Tine Klein denkt nach: Wieviel Inspiration ist normal?
Wir alle machen und lieben Kunst, deshalb möchte ich heute ein wichtiges Thema aufwerfen. Wieviel Inspiration tut gut? Gerade für Zeichner mitten in der Stilentwicklung eine wichtige Frage. Prof. Felix Scheinberger wird nächste Woche antworten.
Gibt es eigentlich noch Musen?
Ich muss mich jetzt outen: Ich habe Musen! Eine davon ist Felix Scheinberger.
…Innerlich läuft beim Betrachten von Felix´s Bildern dieser Film ab: Meine kleine innerliche Fee klatscht in die Hände, schlägt vor Vergnügen kleine Saltos und lacht lauthals über jede gelungene Frechheit.
Felix ist meine Muse
Was ja nicht mehr heißt, als dass er mich entertaint. Als ich Felix kennen lernte, hatte ich noch nicht einmal ein Foto von Ihm gesehen und es ist komisch, einen Menschen kennenzulernen, der einen schon so oft zum lächeln gebracht hat.
Zurück zum Thema: Musen sind Menschen, die einen amüsieren und einen entspannt und bestenfalls glücklich zurück lassen. Felix hat eine ganze Generation charmant mit seinem Stift eingewickelt. Deshalb wird in seinem „Bilderwald“ brutal gewildert.
Dürfen wir unsere Musen beklauen?
Es ist das ein Riesenkompliment, die Leute sind begeistert von ihm. Das Kopieren ist sowas wie der anarchistische Zeichner-Orden.
Aus meinem Facebook-Logo hat mal jemand eine Postkarte für ein Stadtfest gemacht. Als das an mich ausgeteilt wurde, dachte ich, ich bin im falschen Film. Ich war empört.
Ich frage mich, wie ist es für Felix, ständig von allen möglichen Leuten kopiert zu werden?
Wenn Leute nett sind, dann fragen sie einfach:
„Tine, was muss ich tun, damit Zeichnungen aussehen wie Deine?“
Bitte hört auf zu lachen. Es ist vielleicht naiv formuliert, aber die Schreiberin treibt der gleiche Wunsch wie uns alle. Sie will besser werden, ich sehne mich auch danach, immer besser zu werden.
Inspiration ist was Tolles
Ich glaube, das Kopieren entsteht aus Unsicherheit. Die Frage, ob man selbst jemals so gut werden kann wie sein Vorbild, steht schmerzhaft im Raum. Für viele Künstler, vor allen Dingen Hobbykünstler ist das Entwickeln eines eigenen Stils wirklich schwierig.
Zumal das Entwickeln eines eigenen Stils oft gar nicht positiv aufgenommen wird.
Das Umfeld ist oft irritiert, wenn ein Zeichner nicht mehr versucht abzubilden
Expressive 1-Minutenzeichnung von Tine Klein entstanden in Aktzeichnen CH
Als ich anfing expressiv zu zeichnen, war ich glücklich damit! Aber mein Umfeld sagte so Sätze wie: …Ähmm… das malst du aber nochmal, oder? Das ist die Vorzeichnung? Du kannst doch so hübsch malen, wieso macht du jetzt so einen Schmuddelkram?
Felix Scheinberger ´s Bücher haben mir den Rücken gestärkt
Dauernde negative Rückmeldung hat mich im Zeichenstil total zurückgeworfen. Die Bücher von Felix kamen mir da grad recht.
Meine Zeichnungen waren ganz lange geheim. Mein Skizzenbuch war mein geheimer Platz für Spiele und Experimente. Hier konnte ich mich austoben. Früher habe ich gedacht, meine Ölbilder seien Kunst, denn sie waren anerkannt. Ich habe sehr spät erkannt, dass meine geheimen Kritzeleien meine eigentliche künstlerische Stärke sind.
Sich selbst Fehler zuzugestehen ist die Quelle des eigenen Stils
Wer zeichnet, begreift ziemlich schnell, dass Zeichnen Arbeit mit sich selbst ist. Man muss lernen, auf sich selbst zu hören. Die Kunst ist es nicht nur, die eigenen Fehler zuzulassen, sondern diese als Inspirationsquellen zu benutzen.
Wieviel Inspiration ist eigentlich normal?
Ich bin ja mitten drin in der Zeichnerkommunity und ich sehe, wie sich die Geier auf Felix Scheinbergers Zeichnungen stürzen. Wenn ich das merke, dann muss ich mich fremdschämen. Diese Zeichnung wurde abgekupfert, ungelenk auf Leinwand gezeichnet und dann teuer verkauft.
Viele Zeichner brauchen Inspiration. Inspiration ist ein super Mittel um besser zu werden. Mir macht es enorme Freude, andere Zeichner anzuschauen und ihre Linien zu erforschen.
Da stellt sich doch die dreiste Frage: Was darf ich der Muse klauen?
Das Erste, was ich aus den Zeichnungen anderer ungehemmt mitnehmen darf, ist Vergnügen. Gute Zeichner fesseln oder unterhalten mich. Jeder auf seine Art und natürlich will ich rauskriegen, wie sie das hinbekommen.
Ich ich mopse gern die eine oder andere Technik. Wir leben alle nicht auf der dunklen Seite des Mondes, das Rad neu zu erfinden, wäre doof. Bei Fachwissen und Technik finde ich es sogar wichtig, ein wenig zu stehlen.
Es gibt allerdings einen Punkt, da bin ich empfindlich: Man darf nie die Persönlichkeit stehlen. Das wundervolle an Kunst ist der Blick durch Augen ganz unterschiedlicher Menschen, das ist der Kern der Kunst jedes einzelnen.
Wenn ich der Muse die Unterwäsche klaue, wird es unmoralisch
Für mich gibt es einen Punkt, der macht Zeichnungen magisch. Es ist das Bauchgefühl. Diese zauberhafte Mischung aus Seele und Lebensgefühl, die sich im Strich spiegelt.
Das Bauchgefühl ist bei mir das entscheidende Kriterium, das eine Zeichnung für mich unwiderstehlich macht. Eine Zeichnung Komponieren heißt, das eigene Gefühl in Szene setzen.
Für mich ist es mit dem Zeichnen wie mit dem Kochen: Es es kommt nicht auf die Einflüsse oder Zutaten an, es kommt darauf an, dass die Suppe am Ende lecker schmeckt. Ekelig wird es, wenn der Brei von Jemand anders hemmungslos aufgekocht wird. Kennt ihr diese Buden, wo draußen steht Pizza, Döner und Chinesisch? Dort kocht jemand gedankenlos und das Essen ist oft ekelig.
Liebe Grüße Tine
Felix wird nächste Woche antworten…..
p.S. schon neugierig? Wer schnuppern will, hier geht es zu Felix:
http://www.felixscheinberger.de/#hamburg
Einfach super der Artikel. Bitte mach weiter so – Ihr inspiriert damit sicher viele, die noch nicht so weit sind! In diesem Sinne ein großes DANKE an Tine Klein für den 1. Teil.
VIelen lieben Dank Herwig,
Ich schreibe es aus diesem Grund, als ich Anfing zu zeichnen lebte ich in einer kleinen Stadt. DIe Reaktionen auf expressives Zeichnen kannst Du Dir vorstellen…grins.
Hallo Tine
Woraus ziehe ich meine Inspiration :
Ich fühle mich täglich, stündlich , oft minütlich inspiriert. Kommt auf meine Aufnahmebereitschaft an. Inspiration durch alles Mögliche, manchmal ist es das Lichtspiel auf der Wand, oder die Reflektionen der Blätter der Silberpappel im Wind, die abblätternde Farbe eines Tores, die aufgerissenen Rinde des Baumes, Der Schattenwurf der Gebäude, die Mimik eines Vorbeigehenden , die Vielfältigkeit einer Farbe und und und ………………………..Selbstverständlich auch über das“ über die Schulter bei anderen schauen“, auch die Werke anderer bringen mich auf neue Ideen. Oft genug mach ich mir eine Notiz, damit es mir nicht wieder entfällt und ich es bei Bedarf wieder hervorholen kann.
Inspiration kann auch ein Geräusch oder ein Geruch eingeben, eine Erinnerung, die plötzlich in einem Zusammenhang mit dem Hier und Jetzt auftaucht. Das Streichen eines Lufthauchs über die nackte Haut. Kurz und gut, Fühlen mit allen Sinnen.
Das Problem kopiert zu werden, kenn ich auch. Am meisten trifft es mich, wenn man Stil und Idee für sich in Anspruch nimmt, das ist viel heftiger, als nur eine Bildkopie.
Gerade als Dozent ist man dem ausgesetzt, weil Lernen nunmal auch über nachmachen funktioniert. Nicht nur deshalb, sondern auch aus reiner Neugier, was in den Einzelnen steckt, kitzel ich bei Jedem sein Eigenes heraus und fördere es.
Wie ich eben gelesen habe, machst du es ähnlich 🙂 .
Dein Blog gefällt mir übrigens sehr gut, das inspiriert mich dazu, meinen Blog-Aufbau nochmal zu überdenken 😉
Inspiration durch Zufall und Sinneseindrücke, genauso und nicht durch Pflicht.
Liebe Grüsse Tine
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Serendipty? Noch nie gehört, aber schon viel erlebt!
Gerade im Bereich des Siebdruckes, wo viel Können für einen guten Druck erforderlich ist, öffnen sich durch Fehler immer wieder ganz neue kreative Gestaltungs- und Ausdrucksmöglichkeiten. Genau wie Tine beschreibt, wenn die Offenheit und Neugier da ist, in diese neuen Wege und Welten einzutauchen.
Hallo lieber Thomas, dann ging es dir so wie mir. Tausend mal erlebt, aber das Wort kannte ich nicht.
Liebe Grüße und grüß mir die anderen beiden ganz herzlich.
Tine