Eine gute Bildgestaltung, ist wie ein guter Satz!
Zeichnen und Malen sind eine Sprache! Viele Menschen machen dabei die gleichen Fehler, die sie machen, wenn sie beim Sprechen verunsichert sind und unbedingt recht haben wollen.
Ein Beispiel dafür ist Behördensprache. Behördensprache ist immer korrekt! Und nicht wenige Leute zeichnen auch immer korrekt!
Das Dumme daran ist, dass diese Art von Sprache weder sympathisch noch freundlich ist. Korrekt sein bedeutet nicht, dass man verständlich ist, und es bedeutet schon gar nicht, dass man dem anderen hilft, diese Sprache zu verstehen.
Neulich bekam ich einen Behördenbrief, der Satz, mit dem ich aufgeklärt wurde, hatte 77 Wörter.
Nach ca. 14 Wörtern hatte ich den Faden verloren und dachte, es ist etwas ganz Schreckliches. Der Satz hinterließ mich ratlos und aggressiv. Obwohl er absolut neutral und rechtssicher formuliert war.
Tatsache ist doch, jeder ist genervt, wenn er nicht auf den ersten Blick sieht, worum es geht. Diese Tatsache ist nicht nur bei Briefen so, diese Tatsache bezieht sich auf fast alles, auch auf Bilder und Zeichnungen. Eine gute Bildgestaltung ist genauso wie ein guter Satz, knackig, verständlich und aussagekräftig.
Und jetzt möchte ich die Frage stellen:
“Wieso zeichnen dann so viele Menschen, als hätten sie das Zeichnen in einem Kurs für Behördendeutsch gelernt?“
Klar und verständliche Bildgestaltung
Wenn man die Umwelt zu Papier bringt, dann muss man klar und verständlich zeichnen, denn sonst ist der Betrachter genervt oder gelangweilt.
Wenn du das Zeichnen als Sprache betrachtest, dann würdest du ja auch niemandem alle Fenster, die du im Urlaub gesehen hast, beschreiben.
Kämst du aus Barcelona und würdest einer Freundin alle Fenster, die du in Barcelona gesehen hast, beschreiben, würde dir deine geliebte Freundin rasch empfehlen, zum Psychiater zu gehen.
Wenn wir allerdings zeichnen, dann glauben wir, wir müssten jedes einzelne Fenster zeigen.
Dies tun wir in dem festen Glauben, dass wir auf der richtigen Seite sind, denn wenn wir alles zeigen, muss auch alles richtig sein. Leider ist man mit dieser Art des Zeichens nicht auf der richtigen Seite, denn der Betrachter verliert in der Menge der Informationen den Überblick und damit auch die Lust, dein Bild zu betrachten. Dann wirkt dein Bild wie der grauenhafte Satz mit 77 Wörtern. Wenn er den Betrachter nicht verschreckt, dann langweilt er zumindest zutiefst!!
Bildgestaltung bedeutet zuallererst, sich klarzumachen, was wichtig ist! Damit keine Bilder mit 1000 Details entstehen.
Strategien des Weglassens bei der Bildgestaltung!
Weglassen aber was? Tatsächlich brauchst du davor keine Angst zu haben, denn es gibt eine ganze Reihe von Methoden, wie man überflüssige Dinge in Bildern weglassen kann.
Einige Maler benutzen Licht und Schatten, um zu reduzieren. Sie malen nur die Licht- oder Schattenseite eines Hauses.
Diese Methode ist sehr smart und deshalb möchte ich Sie ausführlich in einem anderen Blog beschreiben.
Meine Methode der Bildgestaltung ruht auf einem anderen Prinzip. Ich nenne sie Hänsel und Gretel Methode, dazu aber später.
Die Beobachtung des Blickes – Das Motiv festlegen.
Zuerst überlege ich mir, was ich tatsächlich gesehen habe. Das hört sich jetzt schon wieder witzig, tatsächlich sehen wir aber nicht alles von dem was wir vor den Augen haben.
Hier stehe ich auf dem Rümelinsplatz-Platz in Basel. Ich wohne in der Altstadt und hier haben alle Häuser unendlich viele kleine Details. Manche der Häuser sind bemalt, viele haben winzige Fenster und obendrein auch noch Fensterläden. Wenn ich dies alles in mein 20 cm Bild pressen wollte, würde man gar nichts mehr sehen.
Also überlege ich mir zuerst was ich von dem Sujet tatsächlich wahrgenommen habe. Wir saßen mittags auf den Platz und der Brunnen leuchtete in der Sonne. Aha!
Schritt eins der Bildgestaltung: ich lege fest, dass der Brunnen der wichtigste Grund ist, warum ich dieses Bild male.
Das Motiv steht fest! Und dies beeinflusst das komplette Bild.
Ich mache mir klar, dass meine Augen den Brunnen fokussieren und dass die Details des Motivs dahinter verschwimmen.
Zuerst male ich den Brunnen, dies mache ich, indem ich nicht den Brunnen male, sondern die Grundformen der Häuser dahinter. Die Häuser male ich sehr zurückhaltend, ich male die gesamte Straße an einem Stück. Alles erhält eine Farbe von Siena gebrannt, bräunlich oder rosa. Wichtig ist, dass ich mir klar mache, dass die Häuser nicht viele Details brauchen, denn mein Brennpunkt und der Fokus meines Blickes ist auf den Brunnen geheftet. Was sich also male ist die Form der Straße.
Details haben in dieser Phase des Malens und der Bildgestaltung noch nichts zu suchen, denn die Details werde ich später benutzen, um den Blick zu steuern.
Ich male die pure Silhouette, einfach weil sie hinter meinem Brunnen steht.
Dies gilt auch für alles andere, Du wirst feststellen, dass auch die Bäume wenig Details haben!
Dies gilt für alles, nur nicht für den Brunnen:
Bei dem Objekt meiner Begierde gebe ich richtig Gas!
Beim Brunnen bin ich sehr freigiebig mit Licht und Schatten, kleinen Details aber auch mit der Farbe.
Die Hänsel- und Gretel -Methode.
Während ich den Ort male, stelle ich allerdings fest, dass mich weitere Dinge interessieren. Natürlich will ich nicht alles weglassen, ich möchte den Ort und seine Stimmung angemessen zeigen.
Wenn ich den Brunnen betrachte, dann kann ich nicht gleichzeitig das Spielzeuggeschäft dahinter betrachten. Deswegen gestalte ich den Hintergrund hinter meinem Hauptmotiv sehr neutral.
Trotzdem gibt es aber immer Dinge, die den Blick anziehen. Und jedes Bild sollte Menschen enthalten. Denn erst Menschen beleben Bilder
In der Innenstadt von Basel gibt es immer viele Touristen und Spaziergänger. Denn meine Stadt ist schön. Auch diese Spaziergänger gehören Zustimmung des Ortes, und deswegen plane ich auch für sie von Anfang an einen Platz ein.
Und trotzdem sind Menschen nicht das Einzige, was einen Ort bestimmt.
Deshalb beobachte ich regelmäßig meinen Blick.
Ich bemerke das meine Augen regelmäßig die Straße heruntergleiten. Mich interessieren die Menschen, die die Straße hinauf kommen genauso wie die schönen Dächer die auf die Kirche zu laufen.
Mein Ziel ist es dem Betrachter zu zeigen, was ich gesehen habe!
Ich lade die Menschen ein durch meine Augen zu schauen.
Damit der Mensch auch begreift, wohin wir gemeinsam schauen, setze ich ganz am Ende meines Bildes die Details gezielt ein.
Ich streue sie wie Hänsel und Gretel das Boot, entlang meines Blickweges.
Meine Details haben den gleichen Zweck wie das Brot bei Hänsel und Gretel, sie zeigen den Weg!
Wenn wir jetzt mal ins Bild schaust, wirst du feststellen, dass dein Blick zuerst auf den Brunnen gleitet. Dann schaust du entlang der Straße, denn nur entlang der Straße gehen ein paar kleine Details in die Tiefe des Bildes.
Hatle die Menschen, die dein Bild betrachten nicht für dumm, sie begreifen auch anhand weniger Zitate und Details, wie es dort ausgesehen hat.
Tatsächlich übermittelt das weniger mehr Information, als wenn man das Bild mit 1000 kleinen Dingen vollgestopft. Der Betrachter hat bei wenigen Dingen die Möglichkeit sie wahrzunehmen.
Liebe Grüße ins Wochenende
Tine
https://blog.herz-der-kunst.ch/menschen-malen/
Die Kunst des Weglassens! Was lässt man weg?