Weihnachten trage ich super gern all mein Geld in den Kunsthandel, ihr bestimmt auch!? Und dann frag ich mich: Welche sind die richtigen Farben? Und wie kriege ich die für wenig Geld? Diese Frage treibt mich seitdem ich Teenager bin. Um dieser Frage auf die Spur zu kommen, war ich bei Schmincke Künstlerfarben:
Aquarellkästen sind teuer!
Ich habe mir vor 25 Jahren meinen ersten richtigen Aquarellkasten gekauft. Ich hatte einen sehr mangelhaften Schulkasten und habe ständig sehnsüchtig auf die Kästen der Anderen geglotzt. Ich komme aus Witten/Herdecke und habe in einem Atelier, welches die Farben für das Boesner Mutterhaus testete, malen gelernt. Deshalb wusste ich also sehr genau was gute Farben sind.
Ein großer Aquarellkasten sollte es sein, mit geilen Farben! Nur leisten konnte ich mir den nicht. Ich suchte nach Alternativen. Das Erste was mir auffiel war, dass der „gute Stoff„ grausam teuer war. Als Studentin arbeitete ich nachts in der Post und ein Kasten kostete 120 DM, also gefühlt so viel wie eine Mercedes S-Klasse.
Alle versicherten mir, ich würde daran jahrelang Freude haben, doch was nützte das, ich hatte das Geld nicht.
Um genau zu sein, ich musste mich durch 2 volle Nachtschichten quälen um ihn zu bezahlen. Eigentlich hätte ich das Geld eher ein Paar neuer Schuhe investieren müssen, denn ich konnte drei Monate lang nicht mehr auf dem Skateboard bremsen, weil ich Angst hatte der Schuh fällt mir dabei vom Fuß. Ein Fehlkauf wäre mehr als grausam gewesen, denn der Kasten kostete so viel wie 2 Paar Schuhe.
Warum sind gute Farben eigentlich so teuer?
Farbkästen sind auch heute noch sehr teuer. Warum eigentlich?
Auch wenn wir das Gefühl haben jeder malt, so ist es nicht. Tatsächlich rotten sich Menschen mit den gleichen Interessen zusammen und nur wenige Gesellschaftsschichten malen überhaupt. Auch wenn uns das nicht so vorkommt, wer malt der gehört meist zu der kulturellen Elite eines Landes.
Unsere Farben sind so teuer, weil selbst Firmen die Weltweit Farben verkaufen für die geringen Mengen keine industrielle Produktion aufbauen können. Die Folge ist das jede einzelne Farbe mit der Hand gemacht wird.
Jede unserer wundervollen Farben wird mit der Hand gemacht.
Ich weiß nicht wie viele von euch wissen wie Farbe gemacht wird, ich zeig euch das jetzt mal, denn gerade beim Einkauf ist dieses Wissen wichtig.
Sind es die Pigmente die unsere Farben so teuer machen?
Ja und Nein. Natürlich sind Pigmente aus Halbedelsteinen edel und teuer. Aber heute ist es bei weitem nicht mehr so mühsam Pigmente zu gewinnen wie früher und auch synthetische Herstellung von Pigmenten ist mittlerweile üblich.
Alle Bilder sind direkt bei der Firma Schmincke aufgenommen die gerne zeigt was in der Farbe steckt.
Ehrlich gesagt bin ich dankbar das Indisch Gelb nicht mehr aus mühsam getrockneten Kugeln aus Kuhpisse gestampft wird. Wer von uns hat nicht mal beherzt einen Schluck Malwasser genommen! Kopfkino! IIIIIGITTTTTTT nicht dran denken!
Auch Caput Mortum wird dankenswerterweise nicht mehr aus Blut gewonnen, das Kremserweiß heißt nun Kremserweißton und enthält kein Blei mehr und genauso wie Chromgelb entchromt wurde. Gott sei Dank , denn in meiner Jugend sind noch einige der Künstlerfreunde meiner Großeltern mit Blei, Chrom und Arsenvergiftung umgekippt.
Machen die Pigmente den Unterschied zu guten Farben?
Überraschenderweise haben viele Hersteller die gleichen Pigmente drin!
So lagern Pigmente, die Vorstufe vom Paradies:
Hier das tolle Pigmentlager der Firma Schmincke. Die Rohstoffe kommen aus aller Welt.
Trotzdem gibt es Qualitätsunterschiede warum?
Der Unterschied ist das drumherum der Füllstoff, die genauen Rezepte der Farbe sind bei jedem Pigment anders.
Eigentlich sieht es bei Schmincke aus wie in einer Bäckerei. Geheimrezepte und Rührschüsseln und Fett.
Wenn das Pigment hinzu kommt wird der Teig jedoch ganz anders als beim Bäcker:
Das wäre mal was! Ein 900 gr. Farbeimer mit einer meiner Lieblingsfarben: Opera Rose.
Hihi, ich glaub ich würde mein Haus damit streichen! Pures Pigment ist ergiebig.
Der Qualitätsunterschied!
Ich weiß seit meiner Kindheit,wie man gute Farben macht. Ein Freund meines Großvaters saß mit einem riesigen Mörser im Atelier. Und ich wunderte mich über den verrückten alten Mann der immerzu Erde zerrieb. Aber so macht man gute Farben, je feiner das Pigment zerrieben wird desto brillanter werden die Farben.
Heute macht man dies so:
Auf dem Foto sieht man die Herstellung einer Ölfarbe bei Schmincke, Aquarellfarben werden ebenfalls so gemacht.
Im Prinzip passiert hier nichts anderes als beim Mörsern. Ein Mitarbeiter schaufelt den vorgemischten Pigmentbrei in eine Walze, in dem die Pigmente immer feiner gemahlen werden. Dieser Prozess wird bis zu vier Mal wiederholt . Nach jedem Durchlauf wird die Farbe immer brillanter und glänzender.
Tatsächlich wird jeden Tag des Jahres eine andere Farbe gemacht, alles in Handarbeit und das macht den Preis. Die Farbenproduktion ist keine Industrie sondern Handarbeit.
Augenwischerei durch Füllstoffe
Der Preisunterschied entsteht oft durch Füllstoffe. Wer das nicht weiß, bekommt mit Kusshand einen Haufen Weiß in Form von Kreide verkauft. Bei Acrylfarben ist dies besonders verbreitet.
So auch der Unterschied zwischen Pastellen und Pastellkreiden. Pastelle sind das „gute Zeug“ mit ausschließlich reinen Pigmenten und etwas Bindemittel. Pastellkreide kann schwerlich leuchten, da dort zusätzlich Kreiden mit untergemischt werden.
Bei Schmincke werden reine Pastelle hergestellt.
Pastelle sind reine gepresste Pigmente und etwas Bindemittel, deswegen sind sie auch so zerbrechlich. Der Aufwand solche Pastelle herzustellen ist enorm, denn alles muss per Hand ganz vorsichtig hergestellt und einzeln verpackt. Jedes Pastellstift muss wie ein rohes Ei behandelt werden.
Bei jeder Farbe ist der beste Geldspartipp so viel Pigment wie möglich, da dies die Farben sehr ergiebig macht!
Deshalb beim Kauf von Farben immer unbequeme Fragen stellen.
Lichtechtheit
Starke Farben heißt nicht nur schöne Farbe, sondern auch Lichtechtheit.
Farben können sich unter Sonnenstrahlung stark verändern. Wer seine Bilder an die Wand hängen möchte braucht auf jeden Fall lichtechte Farben. Ob sie lichtecht sind findet ihr auf der Banderole, auch hier lohnt sich die Kontrolle,denn nicht alle Firmen produzieren lichtechte Farben.
Die Farben lümmeln unter der Höhensonne
Besonders beeindruckt haben mich die Lichtteste bei Schmincke, zweieinhalb Jahre werden die Farben auf dem Dach getestet. Zusätzlich werden Teststreifen bestrahlt um ganz sicher zugehen.
Wo stecken die meisten Pigmente bei Aquarellfarben drin?
Starke Farbe heißt häufig auch viel Pigment.
Natürlich gibt es auch schwach färbende Pigmente die sehr Edel sind. aber das ist eine Ausnahme.
Farben aus der Tube leuchten stärker!?
Sind Tubenfarben besser als Näpfchen?
Irrtum! Doch die meisten Aquarellmaler glauben Tubenfarben seien viel besser als Näpfchen!
Tubenfarben sind feucht! Hey da ist Wasser drin! Und dann entsteht der Effekt den ihr bei Steinen kennt, der Stein ist am Strand nass und er hat eine ganz tolle Farbe. Der Stein trocknet und ein großer Teil der Farbe verschwindet.
Tubenfarben sind auf den ersten Blick strahlender doch in ihnen stecken die gleichen Pigmente wie in den Näpfchen.
Wenige Menschen wissen wie Farben wirklich hergestellt werden und deshalb kommt es zu diesen Fehleinschätzungen.
Geldspartipp Näpfchen
Tubenfarben sind prima, aber ich verrate euch jetzt ein wie man an viele Pigmente für weniger Geld kommt. Wer Geld sparen will sollte auf Tubenfarben verzichten.
In den Näpfchen wird die Farbe immer wider verdichtet und getrocknet. Hier seht ihr wie eine neue Schicht Farbe auf die getrocknete Farbe aufgetragen wird.
Das passiert immer wieder, auffüllen und trocknen im Trockenschrank.
Ab in den Backofen, damit das überschüssige Wasser verdampft. Zurück bleibt ein hochpigmentiertes Näpfchen ohne Flüssigkeit.
Näpfchen sind der Trick
Ein Näpfchen braucht 12 Wochen bis es voll ist! Es es immer wieder aufgefüllt und dann im Ofen getrocknet wird! 12 Wochen! Kein Witz einfüllen, trocknen immer wieder.
Ein Näpfchen Aquarellfarbe ist eine Farbbombe!
Ich schätze, dass in einem Näpfchen 6 mal mehr Pigment ist als in einer Tube.
Mein Tipp mach das Näpfchen zur Tubenfarbe:
Sprüht den Kasten mit einer kleinen Wasserflasche an, dann werden die Farben oben drauf weich und sie lassen sich genauso gut verarbeiten wie die Tubenfarben. Ich mache das zweimal bevor ich anfange zu malen. Einmal Zuhause und dann noch einmal auf der Straße. Ich weiß, dass der Labortechniker von Schmincke mich jetzt persönlich erwürgen möchte, weil ich seine super Farben misshandele.
Ich weiß genau wie empört der guckt, wenn man so was sagt: Da muss er durch und seine Farben auch. Viele erfahrene Künstler machen das immer so und die Farben halten das aus. Wichtig ist, dass ihr den Kasten dann zu Hause öffnet und trocknen lasst, damit die Farbe nicht gammelt.
Viele, viele tolle Pigmente!
Der ultimative Tipp ist jedoch die großen Näpfe zu nehmen:
Die Verwendung von großen Näpfchen spart noch mal viel Geld, denn da ist doppelt so viel Farbe drin.
Ich habe damals meinen ersten Kasten übrigens gebraucht gekauft, halb leer und dann habe ich ihn ganz langsam aufgebaut. Denn Kasten habe ich immer noch, mein Schatz ist nun 25 Jahre alt rostig und verbeult, pure Sentimentalität.
Ich danke der Firma Schmincke ganz herzlich, dass ich ihnen regelmäßig Löcher in den Bauch fragen darf und dass sie mich trotzdem hinter die Kullissen schauen lässt, obwohl sie weiß das ich eher unortodoxe Sparfuchs-Tipps gebe.
Wie man einen Kasten selbst bestückt und aufbaut, darum geht es nächste Woche.
Liebe Grüße
Tine