Urban Sketching Teil 2
Ist die Zeichnung wichtig oder der Prozess? Katrin und ich zeichnen, weil wir es genießen. Es gibt mehrere Gründe, warum man Kunst machen will. Die meisten Schüler die zu mir kommen, wollen schnell Zeichnen lernen, das kann man mit Urban Sketching ganz ausgezeichnet. Ich möchte aber nicht verschweigen, dass die meisten Menschen etwas ganz anderes brauchen. Die Zeichnung öffnet die Augen, das ist wichtiger als das Ergebnis. Viel dringender als nur zeichnen zu lernen, braucht man ein schönes Leben um sich schöne Dinge anzusehen und was Tolles zu erleben. Als Urban Sketcher kann man plötzlich wieder durch die Gegend streifen wie ein Kind und deshalb viel Schönes erleben.
Atmosphäre
Katrin:
Das zweite, was mich interessiert, ist Atmosphäre. Ich liebe es, in Cafés und Kneipen
zu zeichnen. Auch hier gibt es natürlich Details zu sehen, aber auch die ganz
spezielle Atmosphäre, die an jedem Ort anders ist. Die versuche ich rüberzubringen,
was nicht immer einfach ist. Das Licht ist ein Hauptfaktor. Oft gehe ich immer
und immer wieder mit Farbe über das Papier, bis die Dunkelheit des Raumes und
die Lichtfarbe stimmt. Meine Zeichnung soll locken: „Komm her, hier ist es schön!“
Ich möchte mich erinnern, wie es dort gewesen ist.
Das Zeichnen ist für mich Meditation und Genuss.
Oft behandele ich alle Dinge in meinen Urban Sketches gleich, alles ist gleich wichtig.
Man soll in meinen Bildern umhergehen und auch die Kleinigkeiten wiederfinden
können. Das ist für mich Teil meiner Erinnerung, meines Tagebuchs.
Die Zeichnung ist ein Tagebuch
Urban Sketching ist für mich das gezeichnete Tagebuch. Die Wahrnehmung eines Ortes ist durch das Zeichnen sehr intensiv, die Erinnerung beim Betrachten einer alten Zeichnung
enorm.
Tine:
Ich bin durch und durch ein Genießer. Ich finde und halte durch zeichnen das Schöne fest.
Mein Mann der sich im Urlaub total über ein leckeres Essen freut, ist genauso im Skizzenbuch wie die tolle Paella.
Ich das jetzt „schnulzig“ wenn ich sage, ich will Schönes unsterblich machen?
Ist bei mir ganz genauso, nur mit einem Unterschied, ich behandle nicht alles gleich. Ich vertraue meinem Tagebuch an, wo ich war, was ich gefühlt habe und ich werte. Ich gerate genauso wie Katrin in einen Strom der mich mitreißt, es macht mich glücklich. Je vertiefter ich in einen Ort bin, desto mehr zeige ich, was ich was ich denke und fühle. Ich fange mit der Farbe an und streue die Details des Ortes, wie Pfeffer und Salz, darüber. Ist die Skizze fertig, dann ist es wie erwachen. Ich bin dann oft ganz überrascht was ich gemalt habe.
Zeichnen ist manchmal wie Trance
Hab ich das gemalt?
Manchmal sind die Äußerungen der Seele abstrus aber treffend.
Meine bekannteste Skizze ist Sacre Coeur ohne Sacre Coeur, ich malte einen Ort der Schönheit und Inspiration.Das ich Sacre Coeur weggelassen habe, stört anscheinend nicht, jeder der da war sieht Sacre Coeur.
Vor Ort hat sich jemand total über das Bild erregt, hat mir nicht nur durch die Blume gesagt es sei Schei…..
Fakt ist aber, dass genau dieses Bild in den sozialen Netzwerken getauscht wird wie verrückt, alleine auf Pinterest ist es auf fast tausend Pinnwänden und kein Ende in Sicht.
Und daran merkt man wie wichtig es ist einen Ort mit eigenen Augen zu sehen. Es ist egal beim Malen ob ein Bild 1000 Likes bekommt, jedoch zeigt es, dass gerade wenn Bilder mit dem Herzen gemalt sind, dann können es die anderen plötzlich auch sehen.
So unglaublich es ist, ich habe eine genaue Dokumentation des Gefühles gemalt, das viele Menschen an diesem Ort empfinden
Katrin und ich sagen dazu: Sei ehrlich, dokumentiere aber ganz so wie es aus Dir rauskommt!
Liebe Anfänger, ihr seht auch wir sind nicht gegen jeden Zweifel erhaben. Ihr seht doch, auch Katrin und ich bekommen Schelte. Katrin ist zu genau, ich zu schlampig!
Ja hey! Also was? Geh deinen Weg!
Tue es einfach!
Wir lassen uns einfach in den Tunnel des Glücks fallen und machen es einfach.
Wir machen es so unterschiedlich, wie wir sind und Du gehst mit uns deinen Weg! Mach einfach mit.
Katrin:
Während ich beim Zeichnen im Tunnel verschwinde, mit den Augen die
Szenerie abscanne und konzentriert versuche sie aufs Blatt zu bannen,
langweilen sich meine anderen Sinne und suchen sich Beschäftigung. Meine
Ohren hören plötzlich Gespräche hinter mir, die sie sonst nicht hören würden,
meine Nase nimmt Gerüche wahr, die sie sonst nicht beachten würde.
Diese Sinneseindrücke sind beim Betrachten der Zeichnungen wieder da.
Es ist anders als beim Foto betrachten, etwas allumfassendes, weil ich ein Teil
des Ganzen, weil ich mittendrin war.
Tine nennt meine Art zu zeichnen „dokumentierendes Zeichen-Yoga“.
Klingt lustig, aber da ist was dran. Hier vor dieser Bar haben wir Zeichner uns immer wohl gefühlt, als wir im Mai auf Elba waren. Teil eines Stralsund-Leporellos
Tine sagt: Würde ich nie so malen und Katrins Zeichnung ist gerade deshalb wunderschön!
Tine: Ja genau, sei mitten Drin! Das ist Urban Sketching, ja sagen zum echten Leben. Katrin und ich sind wie Hund und Katz? Oder doch nicht? Es wird doch ganz klar, das der Kern der Gefühle ganz ähnlich ist. Wenn Katrins Skizzen ein klassisches Konzert ist in dem alle Instrumente gleichberechtigt sind, so ist meine Musik mehr die eines verliebten Barden mit Gitarre, der sich die Seele vor dem Fenster seiner Liebsten die Seele aus dem Hals schreit.
Was ist den jetzt besser?
Es geht bei Kunst nicht um besser! Es geht bei Kunst nicht um erlaubt und normiert.
Natürlich denkt Katrin bei meinen Skizzen: „Himmel, was tut die denn da“ und ich denke, darf ich da mal einen dicken Klecks reinmalen? Wichtig ist das man seine Freude teilt.
Und genau das steht im Manifest, wir teilen unsere Kunst und Freude miteinander.
Urban Sketching ist geteilte Freude
Kopiere nicht! Erschaffe selbst. An der Uni New Castle hat mir mal ein Professor einen unschlagbaren Tipp gegeben und den möchte ich Euch jetzt weiter geben:
The trick is: Just do it!
Und so halten Katrin und ich es, wir freuen uns über die Kunst der Anderen und machen es ganz so wie wir sind.
Weiter lesen zum Thema zeichnen?
Der Artikel ist schon schön, der letzte Satz ist HAMMER! Danke!
Total schöner Artikel. Bleibt beide bitte so, wie Ihr seid. Ich liebe sowohl Katrins wunderbare Zeichnungen, als auch deine farbenfrohen, schönen und wilden Arbeiten. Und ich sehe mich irgendwo dazwischen. Ganz so, wie wir sind! ❤ Liebe Grüsse, Jutta
Danke für diesen großartigen Beitrag. Besser kann man Urban Sketching nicht beschreiben. Du hast mir aus der Seele gesprochen. Ich kann sicher von euch noch viel lernen . Danke !
Wichtig scheint mir doch auch, dass man lernt, anders bzw. intensiver zu sehen. Seitdem ich zum zeichnen/malen aus dem Haus gehe, nehme ich meine Umgebung ganz anders wahr und entdecke Dinge, an denen ich vorher jahrelang vorbei gelaufen bin, ohne sie zu registrieren. Und dass der eigentliche Malvorgang etwas meditatives hat, einerseits ist man ganz auf das Jetzt und Hier konzentriert und gleichzeitig verschwindet ein Teil der Welt um einen herum und am Ende taucht man mühsam wieder auf – das ist ein tolles Gefühl! Der einzelne Malstil spielt dabei meiner Meinung nach eine untergeordnete Rolle – Chacun a son goût sozusagen!
Hallo Marita, besser hätte ich es nicht sagen können!
prima Artikel! also ich hätte Katrin und dich auch als die zwei Seiten derselben Medaille gesehen, und mir ist das beides lieb und wert! Aber es gibt noch soviel mehr Facetten, z.b. Fabian, der mit einer einzigen Farbe ganz wundervoll einfühlsame Szenen einfängt, oder manche die durch die dazugehörende Geschichte zeigen, wie sehr sie sich mit den gezeichneten/ gemalten Orten befasst haben.
Der gleiche Ort sieht ja auch durch meine eigenen Augen keineswegs immer gleich aus, deshalb kann man ja tausend Bilder drüber malen. Es ist herrlich! Das hört nie auf!!!
Genau darum geht es ja, so unterschiedlich wie unser Blick auf die Welt, es ist geteilter Genuss.
das tollste – für mich! es macht mich zum ewigen Anfänger 🙂
es wird oft besser; es wird nie perfekt-denn perfekt ist abgeschlossen.Und das will ich ja gar nicht.
Die Wahrheit hat viele Gesichter.
Liebe Grüße ins herz-der-kunst!
So ein schöner Artikel!!! Ja, ich liebe das Wilde in Tines Zeichnungen und das Adrette in Katrins, beides wunderbar, beides authentisch und so schön…wie achtsam doch das Sketching ist…danke für die Worte! und: es ist schön, wenn es NICHT PEREKT ist…
Eure Dodo
http://www.creativeclub.blog