Kollagen: Erinnerungsspeicher und schöne Andenken
Kollagen gehören auf jeden Fall zu meinen Skizzenbüchern!
Meistens landen kleine Trophäen wie Flaschenettiken im Skizzenbuch, um mich an schöne Zeiten zu erinnern.
Hier zum Beispiel war ich im Frühjahr mit einer ganzen Horde Urban Sketcher in Barcelona. Ich schreibe begeistert die verrückte englische Übersetzung der Speisekarte ab: Paella con Noodles! Perfectes Spenglisch!
Viktor Swasky guckt in mein Skizzenbuch und sagt entsetzt: This are not Noodles! Darüber kann ich mich jedes mal krumm lachen wenn ich die Seite sehe.
Kollage der Flicken im Skizzenbuch
Häufig sind meine Kollagen auch ein riesiges Radiergummi.
Mal ganz ehrlich, bei uns allen geht mal was schief. Mit totalem Vergnügen realisiere ich immer, dass viele Leute denken bei echten Meistern würde das nicht passieren. Genau deshalb durchleuchten wir heute bei Michelangelo und Konsorten auch 10 übermalte Gemälde auf ein und derselben Leinwand.
Meistens klebe ich all meine Urlaubsmitbringsel ins Skizzenbuch, z.B. Eintrittskarten und Stadtpläne, und zwar auf den Katastrophenseiten des Skizzenbuchs. Bis jetzt hab ich eher so gedacht, oh ich muss das Ölsardinenpapier aus Portugal dringend ins Skizzenbuch kleben, weil das Picknick so schön war und nicht das ich darunter irgendeinen Murgs verbergen kann.
So nach dem Motto:
Heute stehe ich mal wieder total neben mir,
ist aber total schön da!
Ich mache eine kleine Vorzeichnung, heute haben wir uns das Thema Strukturen im Workshop gesetzt, also mache ich viel mehr als sonst. Dann zücke ich den Pinsel und Voilá all die hübschen Strukturen der Zeichnung verwandeln sich in Matsche. Die Tinte war nicht wasserfest, betroffen gucke ich auf die Katastrophe. An Kollage habe ich dabei nicht gedacht.
Vorsichtshalber mal ich mal nen Krankenwagen drunter, den brauch ich gleich, falls ich mich beim ausrasten verletze!
Na, den Fehler muss ich erst mal verdauen. Der Zeitunterschied und die Müdigkeit machen mich so verwirrt. Ich fühl mich, als wenn ich Pilze geraucht hätte. Ich gucke auf meine vermurkste Zeichnung und schon werden aus einem getupften Papier Pilze.
Klassischer Fall von Kopfkino und schrägem Humor. Ich fange an zu lachen und schon wird die nächste Kollage viel freundlicher.
Die Kollage viel mehr als nur ein Lückenbüßer
In Chicago habe ich mich das erste Mal mit der Kollage als eigene Kunstform im Skizzenbuch auseinander gesetzt.
Kleine Papierchen und Urlaubsandenken sind wundervoll, ihre Strukturen und Farben kreieren atemberaubende Effekte in Skizzenbüchern.
Es fällt sehr leicht die Identität eines Ortes durch typische Fundstücke ins Skizzenbuch zu übertragen. Die Skizzen werden dadurch wirklich mit dem Ort verbunden. Der Ort steckt dann wirklich in der Skizze.
Gerade das Unerwartete zieht Augen an, ich glaube die Kollage ist eine wirklich eine tolle Urban Sketching Technik, denn Material braucht man so gut wie keines.
Die Fundstücke finden sich vor Ort von selbst!
Material für die Kollagen: ein guter Papierkleber mehr nicht!
Das Wichtigste ist das man einen geeigneten Kleber benutzt: Ich benutze Fixo Gum. Überflüssigen Kleber kann man wegrubbeln wie Maskierflüssigkeit, also keine blöden Klebstoffflecken im Skizzenbuch.
Ein zusätzlicher Bonus, falsch gelebte Papierstücke kann man wieder abziehen.
Allerdings hatte ich eine Leserzuschrift die ich sehr Klasse fand:
Julia schreibt: „Achtung viele Kleber vertragen sich nicht mit Aquarellfarben, erst viel später sieht man das der Kleber die Farbe verändert.! Dazu sage ich Upps, aufgepasst! Mir hat mal ein säurehaltiges Papier die Kunstwerke von einem ganzen Jahr auf der Insel Boracai zerstört, also werde ich hellhörig. Julia schreibt: „Deshalb haben gute Hersteller wie Schmincke spezielle Klebstoffe, die für die Verarbeitung mit Aquarellfarbe gemacht sind. “ Das werde ich recherchieren.
Technik der Kollagen im Skizzenbuch: Schneiden oder Reißen?
In Chicago hatte ich keine Schere dabei, ich habe die Papiere gefaltet und gerissen, das geht allerdings nur wirklich gut mit dickem Papier.
Ich habe das Gefühl, dass sich das noch besser ins Bild einpasst, die meisten Sketcher waren total irritiert, weil sie den Übergang von Papier zur Malerei nicht mehr entdecken konnten. Dann fing es an, dass sie ganz verstohlen im Skizzenbuch tasten mussten, weil sie nicht wussten, ob sie ihren Augen trauen können.
Auch mich hat das Papier beim Malen verändert, dadurch das ich das Papier imitierte, habe ich ganz neue Wege gefunden.
Bei dünnem Papier kann es prima helfen eine feuchte Linie so auf den Papier zu malen, als wenn man es dort schneiden würde. Das Papier weicht auf und reißt dann ganz leicht dort, wo es reißen soll.
Bei so wenig Materialaufwand bekommt die Kollage natürlich den Stempel „Urban Stretching tauglich“! Ich war selbst überrascht!
Ich wünsche Euch viel Spaß beim Ausprobieren!
Alles Liebe Tine
Ich schreibe gerade fleißig an dem Unterrichtsmaterial für Eutin!
Das wird herrlich und ich freue mich Euch alle wieder in die Arme schließen zu können:
Hier gehts nach Eutin dem deutschen Urban Sketscher treffen.
Noch mehr Lust auf ungewöhnliche Techniken im Skizzenbuch?
Dann schau mal hier Daniel stellt vor wie man ganz einfach gedrucktes ins Skizzenbuch überträgt:
Liebe Tine, da ist ein wunderbarer – freud’scher – Auslasser drin, das falsch „gelebte“ Papier. Herrlisch. Danke für diesen tolle Beitrag. Wir sehen uns in Eutin. Ganz herzlich, Elvira
Upps! HIhi, lassen oder verbessern ist hier die Freudsche Frage 😉 Freu mich auf Dich!
Es gibts NICHTS was es NICHTngibt – Klasse Idee
Liebe Tine,
wieder ein toller Beitrag, der mutig auffordert, eigenen Ideen zu vertrauen und mit dem Skizzenbuch viel Spaß zu haben.
Noch ein Tipp zum Kleber: Fixogum wird mit zunehmendem Alter manchmal gelb (und schlägt durchs Papier durch). Klebestifte – z.B. der silberfarbene ohne Lösungsmittel von Coccoino (der zudem so lecker nach „Profumo di Mandorla“ riecht…) – sind auch gut. Coccoino hat eine weiche Konsistenz, die zulässt Papierschnipsel nochmal hin- und herzuschieben.
In der englischen Literatur zu „Art Journals“ heißen solche Papierschnipsel des Alltags „Ephemera“ – der Begriff bezieht sich auf die „Ephemeroptera“, der Eintagsfliege. Was für eine inspirierende Idee, den „Papier-Eintagsfliegen“ im Skizzenbuch ein langes Leben einzuhauchen!
Liebe Grüße – ich freu‘ mich auch schon auf Eutin…!
Herzlich
Claudia