Sieh es positiv!
Wenn Plan A nicht klappt, sieh es positiv, das Alphabet hat noch 25 weitere Buchstaben!
Es kann nicht alles klappen, eigentlich wollte ich diesen wunderschönen Platz in Malaga malen.
Aber ich befürchte die Sterne stehen heute nicht richtig.
Ich finde dieses Jugendstilhaus mit den Palmen davor einfach traumhaft. Gestern habe ich mich entschlossen dieses lauschige Plätzchen zu malen, aber ich habe einen Plagegeist mit Hund. Eine ältere Dame malt offensichtlich auch gerne und beschließt sich den Vormittag damit zu vertreiben mir beim malen zuzuschauen, auch nicht schlimm, nur dummerweise ist sie nicht durchsichtig und sie steht immer genau vor mir!
Positiv, leichter gesagt als getan!
Die Sonne scheint, doch dummerweise habe ich meinen Plagegeist. Nicht, dass mich die alte Dame stört, aber sie ist nicht positiv.
Wann immer ich etwas mache, was ihr nicht passt stöhnt sie, schnauft sie und rollt die Augen.
Ehrlich gesagt, bin ich nach einer Weile von dem ganzen Umfeld so demotiviert, dass sich hinschmeißen möchte!
Kunstkritik frei nach Beuys, setz mal einen Haufen drauf! Die ständige nonverbale Kritik meines Plagegeistes macht mich einfach fertig! Doch dann erleichtert sich ihr Hündchen fast in den Malkasten, puhh die härteste Kunstkritik meines Lebens. Bin ich hier in die versteckte Kamera geraten? Wie soll ich denn da positiv bleiben?
Kurz gesagt, wenig später bin ich soweit, dass es für mich nur zwei Alternativen gibt, entweder ich verschwinde oder ich drehe der alten Dame den Hals um.
Warum Kritik so schwer zu ertragen ist
Ich bin Mallehrerin und wenn ich Menschen das Malen beibringe, dann muss ich Dinge direkt ansprechen, denn wenn man etwas nicht direkt anspricht, dann kann man auch nicht darüber reden.
Kritik demoralisiert
Oft merke ich, wie die demoralisierend das für meine Schüler ist. Es dauert eine Weile bis meine Schüler begriffen haben, dass das keine Kritik ist sondern ein Gesprächsangebot.
Lehren ohne den Anderen zu verbiegen!
In der Kunst gibt es immer 1000 Möglichkeiten, ob etwas ein Fehler ist, hängt nur davon ab was der Maler oder Zeichner fühlt oder will.
Selbst ich als Zeichenlehrer, habe nicht das Recht die Aussage eines Bildes ohne Erlaubnis zu ändern.
Ständige Kritik macht einen unsicher und selbst Dinge, die sonst ganz leicht klappen, funktionieren nicht mehr.
Lernunwillig?
Als ich selbst lernte, habe ich etwas beobachtet. Wenn der Zeichenlehrer in mein Bild malte, verlor ich die innerliche Verbindung, selbst wenn das Bild viel besser war als vorher.
Und dann war ich total enttäuscht, weil das Bild nichts mehr mit mir zu tun hatte. Die Worte des Lehrers irritierten mich, selbst wenn es Lob war, denn es wurden oft Dinge gelobt die mir selbst überhaupt nicht wichtig waren.
Ich fragte mich unsicher, will ich gar nichts lernen? Kritik ist doch was Gutes!
Deshalb hänge ich heute als Lehrerin in einem totalen Zwiespalt, selbst konstruktive Kritik kann Bilder ungewollt negativ verändern. Einerseits muss ich Dinge ansprechen oder kritisieren um das fachliche Wissen zu vermitteln, andererseits möchte ich viel lieber fragen, sieht das für dich toll aus, hatte es dir Spaß gemacht, gefällt es dir? Oder wo willst du hin! Im Unterricht muss Kritik eine Anregung zum Spielen sein, kein Angriff auf den Menschen.
Das was die alte Dame auf der Straße macht ist allerdings Körperverletzung, denn hier geht hier Um das Negative. Die Macht des Bösen ist mit ihr! Die war mit Lukes Vater in zweiter Ehe verheiratet!
Was man sich leider in der Situation selten klar macht, wenn Sie mein Bild nicht leiden kann, dann soll sie ihr eigenes malen.
Kunst sollte unabhängig von Lob oder Belohnung und erst recht von Kritik sein
Wenn dich so ein Plagegeist erwischt, dann musst du dir immer ganz klar machen das dies deine Kunst ist! Alleine schon dass die Frau ständig schnauft, sorgte bei mir dafür, dass ich mein Bild gar nicht mehr so malen konnte, wie ich es wollte. Denn nun bei jedem Fehler fange ich an zu zweifeln und kann mein Bild gar nicht mehr so unbefangen malen wie ich es wollte.
Die Häuser im Hintergrund, die ich heiter und strahlend malen wollte, werden langsam aber sicher matschig und dunkel und mit jedem Pinselstrich sinkt meine Laune.
Es ist doch total erstaunlich, wie sehr man als erwachsener Mensch noch von Lob abhängig ist.
Letzte Woche hat in meinem Malunterricht Michele ein wunderschönes dunkles Bild gemalt. Ich war mit seinem Bild absolut zufrieden, weil es so andersartig war. Michele hingegen war mit dem Bild unzufrieden und hat es dann benutzt um das eine oder andere auszuprobieren. Dieses Verhalten ist absolut richtig, denn bei Micheles Bild geht es nicht darum ob es mir gefällt, sondern darum ob es Michele gefällt.
Mach dich unabhängig von Kritik, denn das ist ein ganz wichtiger Schritt zum Finden des eigenen Stils.
Leider war Michele, dann etwas unzufrieden, weil ich das Bild so mochte wie es vorher war. Ich möchte hier noch mal eines sagen: „Hey Michele, weiter so, es sind deine Bilder!“
Eigene Wege finden!
Für mich war es sehr schwer, es hat sich bei mir immer so sehr erwachsen an, wenn ich über solche Probleme rede. Tatsächlich aber hat es mir weh getan, wie bei jedem anderen auch.
Wer ist nicht traurig? Wenn man seine Bilder scheußlich findet!
Da sich meine Laune verdunkelte, musste ich ein anderes Bildkonzept finden, denn die strahlend schöne Laune die ich malen wollte, war einfach nicht mehr in mir.
Die Alternativen sind die Pläne B bis Z!
Letztendlich ist die einzige wirkliche Alternative, dass man ein misslungenes Bild dazu benutzt Neues zu erproben.
Manchmal geht das wirklich schief und das Bild ist nachhaltig verdorben, aber dann hat man auch etwas gelernt: Man hat eine ganz wichtige Erkenntnis gefasst, das funktioniert für mich nicht!
Oft verändert sich aber wirklich etwas im Bild, wenn man selbst positiv wird und Chancen erkennt! Plan B muss her, wenn der Plagegeist kontinuierlich vor mir steht, dann bleibt mir nichts anderes übrig als den Plagegeist zum Thema meines Bilds zu machen. Normalerweise habe ich immer Probleme damit Menschen nicht besonders schön zu malen, denn ich möchte ja niemand kränken. Diesmal darf ich ohne schlechtes Gewissen das unvorteilhafte Portrait proben!
Meine alte Dame ist die einmalige Chance endlich mal ein bisschen mit dem Stift zu lästern.
Dabei ist ein für mich sehr ungewöhnlicher Bildentwurf herausgekommen und ich konnte zufrieden grinsend mit einem guten Bild in der Tasche nach Hause gehen.
So gesehen war der ganze Tag ja völlig positiv, denn ich konnte endlich mal etwas üben was mir sonst sehr schwer fällt.
Wenn ich Euch eines mitgeben darf: Positiv denken hilft beim Malen enorm!
Ganz ganz herzliche Grüße aus dem Herz der Kunst
von Tine
Mehr zum Thema: Meine Skizzenbücher privat