Tine Klein: Rivert
Farbe, Form und Linie bilden ein Ganzes
Für ein gelungenes Bild muss man diese drei Komponenten ins Gleichgewicht bringen. Was man dabei allerdings tut, hängt ganz vom eigenen Charakter ab. Ich zum Beispiel liebe die Farbe, ich tobe mich beim Malen zuerst mit Farbe aus, in dieser Phase gilt für mich:
Kopf aus – Herz an
Das ist sozusagen die erste Phase in der Beziehung. Hier wird wild geküsst, beim malen bringe ich also erst mal viel Farbe und viel Gefühl auf das Papier.
Malen heißt Entscheiden
In der zweiten Phase des Malens muss ich dann durchaus den Kopf anstellen.
Denn dann heißt es ganz gezielt der Emotion der Farbe mit dem Stift den passenden Schliff zu verpassen.
Der Stift steht in meiner Kunst für genaue Form und die Linie.
Die Farbe für Emotion, Freiheit und Fläche
Deshalb habe ich oft eine ungeheure Mühe, die passende Form zu meiner wilden Farbe zu finden. Die passende Ergänzung zu finden, das erscheint aber auf den ersten Blick genauso sinnvoll und übersichtlich wie die Partnerwahl mit einem Datingportal im Internet.
Kurzum, ich werde kurz hysterisch und schwarzseherisch….das kann einfach nicht klappen!
Dieses Gefühl muss man beim malen sofort abwürgen, denn das hieße ja, es gäbe keine Lösungen fürs Problem. Nein, es ist eher wie bei so vermaledeiten Datingportalen. Die sind so gruselig, weil es viel zu viele Angebote gibt, aber Frau weiß nicht welches ein Frosch oder die Antwort auf die kleinen und großen Gelüste ist.
Kurz um es heißt entscheiden! Jede Komponente im Bild muss auf andere antworten.
Die meisten Bilder werden zerstört, weil man versucht sich nicht zu entscheiden und alles offen zu halten. Es ist als wenn man mitten im Fluss ist, will man ans Ufer, dann muss man nach links oder rechts schwimmen!
Einfach Anfangen!
Die Antwort heißt einfach anfangen! Wie lernt man Malen und Zeichen? Durch das Tun!
Wie beim Dating muss man sich erst mal treffen. Ich schnappe mir also meinen Stift und fange an.
Ich fange spontan da an, wo ich die wenigsten Probleme vermute.
Das Zeichnen auf Farbe ist meiner Meinung nach der schönste schöpferische Akt beim malen, denn es ist wie ein Flirt oder ein gutes Gespräch. Ich zeichne und plötzlich antwortet das Bild anders.
Malen ist antworten und reagieren.
Man reagiert auf die Vorschläge des anderen und lässt sich Ideen geben oder man reichert es einfach an.
Auf der linken Seite das Bildes kann man ganz prima sehen, was passiert, wenn Farbe und Stift einer Meinung sind!
Der Stift ergänzt nur. Er reagiert völlig auf die Farbe. Er ergänzt und reagiert.
Nur ein paar Stämme und Äste fehlen noch denn die Farbe hat ja auch die Form der Bäume im Griff.
Notfalls rufen wir die Feuerwehr!
Fehler sind toll! Wenn alles so laufen würde, wie man es geplant hat, dann wäre das Leben und auch die Kunst, einfach gähnend langweilig!
Ganz links ist die Farbe ausgelaufen, das ist total blöd! Oder eine super Inspiration, der Stift macht eine Tropfnase zum Baumstamm.
Wer zuletzt lacht, lacht am Besten!
Also was ist wenn es überhaupt nicht passt?
Gibt es ja auch! Und verdorbene Bilder gehören einfach auch mal dazu!
Aber wer bestimmt was passt und was nicht passt? Im Zweifelsfall immer noch Du!
Als ich meinem Mann geheiratet hab, hat einer der Gäste gesagt, wir spenden dann Geld für die Scheidung! °,..,° Sollte heißen die passen ja zusammen wie die Faust auf´s Auge.
Die Dame ist mittlerweile 2 mal geschieden und wir immer noch Happy, denn Gegensätze vermeiden Langeweile. Hat mir damals total weh getan, aber wer zuletzt lacht, lacht am besten!
Wer zuletzt lacht, lacht am besten!
Genau so halte ich es auch in meinen Zeichnungen. Ist doch klasse und total bereichernd, wenn es zwei total unterschiedliche Pole gibt.
Unterschiede in Licht, Farbe, Form und Schatten sind eine der ganz wichtigen Gestaltungsprinzipien der Kunst.
Wenn etwas mal nicht ganz harmonisch ist, dann ist das die Würze fürs Bild.
Also beim Zeichnen und ergänzen sei immer Du selbst, es sei denn, Du kannst ein Einhorn sein! Dann sei ein Einhorn und fang an zu zaubern!
Sprich, mach mit deiner Zeichnung was Du willst, du musst sie weder ausmalen, noch musst du beim malen darauf achten, dass die Zeichnung später dazu passt. Es sieht nämlich total klasse aus, wenn die Zeichnung sich mal von der Farbe löst!
Guck mal auf die rechte Seite der Zeichnung, da hat der Stift Widerworte zur Malerei gesetzt. Selbst wenn der Stift spontan sagt: Ach, rutsch mir doch den… leck mich! Insgesamt bleibt das Ergebnis doch Klasse!
Eine der wenigen Regeln die die Kunst hat ist, bleib du selbst. Schüttele dein Haar und sein ein Einhorn!
Ganz herzliche Grüße aus Chicago!
Nächste Woche gibt es keinen Blogbeitrag, dafür immer wieder eine Live – Berichterstattung vom großen Treffen der USK Künstler in Chicago
Good vibrations
Tine
Schaut mal bei den Urban Sketchers rein in der Symposion-Woche bestimmt viel Spannendes!
http://www.urbansketchers.org/
Und wer noch mal an die tollen Werke aus Manchester erinnert werden möchte: