Malen lernen – Risiken eingehen, um besser zu werden.

Malen lernen ist eine Frage des Selbstvertrauens:

Sind deine Bilder manchmal nicht so aus, wie du das möchtest? Hast Du auch Angst dein Bild in letzer Sekundr zu versemmeln? Na dann herzlich willkommen im Klub, dieses Problem haben fast alle Maler und Kreativen.Wenn Bilder nicht locker, entspannt und professionell aussehen, dann hat dies oftmals den Grund, dass man bestimmte Techniken noch nicht beherrscht.

Oder es ist eine Frage der Geschwindigkeit.

So ein Bild malt man Kopf aus, denn hier kommts auf Geschwindigkeit an.

Das kommt schon! sagen viele Lehrer, wenn was schief geht. Was die Lehrer mit ihrem Spruch meinen ist: Mit Übung kommt das Selbstvertrauen!

Das Selbstvertrauen ist eine Art “self fullfilling prophecy“.  Denn schnell gemalt klappen viele Techniken plötzlich wie von Zauberhand.

Malt man langsam und zögerlich, dann hat man zwar den Eindruck von Kontrolle, das Ergebnis sieht jedoch auch zwanghaft kontrolliert aus.

D. h. die Kontrolle kann dein Bild genauso gut ruinieren wie das hirnlose Arbeiten.

Betrachter sind in der Lage zu lesen, wie wir den Pinsel bewegen, in etwa wie bei der Handschrift. Mit stark kontrollierten Pinselstrichen sagst du:

„Hey, leider musste ich mich ganz schön anstrengen!

Jemand anderes sehr schnell und wild arbeitet, kommuniziert den Betrachter:

“Hey, ich bin so eine coole Sau, ich mach das mit der Hand in der Hosentasche!“

Das Paradoxe beim Malen lernen ist, dass exaktes Malen falsch sein kann.

Du kannst in die paradoxe Situation geraten, dass ein sehr korrektes Bild weniger schlüssig und professionell aussieht als ein Bild, das kleine Fehler zulässt,

weil der Schwung des Pinsels die Wirkung des Bildes beeinflusst.

Viele fortgeschrittene Mal-Techniken beruhen auf Timing, d. h. der Maler muss eine Farbe sehr schnell bearbeiten und Risiken eingehen, damit das gewünschte Ergebnis erzeugt wird.

Nass in Nass:

Hier muss der Maler mit trockenem Pinsel in feuchter Farbe arbeiten. Der Maler muss den Fehler des Auslaufens in Kauf nehmen, denn genau das Auslaufen der Farbe erzeugt die weichen Effekte in den Wolken. Kontrollierbar ist das nicht!

So wird der Zufall zum Freund der guten Maler, denn sie arbeiten mit ihm!

Trockener Strich:

Tine Klein Skizzen Aquarell in Basel an der Kaserne, Tutorial Malen lernen, Aquarell

So ein trockner Strich braucht Mut, je schneller der Pinsel, desto gebrochener der Strich.

Hier muss der Maler einen wenig feuchten Pinsel übers Blatt ziehen. Der Strich wird dadurch nicht so kontrollierbar wie ein langsamer Strich. Doch der gebrochene Effekt des Pinselstrichs erzeugt vielfältige wunderschöne Effekte. Er lässt Wasser glitzern oder den Effekt von Bewegung entstehen.

Blöd daran, sobald der Pinsel stoppt, malt er wieder! Und dann hat man einen Fleck im Bild.

Loslassen erzeugt eine gute Pinselhandschrift:

 

Es gibt viele Anwendungsbeispiele, wo ein Maler den Pinsel beherzt über das Papier sausen lassen muss. Malen lernen bedeutet also oft nicht zu kontrollieren, sondern zu riskieren.
Wenn man zum Beispiel ein Auto malt und dieses absolut präzise und korrekt malt, dann wird niemals der Eindruck entstehen, dass sich dieses Auto bewegt. Bewegung entsteht immer nur durch rasante Pinselstriche und ein klein bisschen Unschärfe.

Man braucht Geschwindigkeit und das Selbstbewusstsein, es durchzuziehen! Malen lernen braucht Mumm.

Das Verrückte an diesen Techniken ist, dass derjenige, der sein Bestes gibt, nachdenkt und korrekt arbeitet, an diesen Techniken scheitern wird.

Es ist ein bisschen wie als Kind im Schwimmbad. Stellst du dich aufs drei Meterbrett und starrst lange in die Tiefe der Sprunggrube, dann fällt dir das Herz in die Hose und du wirst niemals den Mumm haben, in die Tiefe zu springen.

Für die schnellen, selbstbewussten Pinseltechniken muss man anlaufen und mit Gebrüll springen.

Schnelles Arbeiten ist eine Frage der Gewohnheit:

Beim Malen lernen solltest du immer wieder Spontanitätsübungen einstreuen.
Mein Lehrer stellte eine schreiend gelbe Eieruhr auf den Tisch. Wir hatten alle einen dicken Pinsel in der Hand. Und wer das Bild nicht innerhalb von 5 Minuten auf dem Blatt hatte, hatte die Zitrone gezogen und bezahlte die Kaffeekasse.

Ich habe die Kaffeekasse sehr lange bezahlt.

Mein Tipp:

Situationen mit dem Pinsel skizzieren ohne Vorzeichnen. Mach das gewohnheitsmäßig und du wirst dir eine gewisse Lässigkeit angewöhnen.

Du selbst kannst dich ebenfalls mit einer Eieruhr antreiben, ich bevorzuge ein rasantes Musikstück in ca. 5 Minuten Länge.

Schon wenn ich dieses Musikstück höre, weiß ich, jetzt geht es los, mein ganzer Körper ist vollkommen eingestimmt auf das Malen.
Das nennt man NLP, neuroleptische Programmierung. Höre ich genau  diese Musik male rasant wie eine heidnische Göttin.

Mit diesem kleinen Trick, was nichts anderes ist als eine Konditionierung, kann man sich selbst auf das spontane und freie Arbeiten einstimmen.

Bildentwurf – Selbstvertrauen erarbeiten:

Fakt ist, dass man Freiheit durch guten Bildentwurf lernen kann.

Wie bitte? Freies Malen durch exaktes Planen?
Beißt sich hier der Hund nicht selbst in den Hintern?

Doch wenn man genauer hinschaut, ist die ganze Sache gar nicht so paradox, wie man denkt. Bildentwurf und Planung sind nicht das Gleiche wie frei und entspannt zu malen.
Es gibt einen Film von Stan und Olli, da bauen die beiden ein Haus. Das Lustige ist, das was der eine aufbaut, das stößt der andere mit dem Hintern um. Je mehr die beiden Arbeiten umso katastrophaler werden die Ergebnisse.

Genau so kann es einem beim Malen gehen, wenn man von einem Fehler in den andern stolpert.

Ein guter Bildentwurf kann diese katastrophale Entwicklung beim Malen verhindern. Man macht sich, bevor man anfängt zu malen Gedanken, welche Herausforderungen auf einen zu kommen.
Hast du schon mal gesehen, wie ein Bob-Pilot oder ein Skifahrer vor dem Start die gesamte Strecke im Kopf durchgegangen ist? Die Menschen bewegen sich, als wären sie auf der Piste.

Wenn du das Gleiche mit deinem Bild tust, dann weißt du vorher, was in Bild passieren wird.

Du kannst schnell und selbstbewusst arbeiten, wenn du nicht wie Stan und Ollie durch  das Bild stolperst.

Es macht keinen Sinn, panisch zu mischen, den Pinsel oder den Lappen zu suchen. Der Plan musst stehen, die Vorbereitungen sitzen und dann fängst du an zu malen.

Eine Vor- Zeichnung ist keine Planung.   Mach dir vielmehr Gedanken über die kritischen Punkte, wo treffen schwierige Techniken aufeinander.

Eine Zeichnung zeigt nur die Form, sie zeigt dir nicht, wo zum Beispiel 2 nasse Flächen ineinander laufen.

Eine genaue Vorzeichnung zeigt dir auch nicht, wo du schnell arbeiten musst, weil eine trockene Farbe nicht weich verläuft.

Durch Bildentwurf erarbeitest du dir also Selbstvertrauen und Achtsamkeit für mögliche Fehlerquellen.
Stecke weniger Zeit in eine ausführliche Vorzeichnung, sondern nimm dir Zeit zu überlegen, wo mache ich welche Technik.

Und dann ziehst du es selbstbewusst durch!

Malen lernen der Fehler gehört dazu!

Einer der häufigsten Fehler ist, dass man Techniken innerhalb des Bildes übt,
d. h., man hat Angst davor, etwas zu malen und dann machst du es mitten im Bild oder ganz am Schluss! Diese Vorgehensweise ist absolut frustrierend, denn damit ruiniert man sich garantiert seine Bilder.

Schwierige Dinge übt man nicht im fertigen Bild.

Ich weiß nicht, wieso alle auf die Idee kommen, man müsse zuerst 1 Stunde lang ein wundervolles Bild malen, um es dann mit dem letzten Strich zu ruinieren.

Bevor ich ganz unten den trockenen Stich setze, benutze ich natürlich ein Testpapier. Man muss wissen, ob zu viel Wasser im Pinsel ist. Ich male die schwierige Technik 2 -3  Mal auf meinem Probepapier. Bin ich mir sicher, und nun werfe ich selbstbewusst die Striche auf Blatt!

Liebe Grüße Tine

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Der trockene Strich

https://blog.herz-der-kunst.ch/der-trockene-strich/