Der eigene Stil und fremde Einflüsse

Der eigene Stil ist intuitiv


Der eigene Stil ist etwas wundervolles, wenn es gut läuft, dann denkt man darüber gar nicht nach. Man macht es einfach und das Ergebnis ist im besten Falle wunderschön.

Hast du schon mal angefangen über Tanzschritte nachzudenken?

Wenn ja, dann weißt du ja dass man dabei total aus dem Takt kommt und in Sekundenschnelle aussieht wie ein Depp.

So ähnlich geht es mir wenn 100 neue Einflüsse auf mich einprasseln!

In diesem Beitrag bin ich viel dunkler als sonst, weil ich mit einem Freund unterwegs war der gerne nur in Schattentönen malt. Gut, aber nicht meins da, steckt mir zuviel einer fremden Person drin.

Jetzt muss ich mal eine Frage stellen:

Warum will ich eigentlich malen wie ein Anderer?

Die Antwort ist relativ einfach, ich will lernen, ich will immer lernen. Eigentlich ist lernen ja das Spannendste und deshalb mache ich Kunst, weil ich immer wieder hinsehen will!

 

Besonders krass ist mir dies in Porto aufgefallen, hier habe ich mal wieder mit vielen meiner Freunde gezeichnet, die alle selbst einen ganz tollen Stil haben. Das Ergebnis war oft ziemlich verrückt. Meine Freunde sahen aus wie ich und ich ein bisschen wie meine Freunde. Der Stilmix ist lustig und tut auch mal ganz gut um was Neues zu lernen.

Um etwas Neues zu lernen, muss man spielerisch sein und sich öffnen. Allzu oft gerät man dabei ins Grübeln und dabei entsteht dann eine wilde Mischung aus alt und neu, gekonnt oder passiert.

Wilder Stilmix


Es entsteht ein wilder Stilmix der einfach Spaß machen oder eher eine Verwandtschaft mit einem Unfall hat.

Besonders klar wurde mir dies aber erst mal nicht beim Malen, denn das herumgelatschtem mit fremden Einflüssen macht Spass. Dennoch produziere ich während des Symposiums grundsätzlich erst einmal merkwürdige Skizzen.
Klar wurde mir der Zusammenhang als einer der portugiesischen Touristenkähne direkt vor unserem WG Fenster anlegte. Beladen war der Kahn mit lauter Koreanern, die volltrunken aus einer Mischung aus Sake, Vodka und Portwein glückselig den deutschen 50er Jahre Hit „Griechischer Wein“ auf Koreanisch schmetterten.
Betroffen starrten wir von unserem Balkon und brauchten eine traumatische Schrecksekunde bis wir begriffen, warum uns das koreanische Liedgut so bekannt vorkam. Wieso man jetzt gerade „Griechischer Wein“ auf einem portugiesischem Portweinschiff brüllt, war uns nicht auf Anhieb klar.

Grundsätzlich ist jeder Stil erlaubt


Grundsätzlich ist in der Kunst natürlich alles erlaubt, auch besoffene Koreaner die in Portugal die Vodka saufen und „Griechischer Wein“ schmettern, wenn es halt Spass macht, ist es ja prima.

Aber nur Wenigen von uns ist beim Zeichnen klar, das sie beim hemmungslosem Kopieren und Stilrichtungen malen genau das gleiche machen, wie die feucht fröhlichen Koreaner. Es macht Spass, aber mir war schlagartig klar, wir können uns für die wilde Mischung gemeinsam mit den Koreanern für den „Bad Taste“ Kulturpreis nominieren lassen.

Dennoch wild mal die Ideen anderer auszuprobieren macht mir echt Spaß, vergessen wir also mal alle bedenken! Mitschmettern macht Spaß und es geht nicht immer um Kulturpreise.

Mal so wie du selbst !


Das ist klar, aber leichter gesagt als getan, wenn so viele neue auf Einflüsse unterwegs sind.

Dabei stellt sich doch für jeden Einzelnen von uns die Frage, warum will ich eigentlich  ausprobieren den die Anderen machen?

An dem Beispiel der weinseligen Koreaner wird schnell klar, nicht jeder Einfluss macht künstlerisch gesehen Sinn.
Sich zu verweigern macht aber auch keinen Sinn, denn wer sich nicht umguckt lernt auch nichts Neues! Und jetzt sitze ich in der Zwickmühle, wie viele Künstler man will seinen eigenen Stil um jeden Preis schützen, aber sich auch nicht von seinem eigenen Stil fesseln und knebeln lassen.

 

Erst mitmachen, dann verdauen


Als Kunstworkshopleiter liebe ich es mal in die Schülerrolle zu schlüpfen und dabei merke ich immer wieder lernen ist harte Arbeit, denn die eigentliche Arbeit ist das Verdauen der neuen Einflüsse.
Ähnlich wie bei einer Fremdsprache ist es sinnvoll aus den Vokabeln eigene Sätze bauen zu können, anstatt wie in nutzlosen Reiseführern einzelne Sätze auswendig zu lernen.
Oft sind meine Lernerfahrungen nicht auf Anhieb von Erfolg gekrönt, ich stocke, muss inne halten um das Erlernte so zu transformieren, dass es zu mir passt. Ich fühle mich erst einmal wirklich dumm, weil nichts mehr klappt.
Ich sitze zum Beispiel in einem Workshop über Blickführung und stelle fest, dass es in dem Workshop um exakte Linienführung geht.

Sehr, sehr langsame Linienführung!

Kurz gesagt, interessiert mich nicht. Ich fühle mich ähnlich fehl am Platz wie neben meinem koreanischen Vodkaboot. Ich gehe innerlich heftig in Opposition. Wichtig ist in solchen Situationen, dass man trotzdem mitmacht, denn die Erfahrung etwas gegen den eigenen Strich zu tun ist großartig, weil man etwas über sich selbst erfährt. Diese Erkenntnis ist der Nährboden der eigenen Kunst.

Manchmal ist Malen Therapie


Diese 3 Stunden Malunterricht sind also eine sehr billige Therapiesitzung. Ich weiss nun sehr genau, dass Freiheit mein Thema ist. Nicht Strichführung, sondern freie Blickführung sind mein Thema. Wichtig dass man an solchen Punkten nicht anfängt zu meckern, mehr bringt einen voran wenn man gegen Vorschläge entwickelt. Der Workshop ist für mich etwas wie ein Katalysator für meine eigenen Gedanken. Am Ende des Kurses habe ich den Inhalt für mich verdaut, ich will etwas anderes und genau dies fange ich nun an umzusetzen.….also Thema verdaut und Nährstoffe draus gesogen, auch wenn es schwer fiel. Danke an den Lehrer, dass er mir seine Gedanken gezeigt hat, es hat mir geholfen meine zu entwickeln.

 

Viele würden denken: „Blöder Workshop“, das ist aber nicht so, jeder Same keimt in jedem Boden. Zu wissen was ich nicht will, schiebt mich oft schneller voran als schon vorgefertigtes Wissen.

Opposition gegen Schönheit?


Schwieriger finde ich es Opposition zu entwickeln, wenn ich Dinge sehr mag. Meine klassische Malausbildung führt dazu, dass ich alte Meister bewundere.Ich liebe diese Ruhe und klassische Schönheit. Wenn ich nun mit Freunden male, die klassischer sind als ich, dann bin ich immer wieder versucht ein bisschen den alten Meister raushängen zu lassen.

Tine Klein , Porto, uskporto2018, Stil, oporto,Brücke

Hier male ich erst mal wie Schneewittchen. Das Bild ist am Anfang so brav, dass ich richtig Anlauf nehmen muss um es noch etwas wilder zu machen. Erst dann wurde es meins.

Ich finde es gefährlich, wenn die Technik mit mir reiten geht. Ich will reiten, ich will mich aber nicht von der Technik reiten lassen. Die Bilder gleiten ins Kunsthandwerk ab, weil ich die klassischen Maltechniken einfach wie am Fließband abspule. Wenn es ein bisschen wilder wird, dann macht es mir erst Spass.

Was ist denn deine Sprache?


Passt du auf, dass dir Niemand anderes eine Frisur verpasst die dich unkenntlich macht?
Hier ist es ein bisschen schwierig zu entscheiden, wie man wirklich ist und wo man hin will, denn bekanntlich will jede Frau mit Locken glatte Haare und so ist es auch in der Kunst.

Ich brauche Farbe und ein Augenzwinkern, dann ist es meins:

Tine Klein , Porto, uskporto2018, Stil, oporto,Tram,

Jetzt wird der ein oder andere sagen: “ Merke ich gar nicht, dass du da kämpfst, ist doch alles Deins!“
Generell ist es in der Kunst, wie bei den Koreanern auf dem Partyboot, sinnvoll ist nur so viel zu saufen, dass man sich noch an den eigenen Namen erinnert.Oder im Workshop nur das zu picken was für Dich gut ist. Nächste Woche geht es weiter im eigenen Stil.

Liebe Grüsse ins Wochenende,
Tine

Mehr zur großen Kunst der Skizzenbücher gibt es hier:

Reiseskizzen mit Turner

 

https://blog-herz-der-kunst.ch/reiseskizzem-mit-w-turner/

8 commentaires sur “Der eigene Stil und fremde Einflüsse

  1. Hallo Tine,
    ich lese deinen Blog nun schon eine ganze Weile und bin meistens sehr einverstanden. Heute aber ist auch dein Beitrag der Katalysator für meine Gedanken und ich merkte Widerstand in mir. Wenn ich die Aussage recht verstehe, packst du die Sketcher, die sich in Workshops mit anderen Stilen auseinandersetzen (und ja, sie dabei „nachmachen“ ) in ein Boot mit den geschmacklosen Vietnamesen. Finde ich etwas zu heftig.
    Andere mal zu kopieren, um zu sehen, wie das machbar ist, was mir am anderen gefällt – davon zu lernen, finde ich nicht schlimm. Gleichzeitig sind die eigenen Gewohnheiten und die eigene Handschrift doch fast immer mit am Start und drängeln sich bald wieder nach vorne durch. Mal über den Tellerrand gucken, etwas neues ausproberen macht mich noch lange nicht zu einer Kopiermaschine oder (um im Bild zu bleiben) zu einem besoffenen Vietnamesen. Vielleicht bleibt mir ein kleiner Klecks vom Gelernten, aber das macht noch lange nicht mein „sketcherisches ich“ kaputt. Sonst müssten wir uns ja die Workshops grundsätzlich verkneifen.

    • Ne ganz und gar nicht, ich merke nur bei mir selbst wie dolle Verdauungsprobleme ich mit dem ganzen neuen Stoff bekomme. Und jetzt mal zugegeben es ist doch nicht sinnvoll alles nachzumachen. So toll wie es ist letztlich ist es schöner so zu malen wie du und wir sind ja an dir interessiert. Lese den Blog noch mal genau, bei mir geht es nie um Beschuldigung immer nur um meine Sorgen und Nöte und deren Lösungen. ich schreib ja das mir der wilde Mix Spass macht. Ich doch gar nicht das es nicht gut ist keinen Spaß macht, ich selbst versuche die wilde Mischung nur zu verdauen. Übrigens hatte ich auch ganz tolle Workshops. Ich liebe es…ich sag ja nur so viel nehmen wie man verdauen kann.
      Liebe Grüße Tine

      • Ok, dann habe ich beim Lesen wohl was rausgelesen, was du nicht reinschreiben wolltest. Ich hoffe, du hast die Nachwirkungen inzwischen verarbeitet, eine wilde Mischung war es in der Tat. Wenn ich versuchen würde, Linda Grey, Ian Fennelly, LK Bing, Pedro Alves und Matthew Brehm unter einen Hut zu bekommen, sähe das in der Tat schlimm aus und es würde nicht mehr viel von meinem Stil übrig bleiben. Ist das so die Richtung, die du meintest? Dennoch habe ich aus einigen dieser Workshops für mich etwas Wichtiges herausdestilliert (um mal beim Alkoholvergleich zu bleiben): Ich muss mehr auf meinen Fokus achten und weniger ist manchmal mehr. Das bedeutet für mich ein gezieltes „Weniger“, da ich vorher keine Schwerpunkte setzen konnte. Das nehme ich mit und es wird meinem Stil nicht schaden, im Gegenteil.

  2. Liebe Tine, vielen Dank für den neuen Beitrag (ich hatte Dich letzte Woche regelrecht vermisst 😉
    Mit den Einflüssen von anderen ist dass so eine Sache und ich finde Du hast es gut beschrieben. Etwas anderes sehen und daraus lernen, auch wenn es nicht in den eigenen Stil einfließt (wenn man denn schon einen eigenen hat). Finde ich immer gut.
    Ich kann da von meinen eigenen Erfahrungen der letzten Zeit reden. Vor gut einem Dreivierteljahr fing ich nach längerer Pause wieder an intesiv zu Zeichnen. Damals lernte ich die Arbeiten und die Arbeitsweise von Kiah Kiang kennen, wenn ich mich richtig erinnere sogar durch einen Beitrag von Dir und einen Blogbeitrag der deutschen Urbansketchers. Ich war so begeistert von dessen lockerem Stil – ich wollte unbedingt auch so arbeiten (Du erinnerst Dich vielleicht, wir unterhielten uns darüber). Heute weiß ich, dass es für mich nur ein Startschuss war, einen neuen eigenen Stil zu finden und auf dem Weg zu diesem bin ich heute. Und ich fühle mich sehr wohl auf diesem Weg. Und auf dem Weg sehe ich viele anders geartete Stile, ich finde sie gut, sind aber nicht meine. Auch von Deinen so lockeren Arbeiten bin ich begeistert, wollte zu Beginn auch so zeichnen, habe aber schnell gemerkt – das bin nicht ich! Aber Deine Denkweise ist zu Teilen in mein Denken eingeflossen. Nicht zuletzt kann es ja auch hilfreich sein, wenn man sieht, man ist mit seiner Sicht nicht allein. Hier haben mir Deine vielen Beiträge (ja, ich habe sie wohl alle gelesen) viel gegeben. So wie mir in frühen Jahren die Alten Meister gelehrt haben zu zeichnen und zu malen.
    Ich nutze heute immer mehr Zweige und Chinatinte, aber immer mehr um meinen eigenen Stil weiterzuentwickeln. Und die Ausflüge zu anderen Techniken haben mir geholfen, und sei es um zu wissen, dass es nicht mein Weg ist. Und der Weg ist noch weit, aber der Weg ist ja das Ziel …
    Liebe Grüße aus dem heißen Thüringen
    Rolf

    • Ich hab KK letzte Woche Mittwoch gesehen eine Gruppe Malayen hat sich mit der Manchestergruppe getroffen. Ich kann dich gut verstehen, es gibt mehrere Zeichner aus dieser Zeichenschule die einfach einen traumhaften Strich haben.Ich überlege sogar mal da einen Urlaub zu verbringen…es beeindruckt mich jedesmal enorm tief liebe Grüße Tiné

  3. Hallo Tine,
    die letzten Minuten, beim Lesen deines Blogs, haben mich noch einmal kurz in Gedanken nach Porto zurückversetzt. Vielen Dank dafür! Vor allem, da ich mehrere Anspielungen auf Personen gut entschlüsseln konnte. 🙂
    Mir hat an deinem Beitrag vor allem gefallen, dass du die Einflüsse der anderen Künstler auf deine Bilder so treffend beschrieben hast, wie z.B. die dunkleren Töne in deinem ersten Bild. Das konnte ich sehr gut nachvollziehen und finde es sehr spannend.
    Ich habe alle meine Workshops in Porto sehr genossen und von jedem etwas für mich mitgenommen, sie aber in ihrer Gesamtheit auch als Reizüberflutung empfunden. Von daher, denke ich, dass ich weiß, was du mit „verdauen“ umschrieben hast. Ich habe jetzt angefangen, einzelne Übungen/Vorgehensweisen noch einmal zu wiederholen und auf ihre Tauglichkeit für mich zu testen. Mal schauen, was dabei herauskommt…
    Viele liebe Grüße
    Anne

Schreibe einen Kommentar