Bevor es hier mit der Macht der Form los geht:
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Liebe Grüße
Tine

Was ist eine gute Form?
Die „gute Form“ ist kein Zufall. Sie ist eines der ältesten Themen der Kunsttheorie – von den Griechen über Leonardo da Vinci bis hin zur modernen Gestalttheorie.
Schon die alten Griechen wussten, dass Formen harmonisch wirken können.
Leonardo suchte sie in Proportionen, Goethe im „Urphänomen“ der Natur.
Aber Hand aufs Herz: Diese Theorien helfen einem oft wenig, wenn man mit zitternder Hand vor dem weißen Blatt sitzt!
Darum hier meine persönliche Übersetzung:
Gestalte deine Form so, dass sie einfach, klar, ausgewogen – und trotzdem spannungsvoll ist.
Klingt paradox? Ist es auch. Doch wer das Prinzip einmal verstanden hat, kann selbst aus dem simpelsten Motiv etwas Traumhaftes machen.
Faustregel:
Eine gute Form ist so einfach, dass man sie versteht – und so komplex, dass sie interessant bleibt.
Die Grundform vereinfachen!
Am Anfang steht immer die typische Form.
Man soll sie auf den ersten Blick erkennen: „Das ist ein Haus!“ oder „Das ist ein Stuhl!“.
Mach es dir ruhig einfach – die Grundform rockt das Ding!
Das nennt man das Gesetz der Prägnanz:
Wir merken uns die klarste, einfachste Struktur.
Ein Dreieck versteht das Auge schneller als ein krummes Vieleck. Ein Haus? Ein Viereck mit einem Dreieck obendrauf.
Das heißt: Die einfachste Struktur als Grundform ist die am besten verständliche Form.
Aber so einfach ist es dann doch nicht! Zu einfache Formen wirken wie von Kinderhand gemalt.
Das Ziel ist, eine Form zu entwickeln, die einfach, erkennbar und ausdrucksstark ist.
Wie stärkt man die Aussage einer Form?
Eine interessante Form ist nicht überfrachtet mit Details, sondern klar genug, dass das Auge sie versteht – und komplex genug, dass sie den Betrachter beschäftigt.
Ich möchte ein ausgewogenes Gleichgewicht, aber auch ein bisschen „Entertainment“ in der Form.
Schau dir mal dieses einfache Motiv an:

Der weiße Bereich des Bauernhauses ist ganz klar als Haus zu identifizieren.
Also – ein Kasten mit einem Dreieck drauf!
Ob eine Form top oder flop ist, liegt an ihrer Aussagekraft.
Klappern gehört zum Geschäft!
Jetzt machen wir die Form interessanter. Dort, wo eine Form spannend wirken soll, stärkt man ihre Ecken!
Wenn wir eine Form betonen möchten, sind die Ecken von äußerster Bedeutung – sie machen eine Form verständlich!
Deshalb ziehe ich im Bild die Ecke meines Bauernhauses etwas weiter heraus.

Nun erkennt selbst ein flüchtiger Blick, dass es sich um ein Bauernhaus mit großem Dachüberstand handelt.
Das, was du an einem Motiv betonen möchtest, bekommt besonders interessante Ecken!
Und dies stärkt auch noch die erzählerische Kraft deiner Bilder.
Dadurch entsteht auch im Kopf des Betrachters eine Geschichte:
Ist das Süddeutschland oder die Schweiz?
Er zieht seine eigenen Schlüsse – und genau das wollen wir!
Aber Vorsicht – wir wollen das Motiv nicht einklemmen.
Das heißt nicht, dass man es beim Zeichnen zum Kasten machen muss.
Beim Zeichnen und Malen werden nur die wesentlichen Eigenschaften betont.
Alles, was weniger interessant sein soll, wird lockerer, lässiger behandelt.
So signalisierst du dem Betrachter: Hier darfst du zur Ruhe kommen.
Das siehst du im Bild deutlich – auf der linken Seite des Hauses und auch bei der Landschaft daneben.
Dort läuft alles ruhiger, weicher, mit weniger Betonung.
So lenke ich das Interesse gezielt auf die Hausform und lasse die Umgebung als Bühne wirken.
Im Bild erkennt man das gut:

Der weiße Teil des Hauses bringt Ruhe und Klarheit, aber der linke Teil mit seiner leicht schrägen, unregelmäßigen Dachkante sorgt für Spannung und Überraschung.
Das ist die Kirsche auf der Torte!
Das bedeutet: Einerseits ist das Haus klar erkennbar, aber gleichzeitig leicht asymmetrisch, also unerwartet.
Dadurch bleibt das Auge länger interessiert – es will verstehen, was hier passiert.
So funktioniert übrigens auch der Goldene Schnitt:
Er rückt Motive ein wenig aus der Mitte und erzeugt so einen spannenderen Bildaufbau.
Wenn du also die Symmetrie leicht brichst, entsteht Bewegung und Spannung.
Setze ein Objekt leicht aus der Mitte herraus– das bringt schon viel.
Dann beginnt das Auge zu wandern – es sucht Balance, findet sie und bleibt dadurch länger in der Zeichnung oder im Aquarell.
Mehr dazu in einem anderen Blog (siehe unten).
Ein Profi wird unruhig, wenn seine Zeichnung zu symmetrisch ist!
Künstler wie Degas oder Hokusai haben Asymmetrien meisterhaft genutzt – sie geben dem Auge immer eine Aufgabe.
In ihren Bildern ist Bewegung.
Bauhaus-Weisheit: Spannung und Gleichgewicht
Mein Großvater war am Bauhaus und erzählte mir:
Im Unterricht dort lehrte man, dass jede Fläche oder Form dann „gut“ wirkt, wenn sie
Spannung und Gleichgewicht zugleich besitzt.
Gleichgewicht schafft visuelle Ruhe.
Ungleichgewicht bringt Energie.
Wenn beides vorhanden ist, hält das Auge still – aber aus Interesse, nicht aus Langeweile.
Daraus ergibt sich eine einfache Faustregel für die gute Form:
Halbiere dein Motiv einmal längs und einmal quer.
Sind beide Formen unterschiedlich und trotzdem interessant, hast du eine perfekte Form erzeugt.
Das ist keine ausgedachte Regel, sondern die praktische Anwendung einer komplexen Gestaltungstheorie.
Warum das funktioniert?
Weil dabei zwei Dimensionen der Balance geprüft werden – horizontal und vertikal.
So werden sowohl die Links-Rechts-Balance als auch die Oben-Unten-Balance berücksichtigt.
Unterschiedlichkeit erzeugt Spannung, Ausgewogenheit erzeugt Ruhe.
Wenn beide Hälften exakt gleich sind, wirkt es statisch.
Sind sie völlig ungleich, wirkt es chaotisch.
Die Regel fordert: Mach beide Teile interessant – aber lass sie zusammenwirken.
Etwas muss eine Seite mit der anderen verbinden.

Teilt man das Haus einmal längs und einmal quer, erkennt man, wie ich der Regel folgte.
Teilung vertikal: Das Haus ist rechts klar und weiß – eine gut erkennbare Form, die Ruhe bringt.
Die linke Seite ist kontrastreich, schräg und ein wenig anarchisch – das bringt Spannung.
Horizontale Teilung: Die obere Hälfte mit dem Dach gibt starke Formen, macht klar, dass es ein Haus ist, und bringt Spannung und Pfiff.
Unten haben wir Ruhe und eine klare Trennung von Licht und Schatten. Die Form passt.
Fazit zur guten Form beim Malen und Zeichnen
Eine gute Form ist kein theoretisches Gebilde, sondern eine Verabredung zwischen Auge, Herz und Gehirn.
-
ist klar, aber nicht banal
-
vereint Spannung und Ruhe
-
folgt einer inneren Logik oder Bewegung
- erzählt eine Geschichte
Man könnte sagen:
Eine gute Form ist das Gespräch zwischen dir und dem, was du siehst.
Liebe Grüße
Tine
5000 lesen – nur eine Handvoll spendet.
Ein bisschen peinlich… und deshalb ein umso größerer Dank an euch!
Ihr seid die stillen Heldinnen und Helden im Hintergrund.
Danke, dass ihr Kultur nicht nur genießt, sondern tragt. 💛🎨