Aquarelle und Kolorierungen sehen immer dann toll aus, wenn man sie frei lässt.
Chateau Avenier im Regen Tine Klein
Die leuchtend transparente Farbe explodiert regelrecht und vermittelt ein Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit, wie es kein anderes Medium kann. Um diese Leichtigkeit und Spontanität zu erzeugen, müssen die Pigmente über das Papier fließen, sich vermischen möglichst weiche und spontane Übergänge schaffen.
Der Maler umarmt dabei den Zufall, die Farbe läuft frei.
Und das atemberaubende Ergebnis ist eine Mischung aus Kontrolle und Zufall.
Das Spiel aus Kontrolle und Zufall sieht man auch hier im Bild. Schau dir mal die Reihen der Weinreben im Vordergrund an. Sie sind mal scharf mal weich, mal laufen sie aus und vermischen sich mit den Schatten. Letzte Woche hat es stark geregnet und selbst da kann eine Sprühflasche Sinn machen, damit man diese Effekte erzeugen kann.
Um eine solch freie, ausdrucksstarke und lockere Malweise zu bekommen, muss der Maler sehr flink sein.
Doch manchmal ist er nicht flink genug, ist es plötzlich vorbei mit den spannenden Effekten der Farbmischung auf dem Papier. Ist das Bild erst trocken, dann ist es aus mit den freien, weichen und duftigen Effekten, es entstehen harte Kanten.
Nun braucht man die Sprühflasche!
Denn möchte man, dass sich Farbe spontan auf dem Papier mischt, dann braucht man Feuchtigkeit.
Die Sprühflasche im Aquarell – Ein wichtiges Werkzeug
Die Sprühflasche ist eines der wichtigsten Werkzeuge beim Aquarellieren und Kolorieren. Trotzdem weiß man fachlich so gut wie nichts über dieses Werkzeug.
In unserer Kultur hat man einen sehr merkwürdigen Umgang mit Kunstwerkzeug. Sobald es um Kunst geht, drückt man dem angehenden Künstler das Werkzeug in die Hand und wenn er nicht sofort begreife, man damit umgeht, ist er untalentiert!
In jedem anderen Handwerk bekommt der Lehrling eine eingehende Einweisung in jedes einzelne Werkzeug.
Niemand würde von dir erwarten, wenn man dir einen Hammer und eine Säge hinlegt, dass Du morgen früh eine perfekte Serie an Barockschränken mit Intarsien abzuliefern kannst.
Das ist doch lächerlich!
Ich habe versucht, den Umgang mit der Sprühflasche im Aquarell zu googeln. Fehlanzeige! Auf Deutsch finde ich da so gut wie nichts, über dieses enorm wichtige Arbeitsmaterial.
Deshalb möchte ich euch heute mal eine eingehende Anweisung in dieses vielfältige Werkzeug Sprühflasche geben.
Die Sprühflasche wird im Aquarell sehr vielfältig genutzt. Es gibt sehr viele Techniken, die man nur mit einer Sprühflasche im Aquarell ausüben kann.
Doch heute geht es nur um das Befeuchten nach dem Motto:
Sprühen, damit deine Farbe vor Lebendigkeit sprüht.
Ich persönlich habe diese Tipps nicht bekommen, und deshalb über zerstörten Aquarellen bittere Tränen geweint. Dies möchte ich dir ersparen, denn die Sprühflasche ist ein tolles Werkzeug. So hilfreich wie Sprühflaschen sind, falsch angewendet sind diese Dinger absolut zerstörerisch.
Dann wird die Sprühflasche zu Godzilla, der durchs Bild trampelt.
Warum befeuchtet man Aquarelle mit der Sprühflasche?
Es gibt einen Moment, wenn das Papier feucht ist, indem das Aquarell mühelos seine Schönheit entfaltet.
Das ist der perfekte Moment, jetzt malt sich das Aquarell in wilder Schönheit.
Der perfekte Moment ist dann, wenn sanfte Feuchtigkeit auf der Oberfläche des Papiers steht. Nur ein bisschen, niemals zu viel Wasser aber auch nicht trocken.
Ist zu viel Feuchtigkeit da, gibt es nämlich Wasserflecken.
Schau mal oben die Berge im Hintergrund, hier schlugen Regentropfen ins Bild, das macht Flecken. Ist bei mir aber erwünscht, denn dann steckt etwas von den echten Naturgewalten im Bild.
Man braucht diese sanfte Feuchtigkeit an der Oberfläche für unglaublich viele Effekte, die man sonst nicht erzeugen könnte.
Dazu gehören Wolken, Dunst, Entfernung, Nebel, Schatten, weiches Licht, Spiegelungen usw. und sofort. Man braucht diesen Zustand also in fast jedem Aquarellbild und auch sehr oft in Kolorierungen.
Wer das Aquarell beherrscht, benutzt dies diesen Effekt ständig, einfach weil er so großartig aussieht.
Wolken dürfen nur einige harte Kanten haben, hier braucht man den perfekten Moment, damit die Wolke duftig weich wirkt.
In einem Himmel im Hintergrund möchte man nicht tausend Pinselstriche sehen, auch hier braucht man den perfekten Moment.
Auch wenn im Aquarell etwas weich in der Entfernung stehen soll, braucht man den perfekten Moment.
Der perfekte Moment ist der Moment, wo ein sanfter Feuchtigkeitsfilm auf der Oberfläche des Papiers liegt. Dann kann man malen ohne das die Pinselstriche verlaufen, dabei entstehen weiche wunderschöne Ergebnisse.
Perfekte Momente haben etwas gemeinsam – sie vergehen!
Das Bild ist nicht immer genau dann feucht, wenn wir uns es wünschen!
Insbesondere, wenn das Wetter warm ist, man Sonneneinstrahlung hat oder es Heizungsluft oder Zugluft gibt, dann hat man keine Chance, diese Techniken auszuüben, bevor das Papier trocknet.
Mein häufigstes Problem ist aber, das ich beim eifrigen Malen einfach eine Ecke vergesse.
Wie erzeugt man die perfekte Feuchtigkeit mit der Sprühflasche:
Die perfekte Feuchtigkeit ist ganz leicht, sie zieht sich wie ein feiner Film über das Papier.
- Sprüht man zu viel Feuchtigkeit aufs Papier, wird alles auslaufen.
- Zielt man aus Versehen auf noch feuchte Farbe, ist das gemalte ruiniert.
- Sprüht die Sprühflasche grob und tropft, dann entstehen Wasserflecken.
Wo kauft man die perfekte Sprühflasche?
Jetzt schon mal die schlechte Nachricht unter den Sprühflaschen, gibt es eine ganze Menge Bad Boys.
Ich kann jetzt schon garantieren, dass du einige kaufen wirst, bist du die Perfekte gefunden hast.
Du brauchst also eine, die einen ganz feinen sprühen Nebel erzeugt. Diese bekommt man oft sehr gut im Friseurbedarf. Sie haben vorne an der Düse, eine kleine Stellschraube und dort kann man einstellen, dass sie nur mit einem Nebel spritzen.
Oder probiere alle Flaschen deiner Haarpflegeproduckte aus….eine wird gut sein.
Wie ist die Technik des Sprühens?
- Die perfekte Technik des Sprühens ist sehr sanft. Bitte erzeuge einen ganz feinen Nebel, denn du möchtest im Bild ja nicht alles unter Wasser setzen. Benutze die Sprühflasche nur auf kleinster Stufe.
- Ziele niemals mit einem harten Strahl auf das Bild, sonst löst du das, was du schon gemalt hast auf und erzeugst hässliche Flecken.
- Decke notfalls Bereiche deines Bildes mit Papierstreifen ab, dass diese nicht unnötig von verspritzt Wasser getroffen werden. Ich habe dafür zwei laminarer Papierstreifen auf meinem Arbeitsplatz. Der Vorteil dieser Laminatbodenpapiere ist, dass sie sich selbst nicht mit Flüssigkeit vollsaugen und dein entstehendes Aquarell ruinieren.
- Drehe die Düse deiner Sprühflasche von deinem Bild weg. Sprühen in die Luft oder schräg am Bild vorbei, sodass das Aquarell nur von einem sanften Wasserschleier getroffen wird.
- Bewege die Hand beim Sprühen, damit nicht aus Versehen eine Pfütze auf dem Blatt entsteht.
Der riesige Vorteil der Sprühflasche ist, dass man beim Malen niemals mehr in Hektik gerät.
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Liebe Grüsse Tine