Das habe ich mir anders vorgestellt!
Mit 15 habe ich mir das Altern folgendermaßen vorgestellt: Mit spätestens 35 ist man hässlich, alt und ignorant und alle müssen tun was man will! Ständig zwingen mich meine Eltern zu tun, was ich nicht will! Das habe ich mit 16 gedacht und ich wollte natürlich zu den Coolen gehören die im Alter unendlich schlau, seriös, würdevoll und wahnsinnig souverän sind.
Jawohl! Ich würde natürlich zur zweiten Gruppe gehören, aber bis dahin war ja noch 1 Million Jahre Zeit. Dummerweise bin ich über diesen Zeitraum irgendwie in Lichtgeschwindigkeit hinausgeschossen.
Pinsel und das Alter haben eins gemeinsam, hier ist absolut nichts so ist, wie ich mir das vorgestellt habe und Keiner tut was ich will!
(Für Kai genervt nach dem Pinselkauf)
Keiner tut was ich will!
Ich dachte zum Beispiel mit spätestens 40 bin ich total souverän. Natürlich bin ich souverän! Ich kann ganz souverän mit meinen Oberarmen winken. Das ist aber ganz und gar nicht das, was ich mir vorgestellt habe.
Und was ist mit: Jeder muss tun was ich will?
Hier tut keiner was ich will, nicht meine Waage, nicht mein Spiegelbild und auch nicht meine Pinsel.
Das Leben und Pinsel kaufen ist die pure Anarchie.
Ich habe immer gedacht, wenn ich erst mal genug Geld habe um mir coole Pinsel zu kaufen, dann tun die auch was ich will. Blöderweise sieht es mit meinem Leben und den Pinseln total anders aus. Es ist nicht so, das du dir den asiatischen Traumpinsel kaufst und der ist mega! Oft ist das was cool ausschaut beim Malen nur die halbe Freude. Die unscheinbaren vor der Kiste machen die Kunst.
Es ist eher wie Montagmittag, du guckst in den Kühlschrank und denkst:
“Ach du Sch…., wie ist denn das da alles da reingekommen und was kann ich aus dem Chaos kochen (malen).“
Das was ich mir vorgestellt habe, dass was ich bekommen habe und dass was ich will, sind drei völlig unterschiedliche Sachen.
Denn tatsächlich läuft es meistens völlig anders, z.B.: Ich kaufe einen Pinsel, denke dass sie ist die neueste Version des synthetischen Marderhaars und ich bin total entzückt. Während ich nach Hause laufe, habe ich das Gefühl, ich trage den besten Pinsel der Welt nach Hause. Synthethisches Maaderhaar! Und dafür musste noch nicht mal einem niedlichen, kleinen, armen und pelzigen Kuscheltier ein Haar aus seinem Hinterteil gerissen werden. Ich strahle, ach die Welt es großartig!
Der anarchische Pinsel und seine grausamen Angewohnheiten
Dann komme ich zu Hause an, stelle fest dass dieser blöde Pinsel überhaupt nicht das ist, was ich mir vorgestellt habe. Natürlich kann der nicht gegen meine Pinselsammlung anstinken, denn siehe oben, Eva ist eine Sünderin und die hat ein paar Pinselchen. Der Pinsel ist nicht weich und unendlich saugfähig.
Aber halt stop, das Ding hat eine unzerstörbare Spitze, großartig!
Das ist, als wenn man ein Schweden heiratet, und schokoladenbraune Babys bekommt.
Du kannst dich jetzt auf den Fußboden werfen und schreien, oder feststellen, dass die himmlische Macht mal wieder gnädig mit dir war und dir nicht das gegeben hat, was du willst, sondern das, was du brauchst.
Pinsel, die anders waren als gedacht
Ich möchte euch nun zwei Pinsel vorstellen, die völlig anders waren als gedacht. Ihr seht sie oben unter der Schachtel.
Dumm gelaufen und Glück gehabt in diese Gruppe fallen die folgenden Pinsel
Escoda Reisepinsel
Der erste Pinsel ist der Escoda Synthetic Sabel Reisepinsel. Er wurde in diversen Foren sehr kontrovers diskutiert. Genau den Pinsel hat Kai gekauft und fand ihn zum würgen…
Die Zusammenfassung: Die ein Lieben ihn, die anderen hassen ihn.
Ich mag den Pinsel, obwohl er absolut nicht das tut, was ich mir vorgestellt habe. Ein ruhiges Verteilen von Farbe ist mit diesem Pinsel einfach nicht möglich.
Seine Stärke ist eine unzerstörbare Spitze und er ist absolut reisetauglich.
Ich benutze ihn ein bisschen wie einen Stift. Er gibt Wasser eher wie ein Stift ab, ich stelle mit ihm viele kleine unruhige Strukturen her:
Von kleinen feinen Strukturen, wie bei den Blumen neben dem blauen Haus oder den Blättern des Ingwers hinter dem Zaun, der Pinsel malt entweder sehr sehr fein oder auch mal mit dickem Strich. Für Flächen ist dieser Pinsel überhaupt nicht geeignet. Dafür hatte ich ihn eigentlich gekauft. Das Wort Marderhaar hatte bei mir die Vorstellung von einem Pinsel geprägt mit dem man gut lasieren kann.
Pustekuchen, trotzdem bin ich mit im glücklich, wegen der großartigen, stabilen, und trotzdem flexiblen Spitze
Das ist jedoch durchaus wundervoll, denn man kann mit diesem Pinsel großartige Bilder machen. Ich warte noch auf genau die gleiche Erleuchtung, was ich mit meinen Augenringen tun könnte, es wäre doch großartig, wenn ich die am Finger tragen könnte.
So sieht es dann mit dem kleinen Strukturen des Escodas aus:
Mein heiß geliebter Flächenkünstler : Da Vinci Cosmotop
Eine Liebesehe mit dem Blödian
Ein anderes Beispiel für einen solchen Pinsel ist der große Flachpinsel Cosmotop von Da Vinci. Diesen Pinsel habe ich geschenkt bekommen und dachte:
Na, der ist ja voll idiotisch!
Wer schenkt denn einer Skizzenbuchkünstlerin mit klitzekleinen Motiven einen Pinsel der Größe Anstreicherpinsel?
Der vermeindliche Anstreicherpinsel entpuppte sich in meinen Händen als künstlerisches Feinwerkzeug.
Dieser Pinsel ist großartig wenn es um rhythmische Strukturen geht, die Palmblätter oben rechts sind mit diesem breiten Anstreicherpinsel getupft, genauso wie der Zaun oder die Brettstrukturen auf dem hellblauen Haus.
Die Stärke dieses Pinsel liegt in der Fläche und in der absolut feinen Pinselspitze.
Ja, Pinselspitze, natürlich ist es ein Flachpinsel, aber dadurch dass der Flachpinsel vorne auf der Längsseite so gebunden ist, dass die Haare fast wie eine bei einem Messer zusammenlaufen, kann man ganz feine Strukturen erzeugen. Mit anderen Flachpinseln geht es übrigens nicht so gut, es funktioniert bei mir nur mit diesem roten Pinsel von Da Vinci am besten. Eben weil genau dieser Pinsel ein bisschen ist wie ein Messer.
Zur Hochform läuft dieser Pinsel auf, wenn er das tut was man eigentlich mit einem Marderhaarpinsel tun würde, grosse Flächen lasieren. Er lässt der Farbe die Freiheit einfach auf einem großen ruhigen Wasserbett zu verlaufen.
Das gibt Bildern eine einzigartige und sehr klare Schönheit.
Der Witz ist, das man, wenn man mit dem dicken Pinsel arbeitet, extrem schnell und fokussiert ist, solche Skizzen entstehen in wenigen Minuten:
80 Prozent des Bildes sind mit dem breiten Flachpinsel von Da Vinci gemalt. So breit wie ein Drittel des Bildes. Die sehr feinen roten Striche und auch sehr feinen anderen Strukturen wurden wiederum mit dem Escoda, den ich eigentlich für dich Flächen gekauft hatte, eingefügt.
Pinsel lernt man mit der Erfahrung zu schätzen
Kein Mensch würde denken dass dieser Flachpinsel ein großartiger Reisepinsel ist, aber das ist er, denn er ist so kurz, dass man ihn einfach bei den Stiften verstauen kann.
Seither hab ich viel mit den Flachpinseln experimentiert. Zuerst habe ich sie gehasst, bin dann aber bei dem Roten hängen geblieben.
Dieser Pinsel ist wie mein Ehemann, ich habe ihn mit 4 Jahren im Sandkasten mit der roten Schuppe verdroschen, nachdem er mir einen Eimer Sand in die Hose gekippt hat (Schön die in die Brötchen rieseln lassen). Ich habe ihn gehasst. Erst viel später habe ich gemerkt, was er noch so zu bieten hat.
Herauskriegen was geht!
In dem Weihnachts- und Neujahrblog habe ich jeweils darüber geschrieben, wie man mit Erwartungen umgeht oder das ich in Ruhe Dinge auch mal mehrfach tue um einfach rauszukriegen was geht. Genau das habt ihr oben gesehen. Zweimal das gleiche Bild und trotzdem völlig anders gemalt. Jedesmal mit den gleichen 2 Pinseln, dennoch 2 ganz unterschiedliche Ergebnisse.
Ich glaube nicht das die Frage bei einem Pinsel ist:
Was kann er nicht?
Die Frage ist: Was kann der Pinsel in meinen Händen?
Was kann der Pinsel für mich tun?
Ist der Pinsel blöd, finde raus wo er charmant wird. Ich habe diesen Pinsel gehasst nun habe ich ihn vor liebe „abgegrabbelt“:
Liebe Grüße ins neue Jahr Tine
P.S.: Lieber Kai Lust und Frust Meine Pinselsammlung ist so heikel wie Eva´s Äpfel.
Noch mal ein Blick auf Tines Marschgepäck
Marschgepäck
Kleines Marschgepäck Reisekunstmaterial