Granulierende Aquarellfarben sind Farben, die nicht gleichmäßig trocknen.
Beim Trocknen bilden sich Krümelchen, Flecken und winzige Strukturen. Jahrelang war dies verpönt, und die Farbfirmen haben verzweifelt versucht, den Farben ihren eigenen Willen abzugewöhnen.
Granulierende Aquarellfarben-Fluch und Segen:
Die meisten Leute wissen gar nicht, dass es granulierende Aquarellfarben gibt, und deshalb lernen die meisten granulierende Farben per Unfall kennen.
Der Trend ist noch nicht so alt. Lange wurden granulierende Aquarellfarben auf den Verpackungen überhaupt nicht markiert, und dies führte zu ganz zauberhaften Situationen im Atelier.
Aufmerksam wurde ich auf granulierende Aquarellfarben auf die unelegante Art. Im Atelier stand eine winzige, ältere Frau, die im Licht ganz elegant und zart ausschaute. Sie begann einen wunderschönen Himmel zu aquarellieren. Und dann donnerte sie mit einer Stimme, die einem Kriegsgottin würdig gewesen wäre, los:
„Verfluchte, narrische, DRECKS -KACKE!!!!!!!!!!!!! Himmel, ARSCH und Zwirn! XXXXX“
Ich sag euch, da hab ich noch ein paar ganz feinfühlige Flüche gelernt! Die Frau rastete regelrecht aus. Was war passiert? Sie hatte auf unglaublich teurem handgeschöpften Papier einen grauen Winterhimmel gemalt und nun krümelte die Farbe. Der Himmel sah aus wie ungepflegter Asphalt. Fassungslos starrte die Frau auf das teuere, ruinierte Papier und sah dabei aus wie ein misslaunige Figur aus dem Herrn der Ringe.
Granulierende Farben-wunderschön!
Meine erste Erfahrung mit granulierenden Farben war allerdings wunderbar. Deshalb schrecke ich auch nicht vor granulierenden Himmeln zurück.
Ich hatte von Potterpink ein zartes Altrosa geschenkt bekommen und ein dunkles Lila von Daniel Smith Moon Glow. Dazu hatte ich noch Caput Mortum im Kasten, diese Farbe granuliert ebenfalls. Per Zufall benutzte ich die drei Farben und alte Architektur sieht damit wunderbar morbide aus.
Hier granuliert das Potterspink.
Tolle Effekte, wenn man weiß wie!
Granulierende Farben sind Farben mit starkem Eigenwillen. Wie du jetzt sicher schon mitbekommen hast, kommt es bei granulierenden Farben stark darauf an, was man mit ihnen macht. Damit die Farben toll werden, muss man allerdings einige Tricks beachten.
Grundwissen granulierende Aquarellfarben:
Meines Wissens granulieren nicht alle Farben. Es gibt im Prinzip nur drei verschiedene Gruppen von granulierenden Aquarellfarben:
- Erdtöne
- Blautöne
- Schwarz
Allerdings granulieren auch alle Mischfarben, es gibt Rottöne, die Erdtöne enthalten, wie zum Beispiel Caput Mortum, aber auch Grüntöne, ich vermute, dass dort das Blau granuliert.
Wenn man sich also granulierende Aquarellfarben anschafft, braucht man sich gar nicht viele Töne zu kaufen. Denn die granulierenden Töne sind sich oft recht ähnlich, insbesondere die Unterschiede in den Naturtönen sind Minimal!
Welche Motive sind am besten?
Granulierende Aquarellfarben bilden beim Vermalen kleine Pünktchen und Flecken.
Daran scheiden sich die Geister, die einen findet dies wirklich scheußlich, weil man mit ihnen keine ordentliche Oberfläche erstellen kann. Die anderen lieben diese Farben, weil natürliche Dinge mit ihnen wirklich natürlich aussehen. Alles, was nicht ganz glatt sein soll, erhält durch die granulierenden Aquarellfarben eine feine Lebendigkeit. Rostiges und Altes sieht großartig aus.
Zauberhaft wirken sie bei älteren Häusern, hier fangen sie den Charme der Antike ein. Ich finde die Farben auch großartig, um einen regnerischen Himmel darzustellen.
Am einfachsten kann man sich an granulierende Aquarellfarben herantasten, wenn man sie für Motive benutzt, die an sich schon strukturiert sind.
Im Gegensatz dazu eignen sich granulierende Farben überhaupt nicht für zarte, klare und schimmernde Objekte. Ein absolut transparenter, babyblauer Himmel würde granulierend sehr merkwürdig aussehen, es sei denn es ist ein Sturmhimmel.
Granulierende Farben sind die Charakterdarsteller unter den Farben.
Überall dort, wo es um Ausdrucksstärke, starke Effekte und strukturierte Oberflächen geht, dort spielen die Farben ihre Möglichkeiten aus. Wenn man die Farben dort einsetzt, wird man tolle Effekte erzeugen.
Doch es gibt Ausnahmen. Wenn man im Netz unterwegs ist, wird man meistens von den Unfällen mit granulierenden Farben lesen. Dann heißt es schnell, mit granulierenden Farben kann man keinen Himmel malen.
Dies stimmt sicherlich, wenn man an dieser Stelle keine granulierende Farbe benutzen wollte. Malt man allerdings ein gesamtes Bild konsequent in granulierenden Farben, dann stellt sich ein ganz anderer ausdrucksstarker Effekt ein, die Bilder bekommen etwas Impressionistisches. Obwohl der Maler nur in großen Flächen gemalt hat, wirkt das Bild, als sei es aus Licht- und Schattenpunkten zusammengesetzt. Diese Bilder wirken enorm ausdrucksstark und erinnern an die Punktetechnik der frühen Impressionisten.
Wie verarbeitet man granulierende Aquarellfarben?
Generell verarbeitet man granulierende Aquarellfarben lasierend. Der Effekt der Granulationen entsteht dadurch, dass kleine Pigmentflöckchen in der Farbe schwimmen.
Verarbeitet man die Farbe zu dicht, kann die Farbe nicht selbst arbeiten, und man sieht den Effekt gar nicht.
Die Pigmente wollen schwimmen.
Am besten sehen granulierende Farben aus, wenn man sie direkt auf dem Blatt mischt, dann entstehen spektakuläre Farb- und Struktureffekte. Das seht ihr hier.
Also merke:
Selbst deckende granulierende Farben brauchen mehr Wasser als gewöhnlich, denn sonst entsteht nicht der körnige Effekt.
Das Papier ist ausschlaggebend!
Granulierende Farben verhalten sich auf Papier sehr unterschiedlich.
Die Granulation entsteht dadurch, dass die schwimmenden Pigmente sich beim Trocknen verklumpen. Wie krass man es mag, ist eine Geschmacksfrage.
Der Effekt verstärkt sich auf rauem Papier, denn dann sinken die Pigmente in die Löcher des Papiers.
Glattes Papier granuliert zarter.
Alle Papiere, die für Nass in Nass geeignet sind, eignen sich auch für granulierende Farben. Saugt das Papier stark, braucht man mehr Wasser.
Generell brauchen granulierende Farben ihr Feuchtbiotop. Nass-Techniken eignen sind auch gut für granulierende Aquarellfarben, ein hoher Baumwollanteil ist vorteilhaft.
Auf heißgepressten Papieren können sich Pigmentwolken oder Risse bilden, das sieht nicht gut aus.
Wunderschön oder scheußlich?
Ob die Farben wunderschön wirken, liegt im Wesentlichen daran, wie sehr man sich auf die Farbe einlässt. Unbedacht können diese Farben grob und hässlich wirken.
Jeder, der diese Farben benutzt, muss sich bewusst auf diese Farben einlassen und auch den Malstil anpassen. Wer noch mit normalen Aquarellfarben kämpft, wird es mit diesen Farben noch schwerer haben.
Ich empfehle, die Farben zu isolieren, ich habe im Farbkasten eine eigene Ecke für die granulierenden Farben. So kann ich nicht vergessen, welche Farbe es ist, und erlebe dann auch keine ungeplanten Überraschungen.
Fazit:
Persönlich finde ich granulierende Aquarellfarben wundervoll. Dennoch dauert es einige Zeit, bis man die Farben perfekt beherrscht. Ich empfehle dir, die Farben zu testen. Überlege, wo sich der granulierende Effekt in deinen Malstil gut integriert, und dann sammele Erfahrungen.
Zusätzliche 28 granulierende Farben sind zwar toll, aber unnötig. 28 neue Farben dürften jeden Maler verwirren, dabei behält man nicht den Überblick.
Welche solltest du kaufen?
Ich habe die granulierenden Farben an die Farben angelehnt, an die ich selbst am liebsten benutze.
Oft habe ich zweimal dieselbe Farbe im Kasten. Die eine granulierend, die andere ohne Effekt. Warum?
Zum einen passt die granulierende Farbe dann zu meinen normalen Farben, das ist weniger verwirrend. Ich weiß also, wie diese Farbe aussieht, sie granuliert aber.
Ich habe zum Beispiel Ultramarin feinst und Franz. Ultramarin (granulierend) im Kasten.
Ultramarin feinst zaubert mir schöne klare Himmel.
Französisch Ultramarin granuliert stark. Aus dieser Farbe mische ich Schattentöne für Straßen, der Effekt von Asphalt ergibt sich von selbst.
Ich benutze die granulierenden Farben viel und gerne. Meistens für natürliche Dinge, neben dem Ultramarin habe ich meist granulierende Naturtöne im Kasten. Für grobe Strukturen, Sandiges, Erdiges oder Mauerwerk.
Braun wirkt granulierend oft phantastisch, denn kein Baumstamm ist glatt.
Ich benutze:
- Mahagoniebraun und Umbra für Holziges, Erdiges und Steine
- Franz.Ultramarin und Violett als Basis für Schatten
- Und Caput Mortum für morbide Dächer, aber Vorsicht, diese Farbe ist Waffenschein pflichtig.
- Potterspink – ein müdes Rosa Macht sich gut in Landsschaft und Häusern
- Türkis als Hingucker
Liebe Grüße Tine
Ich wünsche euch viel Freude mit dem Basiswissen über granulierende Farben.
Weiterlesen beim Gegenteil:
https://blog.herz-der-kunst.ch/kleiner-guide-fuer-leuchtende-aquarellfarbe/
Hallo,
wieder ein toller lehrreicher Beitrag. Ich selbt liebe Potters Pink und die schwarz granulierenden Farben von Royal Talents.
Ich würde mich mal über eine Beitrag zum Thema Papier freuen, oder habe ich den übersehen?
Viele liebe Grüße Moony
Hallo Moony, nein, du täuschst dich nicht!
Ich habe mehrere Artikel in der Mache, scheue mich aber ein bisschen, weil das Feld so breit ist. Das ist wie einen Sex-Berater schreiben, was der eine liebt, findet der andere scheußlich. Ich bemühe mich. Kommt bald was.
Liebe Grüße Tine
Hallo Tine,
ja da hast du vollkommen Recht. Ich habe bisher nur einfache Skizzenbücher und Aquarellpapier genutzt, oft ohne wirklich darauf zu achten, was sich dahinter verbirgt. Vielleicht noch rau und glattes Papier unterschieden, aber es gibt bei Papier ja soviel mehr. Und dann steht man da und weiß gar nicht genau was es bedeutet, wenn das Papier einen hohen Baumwoll-Anteil hat oder wann eine hohe Grammatur gut ist.
Vieles geht natürlich auch hier (genauso wie bei Farbwahl) nur über testen, aber sicher kannst du da ein paar Tipps geben.
Ich freue mich auf den Beitrag und auch auf alle weiteren die noch kommenh
Liebe Grüße Moony