. Der Trick: sparsam und bewusst einsetzen. Die Farben dürfen nicht mit den Farben die Strahlkraft vermitteln, gemischt werden.
-
Schwer mischbar: Viele deckende Pigmente haben eine träge Reaktion beim Mischen – man erhält schneller „Kalkgrau“ als eine leuchtende Sekundärfarbe. Das kann bei Schatten extrem hilfreich sein, leuchtende Farben ruiniert es.
-
„Kreidiger“ Look: Ist zum Beispiel bei Abendstimmungen perfekt. Wer dies jedoch ohne Kontraste und Lichter malt. Erzeugt vergraute und unattraktive Bilder (siehe unten). Das deckende, fast schwarze Indigo bringt die Farben zum Strahlen.
Fazit: Nicht verteufeln, sondern verstehen
Deckende Farben sind kein Makel in der Aquarellmalerei – sie sind ein Gestaltungsmittel. Richtig eingesetzt, bieten sie eine Palette an Ausdrucksmöglichkeiten, die weit über das klassische Lasieren hinausgeht. Statt sich auf die reine Transparenz zu versteifen, lohnt es sich, das volle Potenzial des Materials zu erkunden. Gerade die Kombination aus transparenten und einer kleinen Menge deckenden Farben eröffnet dem Malenden eine reiche Bandbreite an Möglichkeiten.
Es braucht etwas Übung, ein feines Gespür – und vielleicht auch ein wenig Mut zur „Unreinheit“. Doch wer einmal erfahren hat, wie Zinkweiß eine Landschaft zum Leuchten bringt oder wie ein deckendes Blau Kontraste erzeugt und die Farben zum Strahlen bringt, wird diese Farben nicht mehr missen wollen.
Tipp zum Schluss: Lust und Frust vermeiden
Menschen, die ihren Farbkasten nur ab und zu benutzen, sollten zumindest beim Kauf genau lesen ob, ihre Farben deckende Pigmente enthalten. Deckende Farben zum Beispiel mit weißen Pigmenten. Sollten im Farbkasten eine getrennte Position haben. Das heißt Achtung diese Farben vergrauen die transparenten Farben. Durch den eigenen Platz außerhalb der normalen Farben kannst du auch dann, wenn du vergessen hast, welche Farbe es ist, dich erinnern: Achtung, diese Farbe ist deckend!
Liebe Grüße Tine
Während die Oper Millionen bekommt, malen wir mit Herz und Gips am Arm.
Dieses Angebot lebt von Idealismus – nicht von Fördergeldern.
Hilf mit einer kleinen Spende, damit Kultur nicht nur im Elfenbeinturm stattfindet.