Farbe ist Licht in Tuben
Letzte Woche haben wir ja über Farbstimmungen gesprochen, die Schweiz ist dafür ein ganz besonderes Trainingslager, denn hier gibt es besonders krasse Temperatur- und Lichtwechsel im Laufe des Tages. In meinem ersten Jahr in der Schweiz war mein Auto eine Altkleidersammlung, weil ich dort lauter Kleidungsstücke liegen hatte. Aber auch in anderen Ländern , wie hier in Porto, ist das Licht ein Geschenk für Maler. Die Umgebung kann innerhalb von Sekunden völlig anders aussehen. Diese starken Licht- und Farbwechsel machen das Malen besonders reizvoll.
Die Farbe ist das Gefühl
Wer malt sollte ein Ziel haben, ich meine das natürlich nicht in dem Sinne, dass man alles wie verrückt planen sollte. Aber dieses Bauchgefühl zu einem Ort, die Stimmung, das ist der Kern jedes guten Kunstwerkes. Wenn ich mit Farbe arbeite, dann trägt die Farbe dieses Gefühl. Die Farbstimmung ist also der Kern unserer Bildaussage. Soweit waren wir auch schon letzte Woche im Blog.
Je Abwechslungsreicher die Farbe ist, desto attraktiver ist sie.
Oft sehen Bilder total zusammengewürfelt aus, weil sich die Maler von realen Farben durch die Gegend treiben lassen und dabei die Farbstimmung des Ortes aus dem Auge verlieren.
Ein Motiv ist nicht ein Haufen von Einzelgegenständen!
Dies war die Kernaussage der letzten Woche. Vielmehr geht es darum, dass Gesamtmotiv durch die Stimmung festzuhalten. Jetzt wäre es natürlich sehr dumm das ganze Bild in einer Farbe anzustreichen. Wir sind ja keine Anstreicher im Sinne von: “Hier hast du 80 Kübel Farbe, ich komme in drei Tagen wieder und guck ob du das Haus angemalt hast.“ So! Läuft das nicht!
Farbvariation
Ich bin dem Licht verfallen
Das Licht verwandelt ein und dieselbe Farbe.
Ein Baum ist nicht einfach grün.
Ein Baum hat in seinen Blättern mindestens drei verschiedene Grüntöne dort wo die Blätter das Licht reflektieren sind sie sehr hellgrün manchmal reflektieren sie das Licht auch blau oder weiß. Im unteren Teil des Baumes wo alle Blätter verschattet sind dort kann das Grün sehr dunkel sein, manchmal ist es blau oder violett. Es lohnt sich einmal zu beobachten wie viele Farbtöne es tatsächlich gibt. Deshalb rate ich immer wieder wird davon ab vorgefertigte Farbtöne zu benutzen, mischen macht die lebhafteren Töne und damit meine ich vor allen Dingen das Mischen auf dem Papier
Farbvariationen machen Bilder sexy
Wenn man einen 1 Millionen Dollar Tipp ein Maler verteilen sollte wie man Bilder sofort viel schöner macht dann ist das die Farbvariation. Je abwechslungsreicher die Farbe und je mehr das Licht tanzt desto attraktiver sind die Bilder für den Betrachter.
Wer so starke Licht und Farbvariationen im Bild haben will wie oben, der muss im Aquarell sehr sehr diszipliniert sein, denn die Farben laufen ineinander.
Gouache kann mehr Schichten vertragen als eine Zwiebel
Eine gute Möglichkeit die Licht und Farbvariationen zu üben sind Gouachefarben.
Das Tolle an Gouachefarbe ist, dass man mit ihnen ganz spontan von hell auf dunkel genauso arbeiten kann, wie von dunkel auf hell.
Man kann also völlig spontan loslegen und wenn dann ein Lichtstrahl durch die Wolken bricht, kann man völlig unproblematisch diese Sekunde festhalten.
Man kann mit Gouachefarben eine enorme Farbvariation erzeugen, das macht die Gouache für Maler die das Licht lieben sehr, sehr sexy.
Lichtreflexe gar kein Problem
Die Farbvariation ist so toll, weil man völlig hemmungslos auch auf ganz dunkle Farben absolut helle Farben aufsetzen kann, d.h. selbst wenn man schwarz gemalt hat, kann man jederzeit leuchtend helle Farben wieder obenauf setzen.
Wer sich traut die Farbwechsel wirklich auszunutzen, der wird mit sehr sehr ausdrucksstarken Bildern belohnt.
Wer jetzt denkt blöd! Ich habe ja gar keine Gouachefarben Eine Tube Deckfarbe oder weiße Gouachefarbe reicht um deine Aquarellfarben mal anders zu benutzen.
Mein Tipp versucht das doch einfach einmal auf total verdorbenen Bildern, denn die sind ja das beste Spielfeld. Hier braucht man nun wirklich keine Angst zu haben, dass man irgendetwas kaputt macht.
Farbvariation und Grundfarbe
Viele Anfänger haben das Problem das ihre Skizzen wie zusammengewürfelt aussehen, das liegt daran, dass sie versuchen jede Einzelne der realen Farben abzubilden. Das Bild hat jedoch keine Grundfarbe die Harmonie erzeugt. Dieses Problem hat man mit Gouachefarben überhaupt nicht wenn man auf farbigen Papier arbeitet. Ich wähle das Papier nach der Farbstimmung der Umgebung.
Mein Motiv liegt im Gegenlicht, d. h. es liegt im tiefen Schatten.
Schatten sind aber nicht grau. Schatten reflektieren all die Umgebungsfarben, die Farbe des Himmels und die Farben die heute die die Häuser einmal hatten. Im Wesentlichen vernichtet der Schatten die rötlichen Töne im Lichtspektrum. Deshalb sieht es immer sehr gut aus, wenn man in seinen Schattentönen nicht unbedingt Grau benutzt sondern eine ganz attraktive Vielfalt von verschiedenen Farbtönen.
Schmincke Gouache auf blauem Papier
Wer in einer Farbe malt, der fängt niemals das Licht.
Faustregel je abwechslungsreicher desto interessanter
Tatsächlich sind einfarbige Blöcke zwar sehr ruhig, aber auch sehr langweilig. Wer jemals versucht hat eine Kugel mit einer Farbe zu malen, der weiß, das geht nicht. Erst mit Licht und Schatten kommt auch die Räumlichkeit. Erst die Abwechslung, also die Farbvariation, erzeugt die Attraktivität für das Auge.
Tipp: Ein schneller Weg zu super attraktiven Bildern ist sich einfach nicht zu benehmen wie ein Maler und Anstreicher. Vergiss mal ganz schnell deine gesamte Farbe aus einem Eimer zu holen und die Wand einfach anzustreichen. Beginne auf dem Blatt zu mischen.
Der Unterschied von einem Kunstmaler zu einem Anstreicher ist das tiefe Gefühl der Farbe.
Der Vorteil ist der Nachteil
Ich glaube diese Gouache ist das perfekte Mittel um zu lernen wie man Licht und Farbvariationen darstellt.
Benutzt man die Farbe wie ein Anstreicher wird man sofort bestraft, denn dann wird die Farbe sehr sehr öde.
Gouache ist allerdings geduldig im Ausbügeln dieser Fehler
Die Farbe ist wirklich geduldig, der Mutige wird belohnt, denn der kann jedes Mal einen neuen Anlauf nehmen .
Wer es gelernt hat Farbe zu variieren, der wird mit solch abwechslungsreichen Farben belohnt. Das Titelbild ist allerdings eine Variation aus Aquarellfarben und Aquarellstiften.
Hier sieht man wie die Farbvariation, zum Beispiel in den Dächern oder Bäumen, das Licht einfängt. Nicht das ganze Bild muss ein- und dieselbe Farbstimmung haben. Aber mit nur einer Farbe ohne Farbvariation fängt man niemals das Licht.
Im Aquarell braucht man für die Farbvariation allerdings viel mehr Geduld und Disziplin.
Liebe Grüße ins Wochenende Tine
Der Witz des Tages: Meine Autokorrektur machte regelmäßig aus dem Wort Gouachefarben… Cora Schwaben oder Chorschwaben…. Singende Schwaben die durch meine Bilder hüpfen…..Meine Welt ist doch vielseitiger als ich dachte
Teil eins des Beitrags:
https://blog-herz-der-kunst.ch/farbstimmung-ist-das-gefuehl-eines-ortes/
https://blog-herz-der-kunst.ch/farbstimmung-ist-das-gefuehl-eines-ortes/
Liebe Tine
Deine Erklärungen fallen bei mir immer auf fruchtbaren Boden und sind dazu noch witzig geschrieben. Wirklich klasse. Herzlichen Dank!!!
Könntest du vielleicht noch etwas intensiver auf den Schatten im Aquarell eingehen, ich finde es soooooo schwierig da die passende Farbe zu finden. Muss man auch „warme und kalte“ Farben beachten?
Herzliche Grüße
Ute (die Tunika ;0)
Liebe Ute, ist in Arbeit wenn auch nur indirekt nächste Woche geht es um Weiß, eine Farbe die nur durch chatten definiert wird.
Liebe grüße Tine