Böse Mädchen brechen die Regeln!
Meine Oma war eine schlaue Frau! Sie sagte:
„Wenn du ein Problem nicht lösen kannst, liegt es daran, dass du dich an zu viele Regeln hältst!“
Das fanden meine Eltern nicht lustig, als ich meinen Künstler-Vater traf, sagte er:
„Ich lehre dich die Regeln, die wirken, bis du schlau genug bist!“
Da wusste ich, das ist ein Starker!
Aquarellmalerei ist eine wunderbare Welt voller Möglichkeiten, und ja, es gibt so einige Regeln und Mythen, die sich hartnäckig halten. Wahrscheinlich weil sich viele unsichere Menschen daran klammern! Aber seien wir ehrlich: Manchmal lohnt es sich, diese Regeln ein bisschen zu biegen oder sogar zu brechen! Lass uns mal locker über ein paar dieser „No-Gos“ plaudern und schauen, wie viel Wahrheit wirklich dahintersteckt.
Aquarellregeln, die man gerne bricht. Deckende Farben – ein No-Go?
Na ja, nicht unbedingt! Klar, deckende Farben sind in der Aquarellmalerei eher unüblich, aber wenn du sie geschickt einsetzt, können sie wahre Wunder wirken. Lavendel oder Royalblau, die dank ihres Weißanteils deckend sind, haben es in sich! Fast jeder Aquarellist hat sie mittlerweile in seiner Farbpalette. Ich liebe Royalblau für den Himmel. Mit viel Wasser wird die Farbe transparent, aber als Basis ist sie schön deckend. Zum Mischen würde ich sie eher nicht verwenden, außer du möchtest einen weichen Grauton erzeugen.
Royalblau ist dafür perfekt – es macht Grau richtig schön und gefällig…
was wahrscheinlich der Grund ist, warum es so viele bekannte Aquarellisten verwenden.
Damit hätten wir schon mal zwei Mythen widerlegt: „Man benutzt kein Weiß“ und „Man benutzt keine deckenden Farben“. Pustekuchen!
Auf meinen Bildern siehst du weiße Reflexe, meistens lasse ich das weiße Papier dafür frei. Aber mal ehrlich, kleine Patzer passieren. Kannst du an den Dachkanten erkennen, welche Lichtreflexe gemalt sind und welche ausgespart? Wahrscheinlich nicht!
Also ja, Weiß aus der Tube ist absolut okay, wenn man es einsetzt wie Salz.
Schwarz ist tabu?
Einige Aquarellregeln sind sehr sinnvoll, doch trotz dessen: Jein. Ich gebe zu, großflächig eingesetzt und in Mischungen kann Schwarz tatsächlich die Farben dreckig wirken lassen. Aber wenn du Schwarz gezielt und in kleinen Mengen einsetzt, kann es ein echter Gamechanger sein. Der Trick ist es nicht zu vermischen, keinen Dreck zu produzieren. Und hast du schon mal von Alvaro Castagnet gehört? Der Typ setzt seine Schatten mit einem transparenten Grauschwarz, dass er „Grey Fresco“ nennt. Der Clou:
Die Untergrundfarbe scheint noch durch, was für einen genialen Effekt sorgt!
„Man darf das Papier nicht verletzen!“
Eine der ersten Lektionen, die ich beim Aquarell gelernt habe, war:
„Du darfst das Papier nicht verletzen!“
Klingt erst mal vernünftig, oder? Das bedeutet, nicht mit dem Pinsel auf dem Papier herumzurubbeln, bis es krisselig wird. Ja, der Gedanke ist gut und richtig, denn wenn du das Papier malträtierst, kann die Farbe ungleichmäßig einziehen und fleckig werden.
Manchmal ist es sogar richtig cool, das Papier „zu verletzen“.
Aquarellregeln sind so lange richtig, bis man durch einen Verstoß tolle Ergebnisse erzielt. Damit kannst du nämlich tolle grafische Strukturen in deine Bilder zaubern. Ein kleines Ritzen hier und da, und du hast feine Linien, die perfekt zum farbigen Untergrund passen, weil die Pigmente schön ins Papier einsickern. Schau dir mal die beiden rechten Häuser und die Baumstämme in meinem Bild an – die feinen Linien sind genau durch solche Techniken entstanden.
Aquarell ist unforgiving – Im Aquarell kann man nichts verändern?
Totaler Quatsch!
Natürlich sagt man, dass Aquarelle ihre Spontanität und Frische verlieren, wenn man sie nachbearbeitet. Und ja, da ist was Wahres dran. Aber es gibt auch eine Menge Techniken, mit denen du nachträglich eingreifen kannst, ohne das Bild zu ruinieren.
Schau dir meine Segelboote an – die sind nicht gemalt, sondern aus der Farbe herausgewischt, so kann man Details herausarbeiten, ohne die typische Leichtigkeit des Aquarells zu verlieren.
Naturhaarpinsel vs. Synthetikpinsel
Früher schwor man auf Marderhaarpinsel – und die sind auch heute noch super, keine Frage.
Aber die Zeiten ändern sich, und mit ihnen die Pinseltechnik. Naturhaarpinsel fassen enorm viel Wasser, was auf kleinen Formaten zu einer kleinen Katastrophe werden kann. Besonders wenn du Details malen möchtest, kann ein guter Naturhaarpinsel schwierig sein. Die Spitze ist oft zu weich und unkontrollierbar, was zu unschönen Wasserflecken und beim feuchten Pinsel zu Wasserflecken führen kann.
Hier kommen moderne Synthetikpinsel ins Spiel! Die haben sich in den letzten Jahren massiv verbessert. Sie fassen mittlerweile mehr Wasser, sind flexibler und dabei viel kontrollierbarer. Für Reiseskizzen zum Beispiel benutze ich oft nur einen einzigen Synthetikpinsel – er ist einfach praktischer und liefert super Ergebnisse.
Das siehst du auch hier im Bild.
Aquarellregeln – Wenn man den Hintergrund verstanden hat, darf man sie brechen:
Stell dir vor, du stehst an einer roten Ampel, aber die Straße ist gesperrt. Würdest du da wirklich warten? Wahrscheinlich nicht! Genau so ist es beim Malen: Glaub nicht blind an die ganzen Märchen, die man dir erzählt. Frag warum!
Sei mit mir Ronja Räubertochter und werfe Regeln über Bord!
Aquarellregeln sind kein Selbstzweck, sondern nur eine Hilfe, um Fehlerquellen auszuschalten. In diesem Bild habe ich so einige Regeln einfach über Bord geworfen. Zuerst habe ich Neuchatel gemalt und erst danach den Himmel. Die Fenster? Die habe ich direkt in die noch feuchte Farbe gekratzt. Die Boote? Herausgewischt, ganz locker. Und alles mit nur einem großen Pinsel. Schande über mein Haupt, ich habe Weiß benutzt.
Wenn du die Regeln einmal wirklich verstanden hast, dann macht dich das Brechen der Regeln richtig glücklich und frei – das gibt deiner Kreativität den Raum, den sie verdient!
Was lernen wir daraus? Alle Aquarellregeln und Mythen haben irgendwo einen wahren Kern. Aber hey, wer sagt, dass man sie nicht brechen darf? Wer neugierig ist und Neues ausprobiert, der findet oft Lösungen, die das Leben (und die Kunst!) einfacher und spannender machen.
Also breche die Regeln, werde zum Aquarell Gangster, aber mit Verstand!
Liebe Grüße ins Wochenende
Tine P.S.: Ich habe die Workshops neu veröffentlicht.
Unten gibt es noch Links zu Regelbrechern!
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