Locker und frei! Wie vermeidet man den Ausmalbuch-Effekt beim Zeichnen.

Tine Klein Zeichnen und Malen Aquarellskizze

Die neuen Zeichenkurse sind offen!

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Wie vermeidet man Ausmalbuch-Effekte und wird locker und frei?

Heutzutage stehen graphische Elemente in Skizzen und Aquarellen hoch im Kurs.

 Das Arbeiten mit schwarzen Linien und Flächen hat große Vorteile, es lässt Farben strahlen und strukturiert Skizzen und Malerei enorm gut.

Alles wirkt schön plakativ! Doch manchmal wird es zu plakativ.

Und dann passiert etwas, das viele von uns nur zu gut kennen:

Die Bilder erinnern plötzlich an ein Kindermalbuch.

Linien stehen wie starre Gitter, Flächen werden brav bis zur Kante ausgefüllt. Das Bild wirkt ordentlich, vielleicht sogar nett, aber es hat keine Energie, keine Luft, keine Lebendigkeit. Es wirkt wie festgenagelt.

Und so stehen wir vor der zentralen Frage dieses Blogs:

Wie vermeidet man den Ausmalbuch-Effekt, der durch starre Linien und flächiges Ausfüllen entsteht?

Der Ausmalbuch-Effekt, ist mangeldes Spiel

Der Ausmalbuch-Effekt entsteht immer dann, wenn der graphische Effekt – also die dunkle Linie des Stiftes oder die dunklen, klaren Flächen im Aquarell – nicht mehr spielerisch sind.

Die Linie dominiert alles und lässt dem Aquarell oder der Skizze einfach keine Luft zum Atmen.

Besonders häufig entsteht dies, wenn die Zeichnung oder die dunklen, monotonen Flächen das Aquarell regelrecht umschließen wie ein Käfig. Die dunkle Linie reagiert dann nicht mehr auf die Farbe. Sie hält sie fest, klemmt sie ein wie eine Zange. Das Bild verliert seine Freiheit.

Die Hauptfehlerquellen, die zum Ausmalbuch-Effekt führen:

Eine charakterlose, harte und geschlossene Linie.

Hast du schon mal eine schöne, flüssige und ästhetische Handschrift bewundert?

Dann erkennst du sofort, dass der Schreiber ein Meister seines Fachs ist. Die Buchstaben fließen frei über das Blatt, sie tanzen, brechen, schweben.

Eine schöne Handschrift hat sich von vielen Regeln gelöst.

Sie schwingt in ihrer eigenen Art, verbunden mit dem Menschen am Stift. Und genau so ist eine gute Linie:

Sie lebt.

Eine Druckschrift dagegen wirkt starr. Sie folgt zu vielen Regeln, nimmt sich wenig Freiheit, ist abgehackt.

Sie ist korrekt, aber uninspiriert.

Und genau das passiert auch beim Malen. Wenn du deine Linie mit dem Stift oder dem Pinsel zu hart, zu langsam oder zu kontrolliert setzt, verliert sie ihre Lebendigkeit. Sie wird schwer.

Sie wird zur Grenze, zur Barriere, zum Rahmen, der das Bild einsperrt.

Muss die Linie also meisterlich sein, um diesen Effekt zu vermeiden?

Natürlich wäre das schön.

Ich wünsche dir eine meisterliche Linie.

Natürlich wäre das schön, aber um die Wahrheit zu sagen: Ich arbeite selbst immer noch daran. Und das Gute ist:

Es gibt zahllose Wege, die Linie freier und ausdrucksstärker werden zu lassen.

Eine Linie mit Charakter ist kein Gefängnisgitter.

Sie darf tanzen. Sie darf hüpfen.

Sie darf zeigen, dass sie von dir kommt.

Alles, was sie leisten muss, ist eine Grundform zu zeigen – nicht mehr. Lies dazu gern den Blog der letzten Woche: Was ist eine gute Form?

Wichtig ist, dass du deiner Linie erlaubst, erzählerisch zu verlaufen.

Im Schatten darf sie dunkler und kräftiger sein. Bei Blättern und Pflanzen darf sie organisch sein. Bei Gebäuden darf sie kantig und klar sein. Die Linie hat ihre eigene Sprache.

Der coole Sau-Effekt

Der coole Sau-Effekt entsteht genau hier. Es gibt Handschriften, bei denen man Luft holen muss, weil sie so viel über den Menschen erzählen. Wirf das „Ich muss“ zugunsten des „Ich darf“ ab. Frag nicht: „Darf ich das?“ Sag: „Ich fühl das so.“

Probier alles aus: Lass die Linie brechen, zittern, kippen, springen. Alles ist erlaubt.

Damit man den Stift so frei über das Papier rasen lassen kann, ist Vorzeichnen oft ein guter Weg. Denn wer gehemmt ist, zeichnet und malt nicht frei. Die Vorzeichnung gibt Sicherheit, aber sie soll nicht das endgültige Bild sein.

Ausmalbuch-Effekt und das Vorzeichnen:

Die Vorzeichnung soll dir Halt geben, nicht Fesseln.

Der häufigste Fehler ist, zu denken, dass in die Vorzeichnung alles hinein muss. Nein!

Die Vorzeichnung darf nur ganz leicht und zart Proportionen andeuten. Und erst dann lässt du den Stift darüber tanzen.

Der coole Sau-Effekt entsteht später, wenn du rasant, schnell und emotional zeichnest. Dadurch wird Energie freigesetzt.

Der Ausmalbuch-Effekt entsteht auch, wenn Linien oder Flächen als strenge Grenzen wahrgenommen werden.

Ein Bild zerbricht, wenn man Motivteile getrennt malt und zeichnet.

Die Fläche wird dann zum Innenraum, der ausgefüllt werden muss.

Oder man streicht eine Fläche einfach stumpf mit Schwarz oder Grau an. Dann wirkt das Bild wie ausgeschnitten.

Ganz falsch, denn die Form wird wie ein Diktator.

Die Skizze oder das Aquarell hat keine Luft zu atmen.

Um dies zu vermeiden, verändert man die Arbeitsweise:

Schritt 1
Lege die Aquarellfarben locker an. Denke an Umrisse, aber halte sie nicht fest. Lass die Farbe laufen. Denke an Licht, Bewegung, Stimmung. Exakte Formen entstehen später mit Dunkelheit und Linie. Farbe darf größer sein als das Objekt. Farbe darf frei sein.

Schritt 2
Wenn die Farbe trocken ist, entsteht eine sanfte Vorzeichnung.

Die Zeichnung orientiert sich an der Farbe, sie muss es aber nicht.

Wichtiger sind Spannung und Lebendigkeit. Die Linie entsteht schnell, aus dem Bauch, im Jetzt. Ohne Plan.

Lass Fehler abtropfen wie Regentropfen auf einer Windschutzscheibe.

Zeichne nicht, um zu erklären. Zeichne beim Fühlen.

Unser Gehirn liebt es, selbst zu ergänzen.

Und deshalb: Arbeite frei wie ein Vogel. Mach, was dir in den Kopf kommt.

Freiheit ist am Anfang schwer.

Aber genau sie erzeugt Spannung und Lebendigkeit.

Wenn du beim Zeichnen kaum aufs Papier schaust, sondern auf das Motiv, entstehen Ungenauigkeiten. Sie sind Gold. Sie machen das Bild menschlich und lebendig.

Wir suchen nicht Perfektion. Wir suchen Ausdruck.

Und darum: Geschwindigkeit hilft. Wer zögert, verliert Energie. Wer fließt, gewinnt Ausdruck.

Ein Bild lebt, wenn Linie und Farbe sich berühren, kreuzen, widersprechen dürfen.

Erst dann atmet es.

Der Ausmalbuch-Effekt etsteht nicht…

Wenn man diese freie Linie sanft betonnt und verdichtet, dafür braucht es keine geschlossenen Gitter!

Liebe Grüße
Tine

Weiterlesen bei Tine: Hilfreich wie erstellt man eine gute Form:

https://blog.herz-der-kunst.ch/die-macht-der-form-so-machst-du-interessante-aquarelle-und-skizzen/

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