Stadtmotive sind das schönste Chaos!
Stadtmotive sind einfach super, weil in der Stadt das Leben tobt. In jedem Motiv finden sich hunderte von kleinen Motiven. Und all diese kleinen farbigen Dinge bilden zusammen wie ein Mosaik ein neues Bild. Das macht ein Bild so bunt und schön wie das Leben.
Möchtest du ein Stadtmotiv malen, dann ist es deine Aufgabe, all diese kleinen Dinge zu einer Einheit zu verschmelzen.
Heute lade ich dich in meine Straße ein. Mein Zuhause ist krumm von den Jahrhunderten. Seit 1438 beobachtet mein Haus die Nachbarschaft.
Wie soll ich mit meinem Pinsel die Geschichte dieses Ortes erzählen?
Mein Stadtteil wird liebevoll Dalbe genannt. Die Dalbe ist ein kleines Zeitloch, schaut man auf die Gebäude, dann ist hier die Zeit stehen geblieben. Ein Dorf, das sich weigert zu erkennen, dass es in einer Großstadt liegt. Die Häuser hier sind uralt, das Leben jedoch pulsiert. Keiner braucht hier ein Auto. Jeden Tag flitzen hunderte von Fahrrädern über das Kopfsteinpflaster. Jeden Mittag treffen sich die Menschen zu einer Schüssel Eintopf im Spoon. Mit dem Löffel in der Hand trifft man sich zum Ratschen, hier werden Neuigkeiten und Stadtteilklatsch ausgetauscht. Ob mein Haus lächelt, weil es diese Nachbarschaft seit 500 Jahren kennt und sich doch so wenig verändert hat?
Stadtmotive malen- Zwischen Haus und Lebensgefühl
Wenn man eine Stadt malt, dann gibt es im Wesentlichen zwei große Hauptmotive. Das eine Motiv ist die bauliche Struktur, das andere Motiv ist das Leben in der Stadt.
Ich kenne viele Maler, die ihre Motive ohne Menschen malen. Ich kann dieser Betrachtungsweise nichts abgewinnen, denn eine Stadt wird erst sie selbst durch das Lebensgefühl der Menschen.
Wegen dieses Lebensgefühls lebe ich hier!
Deshalb reicht es mir nicht, wenn ich nur die bauliche Struktur male. Will man Stadtmotive malen, würde ich es auf diese Formel bringen:
Stadtmotiv = Kulisse + das Menschliche + die Dinge, die wir hier benutzen (Stadtmöbel)
Bringen wir es mal auf den Punkt: Um die Geschichte eines Ortes zu erzählen, muss ich etwas darüber erzählen, was die Menschen da tun! Dazu gehört der Mensch in seiner üblichen Tätigkeit und all das Zeug, was er leider verbraucht.
Auf das Wesentliche reduzieren!
Wer eine Szene illustrieren möchte, merkt recht schnell, dass nicht alles aufs Blatt passt.
Zuerst überlegt man sich, was alles drauf muss. Im meinem Fall: Was machen die Menschen hier? Mittagspause, essen und quatschen. Wie sind sie hergekommen? Zu Fuß oder mit dem Fahrrad.
Wenn ich all dies in ein Bild packen möchte, dann brauche ich den richtigen Bildausschnitt.
Der Bildausschnitt ist richtig, wenn er das zeigt, was ich zeigen möchte.
Alles andere kann weg. Die Geschichte konzentriert sich auf den Laden im Erdgeschoss, der Rest des Hauses ist nur ein wenig Kulisse.
Motive miteinander verschmelzen:
Stadtmotiv = Kulisse + das Menschliche + Stadtmöbel
Wenn man Stadtmotive malen möchte, dann muss man die drei oben genannten Punkte raffiniert miteinander verschmelzen.
Viele Maler bekommen Probleme mit den Menschen, weil sie zuerst das vermeintliche Motiv malen. Sie malen die Häuser zuerst, und müssen dann Menschen auf das Motiv malen, wo auch immer es möglich ist.
Die Menschen werden dunkel, weil man sie mit deckender Farbe auf das Haus malt.
Darunter leidet die Aussage des Bildes enorm.
Viel sinnvoller ist es, die Menschen im Vordergrund mit der Kulisse in Beziehung zu stellen.
Es muss sich ein natürliches Wechselspiel zwischen Haus und Mensch ergeben.
Jetzt möchte ich euch einen kleinen, aber sehr wichtigen Trick verraten: Es ist absolut sinnvoll, die Menschen nicht aufs Haus zu malen. Sondern die Menschen werden durch das Haus gemalt.
Was heißt das? Den Menschen durch das Haus malen?
Negativ -Technik: Mensch und Haus verschmelzen
Ich positioniere die Menschen im Bild so, dass das Haus sie am besten zur Geltung bringt. Ich male die dunklen Fensterscheiben, um die Menschen herum. Der Mensch entsteht durch das Malen der Fensterscheibe. So wird der Mensch zum Teil des Hauses. Die dunklen Farben der Fensterscheiben stützen die Menschen im Vordergrund.
Die dunklen Farben lassen die bunten Farben der Menschen strahlen.
Mensch und Haus werden in einem Zug gemalt, dadurch entsteht Einheit und gleichzeitig Tiefe.
Stadtmöbel verschmelzen :
Wo etwas passiert, gibt es viele Gegenstände im Vordergrund. Diese nenne ich Stadtmöbel. In der Stadt sieht es aus wie bei Hempels unterm Bett.
Großstadtmöbel gibt es meistens viel zu viele, deshalb muss man vor dem Malen aufräumen!
Dabei sollte man sich nicht als Opfer betrachten, du musst nicht alles malen, was du siehst! Die Stadt-Möbel sind absolut beweglich. Die Klappstühle und Tische stehen jeden Tag an einem klein wenig anderen Platz. Du musst nicht jede Tasche, jeden Mensch und jedes Auto malen.
Male genau das, was für deine Erzählung und die Seele des Ortes wichtig ist! Schiebe all die Kleinteile hin und her, bis sie dir helfen, dein Bild zu malen.
Verschmelzen zu großen Einheiten:
Wenn man diese Dinge gefunden hat, wie zum Beispiel die Stühle, dann muss man nicht jeden einzelnen malen. Ich fasse Tischplatten, Stuhlbeine, Bänke, Teller oder Flaschen zu einem einzigen großen Motiv zusammen. D. h. ich male sie nicht einzelnen, sondern einfach in einem Rutsch.
Ich tue so, als wenn alles zusammengehört. Dadurch entsteht ein einziger großer Gegenstand, und dies beruhigt das Auge des Betrachters enorm.
Ich würde diesen Gegenstand Stadt-Café nennen. Der Betrachter erkennt anhand der Stuhlbeine, die aus der Masse hervorschauen, was er vor sich hat.
Man hört auf, einen einzelnen Gegenstand zu malen, sondern malt nur noch die entstehende gesamte Silhouette.
Mein Tipp: Regelmäßig mehrere Gegenstände in einem Zug malen oder zeichnen. Dabei gehören die Augen auf das Motiv und der Stift oder Pinsel auf das Blatt. Nicht absetzen und nicht ständig kontrollieren, ob man auch alles richtig gemalt hat! Damit lernst du, den flüchtigen Blick eines Spaziergängers zu malen. Aus vielen Gegenständen wird ein Gegenstand, und das beruhigt das Bild.
Liebe Grüße ins Wochenende
Tine
Vielleicht ist dir aufgefallen, dass die Farben kräftig und trotzdem weich wirken. Es ist eine Mischung aus Aquarell und Gouache. Gouache erleichtert das Wechselspiel von hell und dunkel enorm. Warum? Mann kann das Licht in beide Richtungen malen, von hell nach dunkel wie im Aquarell. Aber auch genau anders herum, so das man das Licht zum Schluss auf die Dunkelheit setzt. Das macht dem Umgang mit Motiven spielerisch und besonders einfach.
Experimentieren macht Spaß – lasst uns ein neues Material erspielen!
Die Ateliers sind großzügig, haben viel Platz.
18.- 19 Februar Aarberg:
4-5 März Münchwilen:
18. -19 März Unterentfelden:
01. – 02. Apr. 2022 Unterentfelden:
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Weiterlesen bei Tine:
https://blog.herz-der-kunst.ch/menschen-malen-geselligkeit-im-bild/