Top oder Flop: Tonwerte entscheiden, ob ein Bild wunderbar wird.

„Für Schwarz-Weiß-Denker hört die Welt dort auf, wo sie bunt zu werden beginnt“,

hat der österreichische Dichter Ernst Ferstl einmal gesagt. Doch in der Malerei sieht es anders aus. Wir Menschen sind von Natur aus auf Farben fixiert – vermutlich, weil sie uns so viel über unsere Umwelt verraten. Farben zeigen uns, ob ein Lebensmittel reif, giftig oder verdorben ist, und sind daher ein entscheidender Faktor für unser Überleben.

Diese Fixierung auf Farbe kann jedoch beim Malen zu Problemen führen. Wer hat sich nicht schon einmal über ein Bild geärgert, das trotz schöner Farben irgendwie langweilig wirkte? Oft liegt das daran, dass die Tonwerte, also die Helligkeit und Dunkelheit einer Farbe, nicht richtig eingeschätzt wurden. Wenn die Tonwerte falsch sind, wirken Bilder flach und unausgewogen, auch wenn man es nicht sofort benennen kann.

Warum ist das Thema so wichtig in der Malerei?

Tonwerte sind das Rückgrat jedes Bildes. Sie sind die verschiedenen Schattierungen von hell bis dunkel, die du in einem Bild siehst. Stell dir ein Schwarz-Weiß-Foto vor – es gibt nicht nur reines Weiß und tiefes Schwarz, sondern eine ganze Reihe von Grautönen dazwischen.

Diese Abstufungen sind die Tonwerte.

Warum ist das so wichtig? Stell dir vor, ein Bild wäre farbig, aber alle Farben hätten dieselbe Helligkeit. Es würde flach und langweilig wirken wie ein schlecht gezeichnetes Comic. Erst durch die Abweichungen zwischen hell und dunkel wird ein Bild lebendig. Tonwerte helfen uns, die dreidimensionale Welt auf einer zweidimensionalen Fläche darzustellen. Ohne sie könnten wir keine Formen richtig erkennen, keine Stimmung einfangen und keine Atmosphäre schaffen.

Warum fällt es uns so schwer, Tonwerte richtig einzuschätzen?

Hier kommt ein wenig Wissenschaft ins Spiel. Unser Auge ist ein kleines Wunderwerk, aber es hat auch seine Tücken. Wir haben zwei Arten von Sehzellen in unseren Augen: die Zapfen und die Stäbchen. Die Zapfen sind für das Farbensehen verantwortlich, während die Stäbchen in der Dämmerung und bei schwachem Licht arbeiten. Sie sind es, die uns helfen, Tonwerte zu sehen.

Das Problem: Unsere Augen und unser Gehirn sind darauf programmiert, sich mehr auf Farben als auf Tonwerte zu konzentrieren. Wir sind einfach nicht daran gewöhnt, auf Tonwerte zu achten. Unser Gehirn möchte immer die Farben analysieren, weil sie uns helfen, die Welt um uns herum zu erkennen und zu verstehen. Normalerweise sehen wir die Tonwerte unbemerkt im Hintergrund. Doch wenn du malst, musst du lernen, diese farbliche Vorliebe beiseitezulegen und stattdessen die Tonwerte zu sehen.

Was bedeuten Tonwerte für das Malen?

Tonwerte zu verstehen und richtig einzusetzen, ist wie eine geheime Superkraft für Künstlerinnen und Künstler. Wenn du die Tonwerte in einem Bild richtig erfasst, kannst du realistischere, stimmungsvollere und ausdrucksstärkere Werke schaffen. Aber – und das ist ein großes „Aber“ – es ist oft schwierig, das in die Praxis umzusetzen. Du siehst eine rosige Rose, und dein Gehirn schreit: „Rot!“. Du tauchst den Pinsel in die Farbe und malst ein mittleres Rot. Doch in der Rose verbergen sich viele andere Farben und Tonwerte, die du übersiehst. Das Rot ist quasi ein Vorurteil!

Wir neigen zur visuellen Vereinfachung. Anstatt die Extreme von Licht und Schatten genau zu reproduzieren, wählen viele Menschen mittlere Tonwerte – nach dem Motto: „Passt schon!“ Doch „Passt schon“ produziert viele Fehler. Menschen malen mittlere Tonwerte, weil sie Angst vor Extremen haben, die ein Bild schnell ruinieren können. Und dann kommt hinzu, dass Farben, die auf dem Papier zuerst gut aussehen, nach dem Trocknen viel heller wirken. Das Resultat: Ein blasses, ausdrucksloses Bild.

Farbe und ihre Tücken:

  • Gelb wird oft als heller wahrgenommen, als es tatsächlich ist. Selbst wenn Gelb einen ähnlichen Tonwert wie andere Farben hat, erscheint es aufgrund seiner hohen Leuchtkraft heller.
  • Blau wird oft als dunkler eingeschätzt, als es in Wirklichkeit ist. Blaue Töne neigen dazu, visuell zurückzutreten und können daher dunkler erscheinen, als sie sind.
  • Rot wird oft als dunkler oder intensiver wahrgenommen, besonders im Vergleich zu Gelb und Orange. Rot zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich, doch seine Leuchtkraft entfaltet sich erst in dunkler Umgebung.
  • Grün kann sowohl heller als auch dunkler wirken, abhängig von den benachbarten Farben. Auch hier gibt es viele Vorurteile, Tannengrün ist nicht immer dunkel und Türkis ist nicht hell, weil es strahlt.

 

Tonwerte erkennen und üben:

Keine Sorge, das ist nichts, was du nicht lernen kannst! Es braucht nur ein wenig Übung und Geduld.

Viele Ratgeber empfehlen Schwarz-Weiß-Übungen, doch das allein ist nicht genug. Es hilft zwar bei der Planung deines Bildes, aber du lernst dadurch nicht, Farbe in ihrem richtigen Tonwert einzuschätzen.

Ein Schwarz-Weiß-Foto deines Bildes kann dir aber trotzdem zeigen, wie du die Farben einschätzt und wie sie tatsächlich vom Tonwert her wirken.

Mir gelingt die Einschätzung von Tonwerten meistens recht gut, und meine Bilder sehen oft aus, als wären sie in Schwarz-Weiß gemalt. Doch mir passieren dennoch klassische Fehler beim Einschätzen von Tonwerten.

Bauschänzli Zürich Aquarell Tutorial Tonwerte

Bauschänzli Zürich

Beispielsweise habe ich einmal mit einem sandfarbenen Himmel begonnen. Da mein Auge keinen Vergleichsmaßstab hatte, schätzte ich die gelbe Farbe etwas heller ein, als sie tatsächlich war. Dadurch entstanden oben links im Himmel zwei dunkle Flecken, weil ich nicht glaubte, dass mein Gelb so dunkel ist.

Tonwerte Aquarell Tine Klein Bauschänzli Zürich

 

Ein weiterer Fehler entstand, als ich Indigo – eine Farbe, die fast schwarz wirkt – viel dunkler einschätzte als das grünbraune Wasser. Das Wasser hätte heller sein sollen, doch der Indigo-Schatten unter der Brücke ist viel heller als das Wasser in der Mitte des Bildes. Dies ist ein klassischer Übertragungsfehler entsteht, weil man denkt, Türkis und Gebrannter Siena seien viel heller als das „schwarze“ Indigo. Im Schwarz-Weiß Schnappschuss sieht man dies deutlich.

Fazit:

Schau dir deine Bilder in Schwarz-Weiß an: Ein Foto deines Bildes sollte aussehen wie eine meisterhafte Kohlezeichnung.

 

Mache ein Schwarz-Weiß Fotos deiner Bilder. Analysiere, wo du zu dunkel oder zu hell bist, und lerne daraus. Auch wenn es schwierig ist. Sei besonders vorsichtig bei Gelbtönen, denn sie können viel dunkler sein, als du wahrnimmst. Jeder von uns hat Vorurteile im Kopf, die man nur loswird, indem man sich die Tonwerte sichtbar macht. Ein einfaches Handy zeigt dir schnell, was du gemalt hast – viele Modelle haben eine Funktion für Schwarz-Weiß-Fotografie. Hier siehst du sofort, wo deine Fehler liegen.  Zeige deinem Gehirn, was es falsch bewertet, und du wirst lernen, Tonwerte meisterhaft wiederzugeben.

Tonwerte sind das Herz und die Seele deiner Malerei. Sie bringen Licht und Schatten in deine Werke, verleihen ihnen Tiefe und Leben. Auch wenn es nicht immer leicht ist, sie richtig zu erkennen und einzusetzen, wird Übung und Geduld dich dorthin bringen, wo du hinmöchtest. Das nächste Mal, wenn du mit deinem Skizzenbuch arbeitest, denk daran, nicht nur die Farben zu sehen, sondern auch die Töne dazwischen. Denn genau dort, in diesen Schattierungen, liegt die Magie der Kunst.

Liebe Grüße aus Basel Tine

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Weiterlesen bei Tine:

https://blog.herz-der-kunst.ch/tipps-uns-trick-fuer-dunkle-farben/

Tipps uns Trick für dunkle Farben!

Baumwollaquarellpapier – 2 preiswerte im Test

Für meinen nächsten Kurs brauche ich Baumwollaquarellpapier– aber nicht irgendeins, sondern das richtige, damit meine Schüler die besten Voraussetzungen haben, um wirklich zu lernen. Lernen bedeutet nämlich auch, Fehler zu machen und diese Fehler mit offenen Armen zu empfangen. Fehler gehören zum Lernen wie der Name an der Haustür. Wer Fehler umarmen kann, wird auch große Fortschritte machen!

Wer noch nie einen Fehler gemacht hat, hat noch nie was ausprobiert. Einstein

Doch wenn es ums Malen auf Baumwollaquarellpapier geht, kann das ziemlich teuer werden.

Baumwollaquarellpapier -Ist gut immer teuer?

Meistens leider ja. Denn Baumwollaquarellpapier ist ja kein Massenprodukt wie Druckerpapier.

Und wer bisher nur auf heiß gepressten Industriepapieren gearbeitet hat, erlebt bei der Umstellung auf hochwertiges Baumwollpapier womöglich sein blaues Wunder.

Das Verhalten des Papiers ist völlig anders, und plötzlich scheint nichts mehr so zu funktionieren, wie man es gewohnt ist.

Auch wenn das neue, hochwertige Papier „wunderbar“ sein soll, hat man erst mal das Gefühl, dass gar nichts klappt.

Natürlich stellt sich dann die Frage: Warum überhaupt umsteigen, wenn man doch nur Bilder verdirbt und frustriert ist?

Die Antwort ist jedoch glasklar:

Viele Techniken lassen sich nur auf Baumwollpapier erlernen.

Es lohnt sich also unbedingt, sich mit Baumwollaquarellpapier auseinanderzusetzen.

Wer weiß, wie man auf verschiedenen Papieren malt, erleichtert sich das Leben ungemein. Denn je nach Papier verhält sich das Malen anders, und dieses Wissen hilft, künstlerische Darstellungen leichter und gezielter umzusetzen.

Da ich natürlich weiß, dass meine Schüler noch üben müssen, werden sie nicht gleich jedes Bild perfekt hinbekommen. Deshalb habe ich damit begonnen, preiswerte Baumwollpapiere zu testen – damit niemand Unsummen für das falsche Papier ausgeben muss.

Ich möchte meine Erfahrungen gerne mit euch teilen, denn damit lässt sich nicht nur Geld sparen, sondern auch viel Frust vermeiden.

Beim Testen der Papiere gehe ich sehr persönlich vor, denn Malen ist etwas sehr Individuelles. Jeder hat seinen eigenen Stil und seine eigenen Vorlieben. Mein Ziel ist es, die Papiere so genau wie möglich zu beschreiben, damit du herausfinden kannst, ob ein bestimmtes Papier für dich geeignet ist.

Heute habe ich zwei Papiere im Test:

  1. Baohong Artist Watercolor Paper (grüne Version) Academy watercolor paper Pad
  2. Hahnemühle Expression

Achtung alle Beobachtungen sind nicht allgemeingültig, wie ein Papier reagiert liegt immer am Malstil des Malers!

Das eine Papier 24 x 30 das andere 26 x 38 beide Blöcke haben ca. 15 Franken/Euro gekostet.

Beide Papiere sind zu
100 % Baumwolle,
Säure frei,
kalt gepresst,
und haben 300 g
CHF

 

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