Der wundervolle Farbkasten
Demo zur Farbe: Tine Klein – Canale Grande in 5 Minuten
Achtung, jede Woche wird der Blog Korrektur gelesen, diese Woche hat der „Lektor“ vergessen auf speichern zu drücken, ich bin aber grad auf Reise und kann den Blog nicht neu einspielen.
Ganz oft werde ich gefragt: „Zeig mal was in deinem Farbkasten ist und sag mir gleich schnell welche Farben ich kaufen muss“ ….so wie auch wieder mal diese Woche:
Hihi… das ist so, als wenn einen Drogensüchtigen fragt, ob er ne Pille gegen Kopfschmerzen in der Tasche hat…der greift in die Tasche und du denkst du hast vom hingucken Halluzinationen…..
Mein Farbkasten ist so wie der Mississippi bei Hochwasser, ausufernd, manchmal dreckig und es schwimmen lauter komische Sachen drin rum.
Ein echter „Trau deinem Bauchgefühl“-Farbkasten und für mich ist der gut so wie er ist. Jemand anderen würde er eher in den Wahnsinn treiben.
Und last but not least wäre es ein Wunder, wenn man noch irgendein Schildchen unter den Näpfchen lesen könnte…..
Ich bekomme immer lange Zähne, wenn ich meine Farben rausrücken soll, nicht weil ich das nicht gerne tue oder etwas verheimliche, sondern weil ich weiß, dass es dem Anderen nicht wirklich hilft, denn Farben sind etwas persönliches.
Künstler – Farbkasten zwischen Exzess und Logik
Menschen wie ich feilen ein Leben lang am Farbkasten, das meiste findet man durch ausprobieren heraus, aber hinter dem Bauchgefühl steckt extrem viel Fachwissen.
Dieses Fachwissen ist meistens völlig unbewusst…und wird mit sehr sehr viel Fehlkäufen bezahlt…ist es fachlich richtig, fühlt es sich gut an.
Auch bei mir war der Weg zum heiß geliebten persönlichen Farbkasten mit einem Haufen schmerzlicher Fehlkäufe gepflastert.
Bevor ich hier jetzt meine Farben runter rattere, möchte ich euch warnen, der Farbkasten muss so gut zu dir passen wie ein Schuh. Wie bei Schneewittchen wird dich der Schuh grausam beißen, wenn du nicht weiß, wie man ihn benutzt und du eine andere Schuhgröße hast.
Dies hier ist keine Werbeverkaufsveranstaltung, ich möchte dich nicht losrennen lassen und du kaufst meine Farben und sie nützen Dir nichts.
Lieber möchte ich das du strahlst, weil du nicht mehr blinde Kuh an der Ladentheke spielen musst.
Was muss ein Farbkästen können?
Im Sommer hatte ich einen extremem Fall im Kurs, die Dame war in einem Aquarellkurs zum Rosen malen und hatte nur Rot und Grün im Kasten! Da hat Tine aber dumm geguckt, da kann nicht mal mehr Dr. Love beim Mischen helfen.
Zuerst einmal wäre es prima, wenn man alle Farben mischen könnte!
Der logische Ansatz für den Kasten
Wenn man nur das will, ist das System recht einfach zu begreifen.
Man braucht von jeder Grundfarbe eine kalte und eine warme Farbe.
Klassisch wäre zum Beispiel
• Zitronengelb kalt
• Kadmiumgelb warm
• Kadmium rot warm
• Permanentrot kalt
• Ultramarin blau warm
• Preußisch kalt
• Eine Farbe zum Abdunkeln, am besten kein Schwarz. Ich liebe Neutraltinte, das ist nicht so dreckig.
Das ist eine solide Grundausstattung und mit etwas Geschick kann man fast alles mischen.
Die meisten kleinen Farbkästen haben jedoch 8 oder 10 Plätze, meist werden die restlichen Farben durch Erd- und Grüntöne aufgefüllt.
Insgesamt bauen alle Aquarell- oder Farbkästen auf diesem 6 Ton Farbsystem auf, es ist ja logisch, dass man alles mischen können will.
Auch mein Aquarellkasten baut auf diesem System auf, das ist aber nur die halbe Wahrheit.
Das herrlich unlogische System
Ich habe meine Farben, fast wie mit den Zirkel abgemessen, ganz regelmässig über den Farbkreis verteilt, warmes Blau, kaltes Blau, warmes Gelb, kaltes Gelb und dann beginnt der Exzess, bei Orange bis Lila habe ich gefühlt alle! Hurrra!
Braucht man nicht! Ja klar!
Künstler haben ihre ganz eigene Art mit Farben umzugehen. Gerade die Brüche die Künstler in ihrer Farbzusammenstellung haben, das Irrationale, das macht den Charme von Künstlerfarbkästen aus.
Erschaffe deine eigene Farbwelt
Mit dem eigenen Stil kommt, wird es immer wichtiger das dein Farbkasten dir entspricht, deshalb folgen Künstlerfarbkästen ihrer eigenen Logik, es sind Farbklänge der Emotion.
Tine´s Don Camillo und Pepone System
Mein Kasten beruht zum Teil auf einem 3 Klang bis 4 Klang System, wenn eine Farbe in meinem Kasten kommt, dann bringt sie Begleiter mit.
Ich sehe die Welt immer gern von mehreren Seiten, die Folge ist, dass ich gerade die Gegensätze liebe.
Für die jüngeren Leser Don Camillo und Pepone sind ein Kommunist und ein Pastor, die zusammen in einem italienischen Dorf leben, beide sind echt nett und beide haben eine gemeinsames Lebensziel und zwar sich eins auf die Nase zu geben.
Ich mag leben in der Bude, deshalb habe ich meinen Kasten sehr lebhaft organisiert: über Gegensätze
- Strahlende klare Farben kontra stumpfe dunkle Farben
- Kalt gegen warm Komplementärste
- puderig Weich gegen extrem Hart
Mein Kasten und ich sind wie ein Regisseur und seine Besetzungscouch.
Eine einzelne Farbe ist niemals so eindrucksvoll wie ein Farbklang:
Zuerst einmal gibt es den Star. Rund um meine Stars wird die Besetzung arrangiert.
Ich liebe zum Beispiel Opera Rose, das ist ein schrilles, kaltes leuchtendes Pink.
Weil das so hell, leuchtend und transparent ist will ich das absolute Gegenteil:
Der Gegenspieler ist ein brutales hartes, dunkles und deckendes Rot mit dem romantischen Namen Caput mortuum, ein Tropfen zuviel von dieser Farbe kann jedes Bild definitiv total kaputt machen.
Ich kombiniere also 2 Farben mit extremen Unterschieden, zu diesen beiden gesellt sich noch eine Mittlerfarbe, Potters Pink, eine der ganz sanften Farben, pluderig und pastellig in einem.
Ich kombiniere also drei Farben einer Farbgruppe mit maximal konträren Eigenschaften. Leuchtend, strahlend mit stumpf, matt, hart und dunkel, weich puderig. Damit kann ich wie beim Kochen aussuchen ob ich süß, scharf, salzig oder bitter will, ich spiele also mit dem kompletten Spektrum der Farbmöglichkeiten.
Vielen Dank an die Firma Schmincke das ich ihr Schulungsmaterial benutzen durfte, ihr findet es zum Runterladen am Ende des Artikels. Die weißen Markierungen stammen von mir damit ihr seht wie ich zusammenstelle.
Ihr seht durch meine Markierungen wie unterschiedlich ich die Farben angeordnet habe, hell, dunkel, kalt, warm und granulierend.
Tipps:
Das wirkt jetzt natürlich total verwirrend, damit du dir aber selbst helfen kannst erläutere ich das Prinzip.
Kalt-Warmkontrast
Meine ersten beiden Farbtöne meiner Farbe haben einen Kalt-Warmkontrast.
Zum Beispiel Zitronengelb oder Indischgelb
Lichtkontraste
Nichts ist öder als ein Bild ohne Licht, deshalb erzeuge ich gerne starke Kontraste in der Lichtstärke.
Der dritte Farbton ist eine Dunkelheit
Wenn ich abdunkeln ohne verschmuddeln will, suche ich dunkle lasierende Töne.
Diese Farbe ist bei mir Lasurrot.
Will ich tiefe Dunkelheit, dann greife ich niemals zu Schwarz! Eine Alternative sind Töne, die dramatische Kontrast geben im Rotbereich, bei mir Caput Mortum deckend und dunkel! (Achtung Waffenscheinpflicht)
Der Komplementärkontrast:
Ich liebe Opera Rose und deshalb habe ich permanent Grün im Kasten. Der Komplementärkontrast ist das beste Mittel Leben in die Hütte zu bringen.
Zusammen hält man diese Farben kaum aus, weil es so schrill ist.
Dosieren ist der Trick. Falls mal etwas öde wird, hilft ein Tröpfchen der Komplementärfarbe
Tatsächlich benutze ich diesen Komplementärkontrast sehr selten, das Grün ist im Kasten, weil es das passende Grau zum Opera Rose erzeugt.
Diesen Faktor beachten die Wenigsten von uns, wenn sie Farbkasten zusammenstellen, dass gerade die schrillen transparenten Farben zusammen ganz enorm sanfte und zurückhaltende Farben ergeben.
In den Händen von Geübten bilden Komplementärfarben sanfte Brücken, weshalb selbst abstruse Farben weich aussehen.
Ich hab mir meinen Kasten so eingerichtet, dass ich jederzeit eine lebhafte Skizze erstellen kann.
Tine
Hurra! Malurlaub mit Tine! Nächstes Jahr an 4 traumhaft schönen Orten:
Schaut mal rein: Tines Malreisen 2018
Weiterlesen zum Thema Aquarell?
Profi Tipps der Firma Schmincke: Das Farbrad zum herunterladen:
Ein fantastischer Artikel! Vielen Dank dafür!
Danke Dir , viel Spaß damit!