Farbtemperatur, ein Begriff, der für Verwirrung sorgt!
Jeden Morgen, wenn ich schwimmen gehe, quieke ich und denke, die Temperatur des Rheins könnte ein wenig höher sein. Wenn das eisige Wasser über meinen Bauch schwappt, dann denke ich intensiv an das Wort Temperatur. Mal ganz ehrlich, Temperatur ist doch das Wort, das man in der Malerei am wenigsten vermuten würde.
Trotzdem ist wohl schon jeder von euch über das Wort Farbtemperatur gestolpert. Wenn man über Farbtemperatur spricht, dann geht es um kalte und warme Farben.
Jetzt ist der Begriff natürlich immer noch nicht klarer, denn man kann ja keiner Farbe ein Thermometer ins Hinterteil schieben.
Also steht die Frage im Raum:
Farbtemperatur , worum geht es? Und wozu muss ich das wissen?
Farben reflektieren das Licht in Wellenlängen und dies wird genauso wie die Temperatur gemessen. Die Masseinheit des Lichtes ist Kelvin.
Gott sei Dank, müssen wir es in der Malerei gar nicht so genau wissen. Trotzdem wäre es weit gefehlt zu denken, dass man bei dem Thema Farbtemperatur mit Halbwissen weiterkommt.
Wir alle wissen, wie wichtig Licht und Schatten für Bilder sind. Licht und Schatten sind gefühlt das Allerwichtigste. Denn würden wir das vergessen, würden wir das halbe Auge lahmlegen.
Das Licht wird mit dem Stäbchen im Auge gemessen. Jetzt wird klar, warum die Farbtemperatur so unglaublich wichtig für Bilder ist. Die Farbtemperatur spielt mit den anderen Sinneszellen des Auges. Würden wir die Zapfen außer Acht lassen, würden wir ebenfalls die Hälfte unserer Augenfunktionen ignorieren. Bei so einem wichtigen Thema kommt man nicht mit Halbwissen weiter, denn die Farbtemperatur hat Einfluss auf die folgenden Bereiche in der Malerei:
• Stimmung und Farbwirkung
• Tiefenwirkung eines Bildes
• Vielfältigkeit und die Aufmerksamkeit des Betrachters
Fassen wir das mal kurz zusammen:
In allen wichtigen Punkten der Malerei kommt man um den komischen Begriff Farbtemperatur nicht drumherum.
Deshalb lohnt es sich für jeden von uns, sich tief in das Thema herein zu knien. Das Ergebnis eines brillanten Umgangs mit Farbtemperaturen sind tolle Bilder.
Farbtemperatur – warme und kalte Farben
Im ersten Schritt muss man sagen, dass die kalten Farben in den Bereichen liegen, in denen Wellenlängen für bläuliche, violette oder grünliche Farben reflektiert werden.
Dementsprechend sind die warmen Farben Rot und Gelb. Eselsbrücke:
Das kann man sich einfach merken, Rot steht für Feuer und das ist warm, Blau steht für den Ozean und der ist kalt.
Auch innerhalb der einzelnen Farben gibt es warme und kalte Farben.
Selbst von der wärmsten Farbe,Rot, gibt es warme und kalte Versionen. Das Wichtige daran ist, dass sich ein Bild durch die benutzten Wellenlängen total verändert:
2800 K: Bei diesem Bild denkt bestimmt niemand an einen heißen Sommertag, das Bild wirkt kalt, aber dies ist nicht alles. Im Vergleich zur normalen Beleuchtung unten rechts wirkt das Bild flach. Achtet einmal darauf, das Auto wirkt in Blau kleiner und weiter weg, denn unser Gehirn interpretiert Blau als Entfernung. Deshalb werden in der Landschaftsmalerei entfernte Dinge in kalten Farben gemalte, weil Bilder durch die blauen Farben im Hintergrund Tiefe erhalten.
Handfestes Praxiswissen: Hintergrundfarben sind blauer, also kälter.
Jetzt schauen wir uns mal das Bild mit den 10,000 K an. Und wir sehen messerscharf! Haha, warme Farben wirken tatsächlich wärmer! Im Vergleich zum normal belichteten Foto unten rechts scheint dieses Bild an einem schönen, sogar heißen Sommertag aufgenommen worden zu sein.
Praxiswissen: Warme Farben wirken tatsächlich warm. Gutes Wetter, gute Stimmung
Schauen wir mal zum Vergleich auf 10.000k und 4500 K
Vergleicht mal die beiden Bilder:
Warm wirkt freundlich und fröhlich, 5500 K weniger wirkt klarer und sauberer.
Praxiswissen: kalte Farben können klar, sauber oder technisch wirken. Warme Farben freundlich, warm.
Das Spiel mit der Farbtemperatur am Beispiel:
Mein Mann lacht sich oft kaputt, er behauptet, man könnte mich an jeder Straßenecke der Welt absetzen, und ich hätte dann schon meinen Spaß.
Zugegeben, ich bin ein Nerd, gibt man mir ein Thema, dann macht es mir unendlich viel Spaß, spielerisch alle möglichen Varianten auszutüfteln.
Was dabei rauskommt, das zeige ich euch jetzt:
Ich möchte euch das Thema Warm und Kalt an einer Straße in Amsterdam zeigen. Diese Straße ist besonders imposant und deshalb habe ich mich dort immer wieder mit Freunden zum Malen getroffen.
Insgesamt gibt es 8 Bilder der gleichen Straße. Langweilig wird dies nie, denn das Thema Licht und Farbe wird nie langweilig. Es ist das Spiel mit Stäbchen und Zapfen im Auge.
Das Auge unterhalten:
Zuerst einmal meine Bierdeckelskizzen, so taste ich mich an ein Motiv heran. Eine kleine Skizze im Abendlicht, die Straße wirkt rosarot und warm.
Noch mehr bekommt das Auge zu sehen, wenn sich Kalt und Warm abwechseln. Doch auch das warme Rot ist ein kaltes unter den Rottönen, dadurch wirkt das Bild leicht aggressiv:
Weicher wird es, wenn sich mehr warme Töne zum Blau gesellen. Zu den leuchtenden Tönen gesellen sich auch gebrochene Töne. Neutrale Farben machen es weicher. Die gleiche Straße, aber der Blick vom rechten Bordstein.
Tipp: Das volle Spektrum, kalt, warm und neutral, machen Bilder interessant.
Ein warmer Hintergrund bei kalter Farbe:
Was passiert, wenn man in einem Bild großflächig mit kalten Farben malt, haben wir oben an dem Beispiel mit den kleinen Auto gesehen.
Hätte ich hier einen blauen Himmel gewählt, wäre keine warme Abendstimmung entstanden, sondern ein Bild, das an ein Aquarium erinnert hätte.
Der großflächige Auftrag von Orange im Hintergrund sorgt für eine freundliche Stimmung im Bild.
Praxistipp: Das Gegenspieler-Prinzip, Kaltes wird durch Warmes belebt und umgekehrt!
Das sieht man auch hier wunderbar, der warme rot-orange Kern des Bildes wird von kälteren Tönen umrahmt.
Das Auge hat Zapfen. Wenn wir ein Bild ohne Licht und Schatten betrachten, dann wirkt dies für uns flach. Ganz ähnlich ist dies, wenn wir nur in einer Farbtemperatur arbeiten. An dem Bild des Kleinwagens sehen wir, dass das Bild auf uns uninteressant und flach und entfernt wirkt, wenn alles Blau erscheint.
Schaut euch einmal dieses Bild an, ich habe die Rottöne herausretuschiert. So ein Bild nennt man monochrom oder analog, sprich, es ist weitgehend in einer Farbe gemalt. Fehlen starke Hell-und-Dunkel-Kontraste kommt die Skizze schwer in Schwung. Das Auge wird nur mäßig angesprochen.
Fügt man jedoch eine Spur der Komplementärfarbe hinzu, wird das Bild gleich lebendiger.
Ein riesiger Unterschied, oder?
Praxistipp für monochrome Bilder:
Bei monochromen Bildern muss man darauf achten, dass das Weiß nicht verschwindet.
Es ist sehr hilfreich, viele verschiedene Tonwerte und die Farbe stark in Kalt und Warm zu variieren.
Ein kleiner Hauch der komplementären Farbe bringt Leben ins Spiel.
Der Gegenspieler:
Das Gegenspielerprinzip ist wirklich sehr praktisch, deshalb arbeite ich gerne und viel damit. Es gibt ein Bild von Mutter Theresa und Lady Di, die eine krumm, klein und faltig, die andere strahlend, groß und geschminkt. Ein tolles Foto, das den Gegensatz raffiniert nutzte. Der Gegensatz ließ die Unterschiede extrem augenfällig werden. Das Prinzip kann man auch bei der Farbtemperatur nutzen, weil das Auge vergleicht.
Praxistipp: Wird das Bild weitgehend in einem Farbtemperaturbereich gemalt, tut es dem Bild enorm gut, den Hintergrund im anderen Farbtemperaturbereich zu gestalten.
Hier wird der Gegenspieler etwas anders gemalt. Eine Farbtemperatur umzingelt die andere.
Praxistipp: Kalte und warme Farben so anordnen, sodass das Auge die Unterschiede nicht ignorieren kann.
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