Perspektive Zeichnen – möchte jeder können
Einfach mal eine Perspektive aus der Hand zeichnen ohne nachzudenken.
Doch zwischen Theorie und Praxis gibt es einen riesigen Unterschied, der Fluchtpunkt entwickelt sich gern zum Fluchpunkt.
Das ist doch nicht logisch, dass der simple Sachverhalt, dass Dinge in der Entfernung etwas kleiner werden, uns umhaut, sobald wir einen Stift in der Hand halten.
Tatsache ist, alle nötigen Informationen zur Perspektive passen auf ein Blatt
1 Alles auf das du frontal schaust (z.B. ein Haus) fluchtet nicht
2 Alles was schräg zu Dir steht fluchtet
3 Alle Linien über deinen Augen fallen
4 Alle Linie unter deinen Augen Steigen
5 Du bist das Zentrum der Perspektive: auf der Höhe deiner Augen, fluchtet nichts.
Man nennt dies Augenlinie und es ist beim Malen immer hilfreich sie zu bestimmen.
6 Auf der Augenlinie, meist Horizontlinie genannt, bilden sich die Fluchtpunkte
Es sind doch nur 6 Regeln! Was uns aber Probleme macht, sind die Tomaten auf den Augen!
Das Perspektiv-Paradoxon
Perspektive ist gar nicht schwer zu begreifen und doch wissen wir alle, es ist eine höllisch schwere Sache.
Jeder, der einmal draußen gesessen hat und versucht hat Komplexe Architektur zu zeichnen, weiß, das klappt auf Anhieb erst mal gar nicht. Das ist ein Paradox, auf dem Blatt ist alles klar, aber Zeichnen kann es keiner.
Beim Theorie- Unterricht ist alles ganz easy. Beim bei der Zeichenvorführung mit Lineal begreift es Jeder.
Ich schaue in den Raum und sehe über allen Köpfen im Raum eine kleine unsichtbare, aber trotzdem deutlich sichtbare Denkblase:
Ja, ja super einfach, hab ich schon beim ersten Mal verstanden. In der Entfernung wird halt alles kleiner. Was zum Teufel soll ich daran nicht verstehen? Lass uns rausgehen das Wetter ist super…..
Ich gebe einen Kurs in synchron Stöhnen
Eine viertel Stunde später sitzen wir vor dem ersten Haus:
Sobald man Perspektive selber sehen muss, bricht Panik aus, innerhalb von 10 Sekunden fangen die Schüler an simultan zu seufzen und zu stöhnen!
Cornelia eine Schülerin aus dem Kurs erzählt:
„Wenn Du das zeigst dann ist mir alles völlig klar. Da sind überhaupt keine Fragen offen. Alles ist super plausibel! Dann sitze ich da und denke; oh jeh, alles ist wie weggeblasen! Ist ja doch ganz schön schwer das Thema!“
Sind wir alle doof?
Was für ein blödes Gefühl! Wir wissen genau was los ist, aber nichts klappt und dadurch wird man total unsicher.
Ich hab bei meinen ersten Perspektiven gedacht ich muss Amok laufen….Und genau in der Phase sind jetzt meine Schüler! Keiner von uns ist dumm!
Wieso ist Perspektive zeichnen so höllisch schwer?
Tatsächlich hat jeder meiner Schüler die Theorie verstanden. Und trotzdem wird jetzt jeder heftige Fehler machen. Selbst simpelste Dinge gelingen nicht, das ist total demotivierend.
Dafür gibt es eine ganz logische Erklärung: Es ist mal wieder das Gehirn
Im Alltag ist es enorm sinnvoll nur die Teile vom unserem Gehirn zu benutzen, die wir gerade wirklich brauchen, wir würden sonst alle völlig verrückt werden.Das Gehirn hat im Laufe der Evolution gelernt alles was uns überfordert wegzuschalten.
Versuche ich etwas theoretisch zu begreifen, bin ich im Gehirn in einer Region unterwegs die nicht richtig sehen kann. Diese Hirnregionen sieht alles als Icon.
Ich versuche also sehr exakt zu Zeichnen während meine Augen im „Ich check hier gar nichts Modus“ sind.
Alle meine Schüler haben es verstanden, nur sie können noch nicht genau genug sehen.
Das Problem ist nicht, dass du es nicht begreifst, sondern das Du es in dem Moment gar nicht siehst! Man muss lernen mit Tomaten auf den Augen zu Zeichnen.
Da musst Du jetzt durch! Bleibt ganz ruhig und entspannt, wenn am Anfang alles ein wenig falsch ist. Ich finde das immer lustig, beim Zeichnen muss immer alles sofort klappen, sonst ist es mangelndes Talent!
Aber welcher Vollpfosten würde erwarten, dass er nach dem ersten Klimmzug Muskeln wie Schwarzenegger hat?
Jetzt geht es um Entspanntes: Learning by doing.
Meine Schülerin Cornelia macht es genau richtig, sie zeichnet einfach fröhlich vor sich hin:
Auch wenn hier und da ein kleiner Fehler auftauscht, insgesamt macht das Bild gute Laune.Aber woher kommen diese unerklärlichen Fehler? Wieso guck ich von oben in die Lampe?
Das Gehirn ergänzt Zeichnungen durch Gedankenfetzen
Tatsache ist, dass der Satz ich glaube nur was ich sehe, ist ziemlich idiotisch.
Die Uni Havard zeigt Sehen ist Glückssache:
So Blind kann ich nicht sein! Glauben alle. aber 50 Prozent sehen es nicht! So genau ist unser Gehirn! Wie sollst du dann auf Anhieb Perspektive sehen? Das Gehirn denkt in Rastern und dazwischen sind riesige Löcher.
Buchtipp
Dazu gibt es ein tolles Buch: Es heißt: „Der Gorilla mitten unter uns“. Man lernt, während man unter Tränen lacht, wie das eigene Hirn tickt. Kapitäne die Leuchttürme per Funk anschreien, sie müssten ihren Hintern ganz schnell aus dem Weg räumen, weil der Tanker Vorfahrt hat, sind da noch das Harmloseste aller verrückten Denkfehler.
Unser Gehirn arbeitet wie eine Rechtschreibkorrektur
Cornelia zeichnet die Lampe und die Dachfenster so, als würde sie aus großer Höhe schauen. Das ist übrigens ganz typisch, da wir noch gar nicht gut genug sehen können, ergänzt das Hirn wie wild alles Mögliche. Den Prozess könnt ihr Euch so wie eine automatische Rechtschreibkorrektur vorstellen. Das Gehirn ergänzt wie wild, aber es hat noch gar nicht die richtigen Wörter für eine korrekte Rechtschreibkorrektur. (Die deutsche Rechtschreibkorrektur machte neulich aus Urban Sketch….Urin Skelett und für das Wort Zeichenvorführung wurde mir Leichenüberführung vorgeschlagen).
Da ist es doch nicht überraschend wenn unsere Perspektivzeichnungen am Anfang recht wunderlich ausschauen…
Lacht darüber, ihr wisst ja woran es liegt, mit ein wenig Übung wird es anders.
Um euch mit diesem Thema über die Tomaten auf den Augen Phase zu helfen, gibt es ab nächste Woche Tipps und Tricks
Ganz liebe Grüße ins Wochende…. Tine und
Mr.Pinky, der meint das Thema kann man entspannt angehen.