Malen lernen, eine Expedition ins Unbekannte

 


Wir sind eine Expedition


Für Markus, Thomas und Albin  aus Zürich

Während eines guten Gespräches und einem Glas Wein steckte mir Thomas ein Büchlein zu. Das kleine Büchlein enthielt Künstlersprüche. Einer davon hat mir ganz genau erklärt, warum ich so gerne Male.


Ein Bild ist eine Expedition ins Unbekannte


 

Mals hülerin von Tine Klein im Wald vor der Kunstschau in Worpswede

Irgendwo stand: Ein Bild ist eine Expedition ins Unbekannte, das hat mich mitten ins Herz getroffen!

Ich liebe es! Denn es ist der Alltagstrott, der mich am schnellsten innerlich tötet. Ich suche jeden Tag den abenteuerlichen Blick auf die Welt. Wahrscheinlich male ich deshalb jeden Tag so gerne denn es ist immer anders. ich kann meinen Alltag sehen und er ist so aufregend wie der Dschungel am Amazonas.

Natürlich plant man ein Bild ebenso wie eine Expedition genauestens, doch genauso wie bei einer Expedition fehlt einem im Bild die Fantasie um auch nur zu erahnen, was in einem unerforschten Gebiet passiert. Wenn man  die Füße das erste Mal auf die Ufer des Amazonas setzt und einem aus den tiefen des unerforschten Smaragd grünen Waldes goldene Augen anfunkeln, dann ist alles anders, das Herz rutscht in die Hose und plötzlich wissen wir:

Buchwissen nützt Dir gar nichts!

Genauso ist Malen eine Expedition ins Unbekannte. Man fängt an, alles ist geplant und wenige Sekunden später weißt du:

Oh Schiet! Alles ist Anders!

Planen ist gut, das braucht es auch, aber die Realität sieht ganz anders aus.

Die unglaubliche Masse der Dinge, die man beim Malen sieht, erschlägt einen, von einer Sekunde auf die andere steht man mitten im Dschungel.


Der Dschungel der Dinge


Malen lernen fasziniert mich seid je her, denn ich sehe plötzlich Dinge! Es ist als hätte man Halluzinationen, es tauchen Dinge auf die ich vorher niemals gesehen habe, obwohl, alles natürlich immer schon da war! Allerdings braucht man bei dieser Form des Sehens keine Tabletten vom Arzt; ein Stift und ein Skitzenblog helfen genauso.

Will ich all den Krempel sehen? Ja, ich will!

Gerade das ist ja die Faszination des Malens, eine neue Sicht auf die Welt und das man so unglaublich viel mehr sieht. Aber ich will mich trotzdem nicht von der Masse der Dinge ,die ich plötzlich sehe, erschlagen lassen, denn dann wird der Dschungel zum undurchdringlichen Dickicht.


Die süßen Früchte finden


Jetzt muss ich die Dinge im dem Chaos finden die richtig gut sind. Bei einer Expedition ins Unbekannte ist es immer gut, genau hinzusehen. Bei der Malerei auch, denn wenn man nicht nachdenkt, dann muss man die bittere Frucht schlucken, dass das Bild nicht wird was man will. Genauso wie bei einer Expedition mache ich einen Plan, der mich genau dahin führt wo ich hin will.

Hinwerfen oder ins Skizzenbuch beißen, könnten viele meiner Schüler, wenn mal wieder alles nicht so ist wie geplant

Doch welcher Forscher wirft schon hin, wenn der Amazonas anders ist als der Vorgarten?


Pläne ändern sich!


Es gibt zwei Varianten der Schüler, die einen planen überhaupt nicht. Sie machen zwar eine absolut genaue Vorzeichnung, aber dann gerät alles beim kolorieren außer Kontrolle. Die andere Art des Schülers ist so vorsichtig, das man Vorzeichnung und Farbe kaum sieht.

Diese Art des Forscher würde sich nur im schweren Schutzanzug einer Mücke am Amazonas nähern.

>Leg los du kannst Dich nicht vor dem Unbekannten schützen!

Das ist eine meiner Expeditionsplanungen, Farben und Motiv sind analysiert. Eine 3 min Skizze hilft mir mich in meinem Bild zu orientieren..

Regelmässig passiert es mir, das der Plan sich nach wenigen Sekunden ändert!

Planänderung bringt Freude und Frust

Eine Schülerin sagte, ich könnte jedesmal weinen, wenn es nicht so ist wie ich will.

Tatsächlich verändern sich Bilder aber so schnell, dass man sich ständig fragen muss: Was brauche ich jetzt!

Man darf Pläne ändern, Sie sind nur eine Orientierungshilfe!

Trotz des Plans verändern sich meine Bilder ständig. Oft sind es die Bilder die am besten werden von denen ich dachte sie sind total versaut.

Ein bisschen vom Plan steckt drin. Und 20 Minuten später gibt es wieder ein Bild in dem ein bisschen Plan steckt.

Motto des Tages: Was interessiert mich meine blöde Meinung von Gestern!

Eines ist wichtig, das Genießen beim malen nicht vergessen! Forscher müssen die süßen Früchte suchen und es wäre sehr idiotisch all die Zwänge der Zivilisation mit in den Dschugel zu nehmen

 

Liebe Grüße von uns aus Worpswede.

 

Sonne , Sylt und Skizzenbuch!

Es gibt immer etwas was einen abhält…Pessimisten haben es echt schwer. Besonders in der Kunst denn aller Anfang ist schwer.

Ein Pessimist denkt erst regnet es, dann schneit es…

Aber das Leben ist anders, es belohnt die die sich auf den Weg machen, erst regnet es und dann scheint die Sonne.

Wer sich mit dem Skizzenbuch auf den Weg macht, der füllt das Leben mit Erlebnissen. Hier seht ihr mich nach getaner Arbeit an einem wunderschönen Sonnentag am Meer zufrieden in die Sauna wackeln.

Nach dem gestrigen Wintertag mussten  wir heute Sonnenbrillen beim Malen tragen.

Aber bei solchen Tagen kommt es nicht nur auf das Malen an, man darf das Leben feiern, man sieht das Schöne.

Wer auf das Schöne schaut, der züchtet Schönes in sich

Da geht’s lang! Das Skizzenbuch holt mich aus meinem Dasein als Stubenhocker heraus, es treibt mich an die stürmische Nordsee und in den Sonnenuntergang.

Liebe Grüsse von Sylt

 

 

Malreise, Sketchen extrem!

Der Frühling kommt, hat Sylt aber noch nicht eingeholt! Trotzdem macht so eine Malreise bei jedem Wetter richtig Spaß.


Kalt ist es ! Aber Sketchen ist eine Leidenschaftschaft…


Der Himmel ist grau und der Wind bläst, Skizzenbuch festhalten beim  Shantychor mitsingen und eifrig Zeichnen. Wir sind 13 uns suchen Motive. Ein Konzert auf der Promenade kommt da genau richtig.

Nach einer Stunde wird es kalt, doch da sind längst gute Zeichnungen entstanden.


Shantychor mit herannahender Sturmfront.


 

Die gute Nachricht daran ist, das man ständig Dinge malt die einen aus der Reserve locken. Das ganze gerät mir ein wenig abstrakt, dennoch es speichert all meine Gefühle.

Bei dem Gewimmel auf der Promenade fragt man sich, wie soll das aufs Blatt? Schnelles Menschen skizzieren haben wir geübt damit es draußen klappt. Das Bild ist eine Gemeinschaftsproduktion.

 Hier fängt Ira die Zuschauer mit Aquarellfarbe ein.

Wegen des Sturmtiefs zeichnen wir Menschen, denn so kann man die sonnigen Minuten sofort ausnutzen .  Das Konzert auf der Promenade ist also perfekt.


Ist Shit-Wetter beim malen scheusslich?


Wir hatten bis jetzt Sturm, Gewitter und es ist  kalt. Sicher kann man nicht stundenlang im Wind stehen, doch gute und schnelle Motive gibt es haufenweise. Was macht man in den Zeichenpausen? Sich verwöhnen natürlich .


Malreise ….Genussreise


 

Viele windige Grüße aus Sylt

Tine und der Rest der Zeichner

 

 

Gouache, Wasserfarbe oder was?

Tine Klein Bern Bundeshaus in Goache

Bern in Gouache


Gouache? Geht doch gar nicht !?


Alles fing mit einer Tube oder Gouache Farbe an. Ich merkte in Chicago, dass meine Aquarellfarbe nicht in der Lage war die Verkehrslichter entsprechend darzustellen. Also ging ich in den größten Kunstladen Chicagos um mir eine Tube leuchtender Aquarellfarbe in rot zu kaufen. Die Verkäuferin war typisch amerikanisch, überschwänglich und nett und quatschte mir drei unterschiedliche Tuben Gouache auf. Sie meinte damit sei ich bestens gerüstet gegen all die Probleme des Aquarells.


Gouache hat einen schlechten Ruf!


Wenn ich eins hasse, dann ist es billige Wasserfarbe. Es ist der billige Mist aus dem Supermarkt, der reihenweise die Bilder meiner Schüler zerstört. Das ist keine Farbe, das ist eine Verschmutzung! Sowas würde ich niemals kaufen! Soweit so gut, das war meine vorgefasste Meinung zu Gouache. Ich kaufte die Farben, aber nicht weil ich sie haben wollte, sondern weil die Verkäuferin so nett war. Es war mir zu peinlich nein zu sagen.


Gouache – Wunder in Tuben?


Überrascht stellte ich fest, dass meine drei Tübchen Wunder wirkten! So wundervoll Aquarellfarben sind, manchmal sind sie die Hölle!

Ist das Licht einmal übermalt, ist es weg.

Meine drei Tuben ließen die Verkehrslichter auch in der Dunkelheit strahlen, das brachte mich zum grübeln.

Aquarellfarbe lässt sich nur schwer korrigieren. Das ist bei vielen Themen in der Malschule ein echtes Problem. Der Schüler soll fröhlich und frei zu Werke gehen ohne das Gefühl zu haben:

“ Ein Fehler, und das Ding es versaut!“

Ich fühlte mich wie ein Trüffelschweinchen, hatte ich eine Farbe gefunden die alles Möglich macht? Die Amerikaner waren von Gouache sehr begeistert. Ich hingegen hatte so meine Vorurteile. Aber eine Farbe die viel verzeiht das lockt….es verführt…es ruft!

Kurz um ich musste zuschlagen….. Als ich mich im Netz einlas, wurde schnell klar es gibt viel Schrott. Die Qualität liegt zwischen Supermarkt und Profifarben. Aber es muss ja einen Grund haben warum so viele Designer mit Goache arbeiten. Ich entschied mich bei einer Firma zu bleiben, im Aquarell habe ich gute Erfahrungen mit Schmincke gemacht.

Nun starre ich gierig auf 24 brandneue Tuben und es kribbelt in den Fingern


Wunder oder Wehe?


Die ersten Versuche waren total kläglich und all meine Vorteile waren bestätigt ,denn ich malte die Farbe genauso wie Aquarellfarbe und dann verhalten sich die Farben wie die billige kleine Schwester der Aquarellfarbe.

Sind die Farben mist?…Nö! Ich konnte sie einfach noch nicht richtig malen!


 

Das doppelte Lottchen


Aquarell Farbe und Gouache Farbe sind sich so ähnlich wie das doppelte Lottchen wenn man sie nass vermalt.

Für beide Farben kann man genau das gleiche Equipment benutzen. Beide Farben brauchen ein wassertaugliches Papier, am besten geleimt. Und beide Farben lassen sich wunderbar mit Aquarellpinseln vermahlen.

Nass verarbeitet ist die Aquarellfarbe strahlender als die Gouache Farbe,dennoch stellte schnell fest  mein Künstlergouache hat nichts mit dem Dreck aus dem Supermarkt zu tun. Sie ist zwar matt, aber total Pigment stark. Das sieht man auch an meiner Palette, da tobt nicht grade die Tristesse:

Tine Klein Gouache Palette

 

Nach und nach merkte ich das einiges für Gouache als Material spricht

Toll war insbesondere das ich beim Malen absolut spontan bleiben konnte, denn ähnlich wie bei Acrylfarbe konnte ich bedenkenlos Schicht über Schicht setzen. Mir wurde klar, Du kannst Fehler völlig unproblematisch beheben.

Ich hatte meinen Aquarellfarbe Kasten eins zu eins mit Gouache nachgebaut, das war nicht hilfreich.

Die ersten guten Ergebnisse erzielte ich, als ich den Gedanken losließ dass die Gouachefarbe das gleiche ist wie Aquarell.


Farbwirkung


Aquarellfarben können im Optimalfall klar und strahlend sein wie ein Kirchenfenster. Überall dort wo Farben Leuchtkraft entwickeln soll sind Aquarellfarben ungeschlagen. Ihre Stärke liegt darin, dass das Licht vom weißen Blatt zurück reflektiert.

Gouache wirkt er samtig fast etwas Puderig, Leuchtkraft entwickelt das Gouache, wenn man aufhört es wie Aquarellfarbe zu malen sondern mutig ist und die leuchtenden, konzentrierten Pigmente auf die Dunkelheit setzt! Im Gegensatz zu Aquarell werden diese Farben echt cool auf dunklem Papier.


Praktisch und völlig anders herum


Die Farbe malt sich einfach, wenn man sie genau so malt, wie man Aquarellfarbe auf keinen Fall malen sollte. Die Farbe ist so pigmentstark das man einfach ein helles rosa auf dunkel schwarz setzt und es sieht wunderbar aus.

Man kann mit ihr in feinen Abstufungen arbeiten, und Fehler sind überhaupt kein Problem denn man übermalt sie einfach.


Eine Farbe die verzeiht


Gouache Farbe ist ein wundervolles Medium um Malen zu lernen, denn es verzeiht. Im Skizzenbuch ist das Gouache die natürliche Ergänzung zu Aquarellfarbe.

Was die Aquarellfarbe nicht kann das kann Gouache und umgekehrt.

Motive in denen man korrigieren muss sind unglaublich gut für diese Farbe geeignet.  Ob Gouache wirklich so fehlerresistent ist habe ich für euch getestet . Ein großes Problem sind Portraits, denn ein winziger Fehler kann das gesamte Gesicht zerstören, also habe ich es mal ganz brutal getestet.


Porträtieren mit Gouache


Gouache wirkt so samtig Pastell, das ist gerade für Hauttöne richtig super.

Man arbeitet von dunkel nach hell.  Dass ich mir meinen Aquarellkasten in Gouache nachgebaut hatte, nützte überhaupt nichts, denn die Pigmente wirken völlig anders wenn man auf dunklem Papier oder von dunkel nach hell arbeitet.

Ich hatte mit der  Gouache schwer zu kämpfen, denn die Abläufe des Aquarell waren mir in Fleisch und Blut übergegangen. All das was bei Aquarellfarbe streng verboten ist muss man unbedingt tun um besondere Ergebnisse mit den Farben zu erzielen.

Aber es tut der Kunst gut wenn man ab und zu frech Regeln bricht.

Ich glaube Gouache hat einen völlig falschen Ruf weil sie einfach immer so verarbeitet wird wie Aquarellfarbe.

Gouache entwickelt seine Stärke am besten im Zusammenhang mit Dunkelheit. Man kann das Motiv ganz langsam aus der Dunkelheit heraus modellieren. Man braucht nicht so genau sein, denn man kann sich völlig frei herantasten.

Schicht für Schicht arbeitet man sich weiter und kann hell auf dunkel aber auch dunkel auf hell setzen.


 

Zerstören und aufbauen


Da ich aber wissen wollte ob die Farben wirklich so veränderlich sind habe ich nun das Auge dreimal total zerstört. Bei Aquarellfarbe könnte man dies niemals retten.

Zuerst habe ich die Augen mit Wasser vermatscht!  Ließ sich retten.

Dann habe ich abstrus helle Lieder gemalt.

Es ließ sich retten. Ok dann hauen wir einfach mal mit extrem viel weiß drauf!

So schaut die Augenpartie am Ende aus! Unglaublich oder man sieht gar nicht wie sehr ich gepfuscht und zerstört habe. Die Farbe lässt sich immer wieder aktivieren!

Ich war ziemlich happy mit der Farbe, die Investition in die Schmincke – Designer Goache hat sich gelohnt. Mich würde sehr interessieren wer von euch Erfahrungen mit Gouache gesammelt hat. Wo habt ihr positives und negatives erlebt?

Deshalb machen sie im Skizzenbuch vieles möglich was mit Aquarellfarbe gar nicht zu machen ist dieser Artikel hatte den Grundgedanken Aquarellfarben versus Gouache.

Doch am Ende muss ich sagen gerade für solche kniffligen Fragen wie das porträtieren oder das Erlernen von Perspektive in der Stadt ist die Gouachefarbe wundervoll geeignet. Sie ermöglichen möglich dir das angstfreie lernen. Sie ist prima dafür geeignet den Zusammenhang von Licht und Schatten zu erkunden, weil man keine Angst haben muss das Bild durch die Dunkelheit zu zerstören.

Wenn ich mir das nächste Mal Farben kaufe werde ich nicht so tun als wäre die Gouache Aquarellfarbe, ich werde zu viel krasseren und dunkleren Tönen greifen, weil ich genau weiß das ich diese Pigmente ganz wunderbar durch Weiß verdünnen kann.

Ich selbst male mit Schmincke Pigmenten, die waren sofort super intensiv.  Mein Irrglaube Gouache könnte nicht strahlen wurde geheilt. Mein Highlight ist, dass man die Farbe so malen kann wie Öl oder Acryl, das Skizzenbuch wird zur Leinwand und die ganz großen Techniken der alten Meister werden mit dieser Farbe im Skizzenbuch möglich.

Was geht und was nicht werde ich Euch in einer Artikelserie berichten, ich bin selbst noch gespannt was alles geht. Was sind die Tops und Flops der Gouache?

Ganz herzliche Grüße aus dem Herz der Kunst

Tine

Nächste Woche kommt der Blog nicht am Freitag, denn in den nächsten 14 Tagen werde ich live berichten wie das Malen im hohen Norden zu dieser Jahreszeit ist. Schaut mal rein,  es wird viel zu sehen geben.

Am 12. 5 bin ich im Boesner in Düsseldorf: http://www.kurse-duesseldorf.de/kurs/4509

Endlich mal wieder Zuhause!

Das kleine Geheimnis der Farbe


Wir und die Farbe


Es war schön und der Trubel ist vorbei, die Stille kehrt ein. Ich stehe in Bern auf einer Aussichtsplattform und schaue ins sanfte Abendlicht hinaus. Es ist 18:00 Uhr und bis gerade eben habe ich Malunterricht gegeben. Heute Nachmittag ging es um Farben.

Jetzt werde ich ruhig und nach dem Lehren kann ich der eigenen Sehnsucht nach der Farbe verfallen, auch wenn die Zeit nur für eine schnelle Skizze reicht.

Nach und nach lernt man die Farbe zu sehen. Ganz anders als man am Anfang glaubt, sind Farben in das große System des Lichts eingebettet. Man glaubt man malt nur ein Haus und dabei ist es ein ganzes System von Lichtstrahlen. Hinter jeder einzelnen Farbe steht ein Konzept, aber dieser Gedanke ist am Anfang viel zu verwirrend.


Farben brauchen ein Konzept


Das spontane Aquarell gilt als die freieste Art der Malerei. Sie ist wild und farbig und Regeln werden sehr oft gebrochen. Es ist also ein Wunder, dass diese Machwerke harmonisch aussehen. Diese enorme Freiheit der Farbe kann man realisieren, weil es im Hintergrund der Bilder eine kleine Organisation gibt. Dieses Grundmuster ermöglicht es dem Maler Farben im Bild sehr lebhaft zu kombinieren ohne dass dabei die Augen des Betrachters bluten.

Muster erzeugen Harmonie

Die Harmonie entsteht dadurch, dass die Farben in großen Blöcken organisiert werden. Man kann auf diese Art und Weise sehr, sehr farbig malen ohne das es in irgendeiner Art und Weise grell oder unnatürlich wirkt.

Googelt einmal meine Kollegen Wilhelm Fikisz, Voka oder Simon Fletcher und betrachtet ihre Bilder. Diese Maler malen sehr farbig und trotzdem sehr harmonisch. Die Harmonie entsteht dadurch, dass große Flächen mit verwandten Farben verwendet werden, innerhalb dieser Flächen findet ihr überwiegend Farben die ineinander übergehen, d.h. blau, grün und gelb oder gelb, orange, rot.

Hinter dem farblichen Chaos liegt also eine verborgene Ordnung.

 


Diese Flächenbildung ist das ganze Geheimnis


Eine Schülerin sagte mir, das ist so unglaublich schwer zu realisieren, wenn ich nicht auf mein Motiv gucken kann und dort sofort die Farbe sehe, die ich malen muss

Du musst nicht! Du kannst! Du darfst! Lass dich inspirieren.

Tatsächlich ist es aber gar nicht so schwer, hole doch erst mal 1 Sekunde Luft. Wenn du einmal in das Motiv schaust, dann wirst du sehen, dass man, dafür nicht lügen muss. Diese Farbgruppen sind einfach da. Sie sind das abstrakte Farbmuster hinter dem Motiv. Diese Gruppen lassen sich mit etwas Ruhe ganz einfach sehen:Tine Klein, Blog Herz der Kunst, Motiv und Organisation der Farbe, das kleine Geheimnis der Farbe

Ich zeige dir jetzt das Motiv an dem wir am letzten Samstag gestanden haben. Es ist der Blick von der Aussichtsplattform am Bundeshaus entlang. Schau mal in das Bild und analysiere.

Die Kuppeln des Hauses sind türkis, oxidiertes Kupfer, die Bundesgebäude sind aus leicht grünlichen Sandstein und der Himmel ist blau. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass wir in dieser Ecke des Bildes eine blaugrüne Fläche bilden können.

Im hinteren Bereich des Bildes nahe der Brücke schauen wir auf die roten Dächer der Altstadt, in der warmen Abendsonne gibt es hier viele sanfte und rötliche Reflexe. Leider sieht man dies auf dem Foto nicht so genau wie in der Realität.

Tine Klein, Blog Herz der Kunst, Motiv und Organisation der Farbe, das kleine Geheimnis der Farbe

Wenn man genau hinsieht, sieht man es ziemlich gut. Jeder erfahrene Maler weiß nun, ich kann im Bild zwei Blöcke bilden, einen blaugrün gelben Block und einen rotgelben Block.

Es  gibt eine Farbe, die dient als Brücke


Eine Brücke zwischen den Farben bilden


Die Farbe, die ich in beiden Bildbereichen finde, ist gelb. Gelb ist der Sandstein. Diese Farbe bildet die ganz natürliche Brücke zwischen den beiden Fachbereichen. Über das Gelb kannst du ganz harmonische Übergänge bilden: Willst du also ins Rot, dann bildest du einen allmählichen Übergang, gelb, orange erst dann  rot. Auf der anderen Seite bildet das Gelb die Brücke über Grün bis hin zum Blau.

Dinge verbinden anstatt sie zu spalten

Eine Schülerin war überrascht, dass hinter den Farben ein Konzept liegt, sie sagte:

Du arbeitest also gar nicht mit realen Farben!

Tine Klein, Bern Bundeshaus, Blog Herz der Kunst, Motiv und Organisation der Farbe, das kleine Geheimnis der Farbe

Doch, natürlich! Die Farben sind da und diese Beobachtung mache ich für meine Betrachter nur deutlich sichtbar. Ich verstärke die Farben ein wenig und lasse dann die eine Farbe sanft und an allmählich in die Andere übergehen.

Dabei gibt es natürlich immer mehr als nur einen Weg, das Konzept gibt mir eine große Freiheit, in der ich mich mit der Farbe bewegen kann.

In dieser Skizze zeige ich nur im Hauptmotiv die reale Farbe und bin im Rest viel zurückhaltender, hier benutze ich den Schatten als “Brückenfarbe“:

Tine Klein, Bern Bundeshaus, Blog Herz der Kunst, Motiv und Organisation der Farbe, das kleine Geheimnis der Farbe

Licht verhält sich anders als bauliche Strukturen. Dem Licht ist egal ob ein Haus zu Ende ist, es reflektiert einfach auf die andere Wand. Wenn man eine Stadt nicht konstruiert, sondern sie als Licht sieht, dann wird alles weich. Man braucht nicht alles verändern, man betont nur den einen oder anderen Aspekt, eben das was einem Bild gut tut.

Gelb ist nicht einfach Gelb, tatsächlich steht in jeder Farbe eine ganze Bandbreite von unterschiedlichen Farben zu Verfügung.

Oftmals ist dies das Spiel mit kalten und warmen Farbtönen einer Farbe

Es kommt immer darauf an, was ich sagen möchte. Bilder werden ganz lebendig durch Kontraste. Indem man die Kontraste aber in große Flächen einbettet, wirkt das Ganze immer harmonisch und trotzdem nicht langweilig.

Paul Cézanne [Public domain oder Public domain], via Wikimedia Commons

Einige meiner Schüler finden es sehr gewagt, die Farben ein wenig abzuändern. Ich möchte dich jedoch darauf hinweisen, dass diese Arbeitsweise ein ziemlich alter Schuh ist.

Schau einmal was Paul Cezanne hier macht! Kommt es dir bekannt vor?


Paul Cezanne und die Organisation der Farbe


Paul Cezanne, Organisation der Farbe, mit Zwiebeln

Paul Cézanne [Public domain oder Public domain], via Wikimedia Commons

Auch bei Paul Cezannes zweitem Bild siehst du die beschriebene Arbeitsweise ganz deutlich. Auf den ersten Blick mag es so wirken als sei der Hintergrund einfach leer, die blaugrüne Farbe hat aber als Fläche die Aufgabe das Rot leuchten zu lassen.

Dies ist das ganze Geheimnis einer erfolgreichen Malerei, sie ist äußerst simpel aufgebaut, findet aber die großen Zusammenhänge, so dass sich die Farbflächen untereinander stützen. Paul Cezanne arbeitet hier äußerst klassisch, der Vordergrund ist warm und geht in einen Hintergrund über in dem kalte Farben verarbeitet sind. Diese Art der Darstellung suggeriert Tiefe und Entfernung.


Kein Einheitsbrei


In einer der Skizzen habe ich mit dieser  Regel gebrochen , obwohl ich sie verstanden habe. Merkt euch eins:

Regeln in der Malerei sind zum Brechen da.

Jedoch sollte man wissen was man tut, denn die Kunst ist eins der ältesten Handwerke der Welt. Hätte ich Bern ohne jeden Farbkontrast gemalt, dann wette ich, dass die wunderschöne Kulisse ausgesehen hätte wie eine Schüssel Grießbrei . Die Idee Farben in großen Blöcken zu organisieren ist also nicht neu und auch keine Erfindung der spontanen Aquarellisten, sondern sie gehört zum  alten Know-How der Malerei.

Liebe Grüße an die wundervolle Urban Sketching Gruppe in Bern

und Euch und allen anderen wünsche ich viel Spaß beim Malen in der Frühlingssonne.

wünscht euch Tine aus dem Herz der Kunst

Mehr zur Wirkung der Farben

 

 

 

Grosszügig malen im Mini-Format

Tine Klein, frei malen, großzügig malen, freie Malerei im Scheckkartenformat


Generös malen


Hallo Kirsten, Hallo all ihr Anderen! Großzügig malen, das ist ein Traum, den viele mit mir teilen, du vielleicht auch?

Ja, ja, generös malen das wollen wir alle! Aber damit mein ich jetzt natürlich nicht die Scheckkarte. Letzte Woche gab es in der deutschsprachigen Urban Sketcher Facebook Gruppe eine Frage:

Was zum Teufel kann ich tun, um etwas freier und abstrakter zu werden?


Was kann ich machen um groszügiger zu werden?


Es gab natürlich unendlich viele Tipps, aber um die Wahrheit zu sagen, ich glaube viele dieser Tipps sind unnütz. Nicht weil sie nicht wahr oder gut sind, einfach weil die Zielperson sie in dieser Phase des Malen- und Zeichnen lernen gar nicht umsetzen kann. Man begreift einfach nicht wofür es gut ist.

Mein Tipp war, nimm einfach einen dicken Pinsel.

Hinterher habe ich mir überlegt dass dieser Tipp eigentlich dumm ist, denn der Pinsel allein macht natürlich niemand frei. Trotzdem ist der Tipp gut. Bilder sind dann aussagekräftig, wenn die groben Grundzüge präzise sitzen.

Wenn die grobe Grundform stimmt, dann gewinnt man enorme Freiheit, weil man machen kann was man will  und der Betrachter sieht trotzdem was los ist.

Wer die Grundform kennt, lernt zügig malen.


Grundmuster erkennen


Dafür muss man die wesentlichen Grundmuster identifizieren, was natürlich nicht einfach ist. Wenn man aber einen dicken Pinsel benutzt, ist das sehr hilfreich, weil man muss zwangsweise mit Grundformen arbeiten, so dass man nicht auf die blöde Idee kommt wieder auf alles Unnötige hereinzufallen.

Zusammenfassen ist das wichtigste Stichwort. Ich habe mal gehört, dasS sich die Impressionisten Seidenpapier vor die Augen gehalten haben um die groben Grundmuster eines Motivs zu erkennen.  Wer keine Details erkennt, kann natürlich großzügig malen. Augen zusammenkneifen kann sehr gut helfen, denn auch in dieser Sichtweise fallen viele Details weg. letztlich funktioniert es am besten, wenn man eine Zusammenfassung findet, der Garten besteht nicht aus 1000 Grashalmen und Pflanzen, sondern ist einfach eine Grünfläche und dann wird das Wichtigste betont.

Wenn man dennoch nicht mit Pinseln in der Größe des Hof-Besens unterwegs sein möchte, kann man den gleichen Effekt durch eine lustige Umkehrung inszenieren:


Klein aber fein, eine Freiheitsübung


Du kannst mit deinem normalen Pinsel das Gleiche trainieren, wenn man auf sehr kleine Formate ausweicht, man malt dann ebenfalls mit einem riesigen Pinsel, weil ja das Format auf dem man malt nur ein wenig größer ist als eine Briefmarke.

Eine Briefmarke wäre jetzt natürlich übertrieben, aber die Größe von Visitenkarten ist für diese kleine Übung wunderbar.

In diesem Format ist ein normaler Pinsel natürlich ein Riese. Du wirst feststellen, wenn du mit diesem Pinseln malst wird es sehr leger.

Jetzt bleibt dir gar nichts anderes mehr übrig, als dich auf die grobe Grundform zu konzentrieren.

Die Visitenkarten sind für einen normalen Pinsel so winzig, dass man es recht schnell lernt das Motiv auf die Größe zu zuschneiden. Es gilt die Devise:

If I can make it there
I’m gonna make it anywhere
It’s up to you

Mach Frank Sinatra an und hört das Lied „New York, New York“, es ist ein bisschen größenwahnsinnig und damit die perfekte Musikuntermalung um das freie Malen zu lernen. Ich hoffe die Musik macht dich nicht nur größenwahnsinnig, sondern lehrt dich auch das großzügige Malen.

Wenn du siehst, dass man die Szene erkennt, ohne jedes Detail, dann weißt du, du hast es geschafft!

Du hast das Grundmuster eines Bildes erkannt! Wenn du das schaffst, bist du ein Riesenschritt weiter! Dann schaffst du es auch großzügig zu malen.  Hier heißt es dann wirklich:

If I can make it there
I’m gonna make it anywhere

Das Erkennen von Grundform und Grundmustern hat noch einen ganz anderen entscheidenden Vorteil, weil du ganz schnell lernst deine Fehler zu erkennen.

Tine Klein, frei malen, grosszügig malen, freie Malerei im Scheckkartenformat

Durch die grobe Grundform sieht man sehr schnell, das etwas nicht stimmt.

Wenn etwas in so groben Grundzügen nicht stimmt, dann lässt es sich natürlich recht einfach beheben. Und so lernst du nach und nach sehr schnell von dir selbst. Diese Sicherheit, die du gewinnst, die macht sich zu einem freien Maler.

Das Arbeiten mit Grundform ist also ein Zwiegespräch mit dir selbst.

Tine Klein, frei malen, freie Malerei im Scheckkartenformat


Die Kür: Grundform und Detail


Zum Schluss kommt die Kür, man nimmt die groben Grundform und fängt an sie durch kleine Details zu ergänzen, das macht man entweder mit dem Stift oder mit einem viel feineren Pinsel. Schnell wirst du erkennen, man kann nicht alles ins Bild malen. Du wirst dich entscheiden müssen, welche kleinen Details du in die winzige Szene einfügst.

Tipp:

Lass bloß nicht weg, was dir besonders gut gefällt.

Wenn du ein paar Dinge hinzugefügt hast, die dir unverzichtbar erschienen, wirst du ganz schnell feststellen: Mehr geht  nicht.


Mehr geht einfach nicht!


Es geht einfach nicht alles, man stellt fest, es ist nur Platz für das da, was man wirklich gut findet.

Das auf sich selbst konzentrieren ist ein riesen Sprung ins frei malen. Wenn du angefangen hast so zu malen, wirst du feststellen, dass du vorher von den Dingen regiert wurdest.

Wenn man anfängt zu malen, dann versucht man alles korrekt zu machen und dabei geht nicht selten die Seele des Bildes verloren, weil es im Bild nur noch um korrekte Buchhaltung geht.

Das Haus hat sechs Fenster, das nächste Haus hat neun Fenster usw. und so fort…

Stell dir mal die Frage, ob man Venedig nicht erkennen würde, weil ein Haus ein Fenster weniger hat?

Tine Klein, frei malen, freie Malerei im Scheckkartenformat

Schau mal hier! Venedig auf der rechten Seite hat ein deutlich sichtbares Fenster und es ist trotzdem Venedig. Tun was man will, das ist frei malen.

Es ist wichtig, dass du den Kopf frei bekommst für das Wesentliche. Die Bildaussage und das Gefühl sind das Allerwichtigste, der dicke Pinsel hilft dir also dich nicht von all den kleinen Dingen regieren zu lassen. Versuche also wegzukommen von dem “ Richtig oder Falsch-Denken“ und das Große und Ganze so zu gestalten, dass es zauberhaft ist.

Es ist auf ganz erstaunlich, was man auf diesen kleinen Visitenkarten hinbekommt. Wenn man dann später in großen Formaten genauso arbeitet, hat man viel gewonnen, denn man kann das Unnötige ignorieren und sich auf seine eigenen Wünsche konzentrieren.


Frei Malen im Miniformat


 

Das winzige Format ist also eine kleine Erkenntnis! Der erste Schritt zum großzügig malen!

Ich wünsche euch liebe Grüße ins Wochenende

Tine aus dem Herz der Kunst

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Ihr findet mich jetzt auch in der Kunstfabrik Hannover!

Gelb! Frühjahrsputz im Farbkasten!

 

Bern, die Menschen kommen auf die Straße um die Frühjahrssonne zu genießen.

Gelb ist der Frühling


Ich bin des Winters müde und brauche nun ein paar Sonnenstrahlen, ich will mich über die ersten Blumen freuen und über das strahlende Grün der ersten Blätter. Bei jeder Primel, ja, die blühen hier im Süden schon, könnte ich ein bisschen feiern. Gelb, das ist die Wärme, die Sonnenstrahlen und das Licht. Gelblich  schimmern 1000 kleine Primelsterne und Osterglocken in der Wiese. Doch viel merkt man davon noch nicht.

Der Frühling jedoch ist noch völlig unentschlossen, der Winter behält die Oberhand, auch wenn der Himmel über Bern noch ein paar Schneeflocken in der Hand hat, ich mache dennoch die gelben Farben startklar, denn ich bin des Winters Grau müde.  


 

Gelb ist die Farbe des Fingerspitzengefühls


Gelb ist eine Farbe bei der es viele Missverständnisse gibt, denn bei kaum einer Farbe kommen die sehr unterschiedlichen Eigenschaften von Pigmenten und Farbpsychologie so stark zum Tragen wie bei dieser Grundfarbe und dies hat eine ganze Reihe von Verarbeitungsfehlern zur Folge.

In den meisten Fällen werden alle gelblichen Töne als hell und freundlich wahrgenommen, doch Gelb wirkt nicht in allen Fällen warm und freundlich und es ist sehr anfällig für Verschmutzungen.

Sonne darf nicht dreckig aussehen

Die Folge ist, dass man Gelbtöne immer getrennt von anderen Farben verarbeiten sollte, denn keine andere Farbe verändert sich so schnell wie das Gelb.

Schau mal auf die linke Seite unterhalb der Kuppel, hier ist Blau und auch ein wenig Rot in das Gelb gelaufen. Die Farbe leuchtet nicht mehr, in diesem Fall ist dies nicht weiter tragisch, denn es ist auf der Schattenseite des Gebäudes passiert. Die gleiche Farbe siehst du bei dem Gebäude ganz links, dort war die Farbe schon trocken, der Füllfederhalter wurde auf der trockenen Farbe angewendet und konnte nicht auslaufen. Die Farbe ist strahlend hell und leuchtend, es ist kaum zu glauben, ganz links am Haus und ganz rechts unterhalb der Kuppel wurde genau die gleiche Farbe verwendet.

Ungeplante Mischfarben des Gelbs können wirklich scheußlich sein, um nicht zu sagen, die Farbe sieht aus wie schon mal gegessen.

Und verschmutzte Farbe hat eine völlig andere Aussage als die Reine, ein bisschen grünlich und schon wirken Gelbtöne ganz anders als geplant, giftig oder dreckig.


Gelb abdunkeln auf Messers Schneide


Gelb ist das Licht und wo es Licht gibt, da ist der Schatten nicht weit. Um es ganz klar zu sagen Gelb liebt den Schatten, denn erst die Dunkelheit lässt das Gelb so richtig strahlen.

Das Licht und Schattenspiel macht das Gelb erst so richtig toll.

Und jetzt kommen wir zu einer ziemlich kniffligen Frage:

Wie dunkelt man eigentlich Gelb ab? Wie mischt man dunkles Gelb?

Ist dunkles Gelb nicht wie ein bisschen schwanger? Geht das überhaupt?

Gelb ab zu dunkeln ist wirklich knifflig, denn ist das Gelb nur ein wenig feucht dann entstehen die berühmt-berüchtigten Matschfarben.

Doch bei der Frage wie man ein dunkles Gelb mischt, fällt einem meist nichts anderes ein als sich am Kopf zu kratzen, deshalb sollte man sich schon Gedanken darüber machen welche Farbtöne man im Farbkästen hat.

Ich habe 5 Gelbtöne. Ist das Luxus? Nein ich glaube nicht, denn Gelb ist eine Grundfarbe und die Investition in ein oder zwei Gelbtöne mehr ist, eine Investition in unendliche Mischfarben, die man erzeugen kann.

Zu meiner Grundausstattung gehören ein sehr kaltes Zitronengelb, das als das hellste und strahlendste Gelb wahrgenommen wird.

Die zweite Farbe, die ich benutze, ist ein sehr warmes Indisch Gelb oder Kadmium – Gelb dunkel, diese beiden Töne wirken schon dunkler als das Zitronengelb. Dann wechsele ich in die Naturtöne, lichter Ocker oder Umbra Natur sind Gelbtöne die deutlich dunkler wirken.


Lasuren


Die smarte Lösung um in Gelb Schatten zu setzen sind Lasuren. Gelb sieht neben Dunkelheit und matten Grautönen noch mal deutlich leuchtender aus.

Der wichtigste Verarbeitungshinweis ist das das Gelb absolut trocken sein muss, wenn Schatten im Bild eingefügt werden.

Besonders gut wirken leicht lila lastige Grautöne, denn ein Grau mit einem leichten Stich ins Lila enthält die Komplementärfarbe zu Gelb und macht es damit noch frischer. Schau mal wie es auf diese Methode leuchtet:

Tine klein Bern funkelt Gelb

Der Schnee schmolz in Bern, als ich ich dort war, es war herrlich warm doch die Feuchtigkeit des geschmolzenen Schnee funkelte überall auf der Stadt.

Wenn du ins Bild schaust, dann wirst du feststellen dass die Gelbtöne überall dort besonders gut leuchten wo sie mit Grautönen, Dunkelheit oder den Matsch-Farben in Berührung kommen.

Ich wünsche euch frohe Ostern und endlich mal ein bisschen Frühling, deshalb Frühjahrsputz im Farbkasten, macht die gelben Farben startklar, die Osterglocken warten.

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Eine tolle Zeit wünscht Tine aus dem Herz der Kunst

Demnächst bin ich auch mal wieder im Norden oder Zuhause mit Skizzenbuch unterwegs, ich freu mich auf Euch in Bremen und in Düsseldorf.

Düsseldorf

Bremen

Hier kann man mehr zu Licht und Schatten lesen:

Licht ist meine Lieblingsfarbe!

 

Alla prima: Malen in einem rutsch


Alla Prima


alla Prima Tine Klein

Den Ausdruck “ Alla Prima- Malerei“ hast du bestimmt schon mal gehört. Eigentlich kommt dieser Begriff aus der Öl- Malerei und heißt so viel wie sofort.

Könnte auch „Dalli Dalli“ Malerei heißen

Alla Prima heißt also nichts anderes als spontanes Skizzieren mit Öl. In der Ölmalerei ist dies absolut nicht selbstverständlich, in dieser Fachdisziplin der Malerei wird viel geplant und sehr, sehr langsam gemalt. Die Farbe muss oft extrem lange trocknen, das kann Wochen dauern. Dieses Trocknen lassen hat mich persönlich wahnsinnig gemacht, denn das Trocknen lassen bedeutete für mich, dass die Gefühle zu einem Bild ganz langsam aber sicher abkühlten.

Mein Lieblingsbild ist immer das, was ich gerade male, denn in diesem Bild stecken all meine Gefühle und es ist das, was ich gerade erlebe.

Zuerst habe ich mir selbst Vorwürfe gemacht, ich dachte ich sei sprunghaft. Doch dann fiel mir auf, dass auch die Bilder anderer Maler durch den langen Planungs- und Perfektionierungsprozess enorm an Frische verloren.


Der große Vorteil der Geschwindigkeit


Die Geschwindigkeit hat enorme Vorteile. Gerade in der Landschaftsmalerei ist nur diese Art des Malens wirklich in der Lage sofort und direkt Lichtverhältnisse darzustellen. Doch es gibt noch einen wesentlich wichtigeren Aspekt, das was der Maler fühlt, wird sofort aufs Papier gebannt.

Ohne Zensur

Tine Klein Venedig alla prima

Oft entwickeln diese Bilder, die der Geschwindigkeit geschuldet sind, eine viel größere Kraft, als Bilder in denen man immer wieder herummalt. Ich denke der wirkliche Kern der Aussage geht durch die Perfektion manchmal verloren und so kommen wir an einen Punkt, an dem die Perfektion dafür sorgt, dass die Bilder ganz und gar nicht mehr perfekt sind.

Viele kennen das vielleicht aus dem Leben, das erste Gefühl ist oft das Richtige.

Ich selbst bin als Oelmalerin von Grund auf ausgebildet und die Beobachtung dieser Freiheit und Frische hat mich zur Skizzenbuch Künstlerin werden lassen. Wirft man Perfektion gegen Gefühl in die Waagschale, so gewinnt in den allermeisten Fällen das gefühlvollere Bild.

Das alla prima malen mit Aquarellfarben ist anders als beim Öl malen keine reine Nass in Nass Technik. Es geht eher darum, spontan seine Gefühle und seine Beobachtungen auf das Blatt zu werfen.

In der Ölmalerei arbeitet man deshalb nur mit einer Schicht. Im Aquarell ist dies jedoch nicht nötig, durch die hohe Geschwindigkeit des Aquarellmalens lassen sich  in aller Kürze auch mehrere Schichten von Farbe realisieren. Hinter der Definition von alla prima verbirgt sich ein sehr großer Freiraum. Ich selbst setze mir eher ein Zeitlimit von ein paar Minuten. So garantiere ich, dads ich noch eine zweite Schicht Komplementärfarben über meine Lasur setzen kann. Dies macht die Bilder strahlender. 

Wie gesagt beim alla prima handelt es sich nicht um eine nass in nass Technik sondern vielmehr um den Vorsatz eine Szene in Licht und Gefühl frisch auf das Papier zu bannen.


Aller Anfang ist schwer -Fehler tolerieren


Alla prima bekommt man einfach sehr viel leichter einen Zugang zu sich selbst. Jedoch muss man am Anfang lernen die eigenen Fehler zu tolerieren. Kein Vorzeichen, kein Korrigieren, kein langwieriges Nachdenken….ups….

Tatsächlich ist eine lahme Skizze die vielleicht nicht absolut perfekt ist, viel besser als gar keine. Alla prima trainiert vor allen Dingen die eigene Ausdrucksfähigkeit.


Kontrollverlust


Du wirst vielleicht merken, dass dieser Kontrollverlust am Anfang höchst unangenehm ist. Im Grunde lernt man bei der alla Prima Malerei loszulassen. Fehler können nicht lange ausgebügelt werden, sondern man muss direkt Lösungen finden.

In der alla prima Malerei geht es also um reagieren nicht um kontrollieren.

Das Zeitlimit rettet letztendlich sehr viele Bilder, weil die meisten Bilder durch zu viel kaputt gehen und nicht durch zu wenig.

Gerade unterwegs und jetzt auch im Winter muss eine Skizze schnell sein. Bei diesem Wetter auf jeden Fall, denn man hält es gar nicht aus lange zu malen. Auch wenn in dieser Geschwindigkeit gerne etwas daneben geht, die Bilder die gelingen haben oftmals eine enorme Leichtigkeit. Man lernt das nicht jeder Strich sitzen musst und dass man nicht alles planen oder überarbeiten muss. Wenn man mal eine Zeit lang alla Prima Malerei gemacht hat, dann bekommt man ein sehr gutes Gefühl dafür, was ein Fehler ist und was nur eine kleine Ungenauigkeit ist.


Farben reduzieren


Bei der alla Prima Malerei wird nass in nass gearbeitet, was bedeutet, dass man sehr genau wissen muss, was man mit Farben macht. Deshalb ist es sinnvoll mit wenigen Farben zu arbeiten.

Wenn du mit wenigen Farben arbeitest, dann weißt du sehr schnell welche Mischfarben entstehen, selbst wenn du die Farbe auf dem Blatt mischt.


Ausschau nach großen Farbflächen halten


Am besten gelingt diese Technik, wenn man das Bild in große Farbflächen gliedert. In diesen Farbflächen arbeitet man am besten mit verwandten Farben. Also zum Beispiel mit rot und blau und den entstehenden Mischfarben. Dieses Vorgehen sorgt grundsätzlich für strahlende Farben und es entstehen keine unliebsamen Überraschungen.


Das Licht schützen


Du musst dich fragen, wo du auf keinen Fall drüber malen darfst, denn wenn man einmal malt, dann geht alles in Sekunden schnelle. Beim Aquarell arbeitet man beim alla prima Malen von hell nach dunkel.

Bei aller Spontanität, es ist also enorm wichtig  die Stellen, die weiß oder hell bleiben müssen im Kopf zu behalten.


Das Werkzeug


In der Regel ist es sinnvoll mit großen Pinseln zu starten, denn diese Malerei stützt sich auf die Fläche. Feinheiten kann man erst im zweiten Schritt malen, wenn die Farbe etwas an getrocknet ist, denn sonst verschmelzen alle Striche mit der Fläche.

Ich empfinde die modernen Pinsel mit Synthetik-Naturhaarimitaten für diese Technik am besten geeignet. Wenn man mit Aquarellfarbe skizziert, ist es selbstverständlich, das man keine riesigen Formate benutzt. Deshalb ist es  sinnvoll, wenn die Pinsel nicht übermäßig viel Wasser speichern, denn das verhindert ein zügiges malen.

Das Motto muss sein so viel Wasser wie nötig, nicht so viel Wasser wie möglich. Zu viel Wasser behindert das schnelle Weitermalen der Aquarellskizze und dies stände im krassen Gegensatz zum Ziel der Technik.

Eigentlich ist die einzige Herausforderung an dieser Technik, dass man lernt wie viel Wasser man benötigt. Die Wassermenge ist tatsächlich eine Trainingsfrage. Gerade jetzt im Winter darf das Papier bei einer schnellen Skizze nicht schwimmen, denn es trocknet nicht. Diese hochwertigen Synthetik-Naturhaarimitat- Pinsel haben den enormen Vorteil, dass sie nicht zu viel Wasser transportieren und gleichzeitig enorm gute Spitzen haben.

Ich selber habe zwei Lieblingspinsel: Ich liebe die Da Vinci casaneo Pinsel genauso wie den Escoda Reisepinsel. Beide Pinsel verfügen über die moderne Naturhaarimitation und haben deshalb super stabile Spitzen.

Liebe Grüße ins kalte Frühlingswochende, ich bin es leid ich brauche Sonne

Tine

Demnächst bin ich auch mal wieder im Norden oder Zuhause mit Skizzenbuch unterwegs, ich freu mich auf Euch in Bremen und in Düsseldorf.

Düsseldorf

Bremen

 

Alla prima hat viel mit vereinfachen zu tun hier mehr zum Thema:

Vereinfachen aber wie?

 

Wer bin ich?! Identität und Malen


Kunst und Identität


So hab ich meine Heimatstadt in Erinnerung, der Weg in den Westfalenpark mit Sonnenbrand, Dackel Rudi und Badetasche für uns Kinder, denn es gab Wasserfässer für Seeschlachten auf den Teichen. Das ist mein Lebensgefühl aus den 70er Jahren, doch gemalt hab ich es im letzten Sommer. Diese Art des Lebens ist ein Teil meiner Identität.

Künstler zeigen seit jeher in ihren Bildern wie sie sehen und wie sie denken. Kunst ist niemals frei von Zeitgeist.

Früher waren es oftmals Handlungsreisende und Künstler, die in ihren Skizzenbüchern oder Aufzeichnungen Ideen aus fernen Ländern mitbrachten. Was allerdings von diesen wundervollen Ideen fruchtete, das ist immer ein Mischung aus Glück und Zeitgeist.

Immer dann wenn sich eine Idee explosionsartig verbreitet, dann ist sie auf den richtigen Nährboden gefallen. Meistens ist der Grund, das sich die Zeiten, Ideen oder Lebensumstände der Menschen geändert haben und dann kam die Idee zum rechten Zeitpunkt. So eine Explosion hat in meiner Heimatstadt stattgefunden…aber dazu später.

Eine Idee muss großartig, praktisch oder hilfreich sein.

Neue Ideen verbreiten sich immer dann wie ein Lauffeuer, wenn sie genau das treffen was viele Menschen denken. Oft sind es Philosophien oder Ideen, wie die Renaissance mit ihrem großartigen Menschenbild. Kommt dann das passende Geld hinzu sind Städte wie Florenz oder Siena das Resultat.

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:View_of_Florence_from_Piazzale_Michelangelo.jpg

Man kann geradezu sagen eine gute Geographie, Geld und Freigeist sind die Nährböden für großartige Kunstwerke und Städte.

File:View of Florence from Piazzale Michelangelo.jpg

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:View_of_Florence_from_Piazzale_Michelangelo.jpg

Es gibt zwei Dinge, die für den Menschen wirklich überzeugend sind, dass eine ist die Schönheit und noch viel überzeugender ist das Brot. Denn Menschen wollen leben. Die Identität wird oft durch das bestimmt was einen ernährt.

Meine Stadt Dortmund wurde von der Kohle geprägt, ganz normal war es, wenn wir nicht mit der weißen Strumpfhose auf die Mauer durften, weil dort der Kohlestaub klebte, denn die Kohle war das Brot.


Epochen, das ist doch ganz normal


Wenn man in die Vergangenheit schaut, kommt einem dies ganz normal vor, denn man selbst sieht nur noch das gute Ergebnis der Vergangenheit, dass dahinter dramatische Umbrüche steckten, das kann man in der Zukunft nicht mehr wahrnehmen. Ein Kunst- oder Baustil ist für uns etwas ganz selbstverständlich, das hat man eben so gemacht.

Ein sehr gutes Beispiel ist die Gotik, ich kenne Niemand der von der atemberaubenden Schönheit der gotischen Kathedralen nicht berührt wird.

Schönheit verbreitet sich eben, aber war das bei uns daheim eine Epoche?

Die Künstler und Handwerker trugen dieses Wissen in ihren Skizzen von Baustelle zu Baustelle und so verbreitete sich die Gotik langsam aber sicher über ganz Europa. Tatsächlich stand dahinter aber wieder der dramatische Umbruch, immer mehr Menschen flüchteten vom Land in die Städte. Wer es lebend in eine Stadt schaffte, konnte es zu etwas bringen. Das war der große Traum der Freiheit und so wurde der Adel ganz langsam entmachtet und in der Stadt brauchte man Kirchen.

Die Städte konnten Kirchen finanzieren, etwas ganz Neues. Es war der Trotz ihrer plötzlich freien Bürger, die die Kirchen in den Himmel streben ließen. Wir machen uns heute nicht klar, dass diese Jahrhundertbauwerke im Grunde alle sehr große STINKEFINGER in der Landschaft gegen den Adel sind.

An solchen wundervollen Bauten fuhren wir auf dem Weg in die Ferien an der Nordsee vorbei.

https://de.wikipedia.org/wiki/St.-Johannes-Kathedrale_(%E2%80%99s-Hertogenbosch)#/media/File:Sintjandenboschnl.jpg

Das hier ist die Kathedrale von S’Hertogen Bosch, auf dem Dach tummeln sich lauter wundervolle Gestalten, der Bau ist pures Lebensgefühl:

 

Den Bosch St. Jan's kathedraal-Cathedral - panoramio (5).jpg

https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Saint_John%27s_Cathedral,_%27s-Hertogenbosch?uselang=de#/media/File:Den_Bosch_St._Jan%27s_kathedraal-Cathedral_-_panoramio_(5).jpg

 

Nach solch prächtigen Epochen, besinnen sich die Menschen oftmals aus purer Not wieder auf die Schlichtheit. Und so wechseln die Epochen ihr Outfit wie die Unterwäsche, mal gibt es großartige bombastische Epochen wie die Renaissance oder die Gotik, dann wieder kommen Epochen deren Baustil bewusst bescheiden ist.

So ergangen ist es meiner Stadt, ehemals stolze Handelsstadt brannte sie im Krieg bis auf die Grundfesten nieder und damit brannte auch meine Familiengeschichte und unsere Häuser.

Beklagt hat sich keiner, praktisch waren alle. Es ging in meiner Jugend um Häuser bauen und  Ausflüge in den Westfalenpark mit Picknicktasche.

 


Kunst und Kultur das ist Meinung


Kunst und Kultur das sind Meinungen und Meinungen können sich schnell ändern.

Plattenbauten waren in der DDR der neueste Schrei und tatsächlich der begehrteste und modernste Wohnraum.

Gruenau-Hochhaus.jpg

https://de.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%BCnau_(Leipzig)#/media/File:Gruenau-Hochhaus.jpg

Ich bezweifele das diese Idee in 500 Jahren noch steht. Auch meine Heimatstadt war nicht gerade eine Schönheit, mehr zweckmässig als schön. Wir lebten dann irgendwann in einen der grünen Vororte, doch die Heimatstadt blieb Dortmund.


Zeugen epochaler Umbrüche


Wenn man selbst zum Zeuge eines epochalen Umbruchs wird, dann ist es ein durch und durch komisches Gefühl. Eine Epoche in der Vergangenheit kommt einem so normal vor, es ist doch ganz selbstverständlich das Kunst und Städtebau sich verändern.

Wenn sich die eigene Stadt umgekrempelt, wie ein Wurm zum Schmetterling, dann ist das völlig unerwartet.

Ich könnt mich in den Hintern beißen dass ich nicht viel früher begonnen habe meine Stadt zu dokumentieren.

Heute hilft mir das Skizzenbuch all diese Umbrüche zu verdauen, wenn ich in der Heimat bin, dann setze ich mich ins Auto fahren einen Ort meiner Kindheit und zeichne, wie es  jetzt da ist.

Gefühlsmässig gibt es  meine Heimatstadt nicht mehr.

Ich merke wie verwirrt die alten Leute sind, dort wo ich herkomme, da hatten wir ein Herz aus Kohle und Stahl. Aber das ist heute nicht mehr so, wir Kinder sind alle in anderen Berufen und so starb meine Welt innerhalb von ein paar Jahren. Bergbau das gibt es nicht mehr.

das Zeichnen der Umgebung von Industriebauten ist interessant, das was man für hässlich hielt fehlt einem jetzt!

Jeder Blick ist anders!

https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Westfalenpark?uselang=de#/media/File:Westfalenpark_Phoenix_West.jpg

 

Da wo ihr das Stahlwerk seht ist heute blauer Himmel, alles weg. Es steht jetzt in China.

Ist das verrückt!? Meine Stadtsilhouette steht jetzt in China!

Die Dortmunder selber haben sich sicher längst daran gewöhnt, doch ich bin verwirrt. Häufig gab es zwei Sonnenuntergänge, wenn der Hochofen geöffnet wurde, dann wurde es am späten Abend wieder taghell der Himmel glühte. Wenn der Himmel rot wurde wie der Vorhof der Hölle, dann wusste ich, ich muss die Beine in die Hand nehmen, denn jetzt muss ich ins Bett.

Das Motto der Generation meiner Eltern war:

Jetzt wird in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt!

Manchmal rieselte Asche vom Himmel und die Erde meiner Stadt war zu großen Teilen verwüstet. Doch tatsächlich merkten wir das nicht, wir spielten glücklich zwischen den Rosen. Ich kann mich an die Rosen erinnern, Rosarium nannte sich das in den 70igern Die Silhouette des Stahlwerks habe ich ausgeblendet, irgendwie unsichtbar. Aber an den Duft meiner Lieblingsrose kann ich mich erinnern.

Der zweite Sonnenuntergang, den es heute nicht mehr gibt, ist für mich so normal, dass ich den Himmel in Dortmund immer Orange malen will!

Die Kunst ist für mich ein wichtiges Mittel diese Umbrüche zu verdauen. Meine Identität wurde durch diese Stadt bestimmt. In Dortmund wurde großes geleistet und das ist gut so! Aber verwirrend ist es.

Hier seht ihr wie ein riesiger See, der Phönixsee, durch einen sauberen Fluss geflutet wird, der  war in meiner Kindheit allerdings so giftig, das wir schon Ärger bekamen wenn wir uns in die Nähe wagten, deshalb verlief er meist unterirdisch in Rohren.

 

Bildergebnis für Phönix ost Fernsehturm

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:2000-2010_Dortmund_Phonix-ost.jpg

Heute ist an dieser Stelle nach dem man 250.000.000 Kubikmeter Erde bewegte, ein wunderschönes Naherholungsgebiet ein riesiger See und eine neue Stadt.

Touristen gibt es jetzt bei uns, unfassbar!

Das Blöde ist, ich verlaufe mich in meiner Geburtsstadt, die Straßen meiner Kindheit gibt es nicht mehr. Gerade deshalb ist es so wichtig, wenn wir mit unseren Skizzenbüchern unterwegs sind, dass wir einfach drauf loszeichnen. Kunst ist ein Zeitzeuge.

Da wo einmal Altlasten waren, verbrannte Erde, da ist jetzt was Zauberhaftes. Als junge Städtebauerin habe ich genau das vehement gefordert, wir wollten den Umbruch zum Schmetterling!

Super gemacht, aber jetzt muss ich es verdauen….. Womit mal wieder bewiesen wäre, Kunst ist mehr als malen…. Zum Thema Identität: Wir sind heute Jemand anders und deshalb ist unsere Stadt Jemand anders. Irgendwie erschreckend schön, mein Stift wird unsere neue Identität erforschen.

Liebe Grüße aus Zürich ins Heimatland

Tine Klein

Demnächst bin ich auch mal wieder im Norden oder Zuhause mit Skizzenbuch unterwegs, ich freu mich auf Euch in Bremen und in Düsseldorf.

Düsseldorf

Bremen

 

Mehr lesen?

Schön, was ist schon schön?

https://blog-herz-der-kunst.ch/schoen-was-ist-schon-schoen/

 

 

 

 

Weiß das Nichts, das nicht ein Nichts sein darf

 

 


Weiß macht einen riesigen Unterschied


Nahe Castel Novo in den italienischen Bergen

Hallo liebe Leser und Schüler, heute möchte ich über einen klassischen Workshop-leitersatz sprechen, der immer mal wieder mit 85 Dezibel im Befehlston durch den Raum fliegt:

Stooooooopppp!!! Aufhören!!! Nicht alles zumalen!

Wenn dieser Satz fliegt, dann haben Mallehrer nicht ihre dominanten Neigungen entdeckt, sondern sie versuchen das Bild des Schülers zu retten.


Was soll das eigentlich heißen: Mal nicht das Bild zu?


Bilder werden zauberhaft, eindrucksvoll und räumlich, wenn sie Licht und Schatten enthalten. Immer dann, wenn sie mindestens 3 Stufen des Lichts, also hell, mittel und dunkel haben, werden die Bilder interessant und abwechslungsreich.

Jetzt passiert gleich in der ersten Phase des Malens  folgendes:
Die Helligkeit und das Licht sehen aus wie ein Loch.

Das Loch scheint nicht richtig zu sein und es entsteht ein regelrechter Drang all diese Löcher zu schließen

Deshalb überpinseln viele unerfahrenen Maler das gesamte Licht.
Die Folge ist, dass das Bild ohne Einsatz von weißer Farbe gar nicht mehr gut werden kann. Schade den gerade das Papierweiss ist leuchtend und passt sich am besten in das Bild ein.

Weiße Löcher ziehen den Pinsel an wie schwarze Löcher.

Möchtest Du also ein gutes Bild? Es bleibt Dir nicht anderes übrig als das Weiß zu schützen.


Das Weiß retten… aber wo?


Die Tatsache das ein strahlend weißer Fleck im Bild erst einmal blöd aussieht bleibt.

Viele Schüler hadern noch kurz vor dem Schluss mit diesen harten weißen Flecken und ruinieren erst dann das Bild

Der weiße Fleck ist so unangenehm, weil er ein Nichts ist.

Tatsächlich ist es auch so, dass nicht jeder weißer Fleck gut ist. Es gibt auch die störenden weißen Flecken, die tatsächlich das nichts sind und diese bleiben unangenehm für das Auge. Bleibt die Frage: Was muss weiß bleiben und welches Nichts muss weg.


Das Nichts gestalten!


In dieser Phase des skizzieren mit Aquarellfarbe ist das Bild weder Fisch noch Fleisch.


Weiße, ausgefranste Katen ziehen unangenehme Aufmerksamkeit


Bei der Nummer 1 habe ich mal mit weißem Stift hereingekritzelt, was ich bei meinen Schülern ganz oft finde. Die Schüler haben Angst dass die Farben ineinander laufen, deshalb entstehen zwischen zwei Motivteilen ungewollte und unregelmäßige weiße Flächen. Diese krakeligen weißen Linien sind ungenutztes Papier, weil man etwas Sicherheit braucht, damit die Farbe nicht ineinander läuft.

Ausgefranste Flächen bringen Unruhe und sind nur dort gut wo sie einen Sinn haben.

Diese weißen Flächen sind schlicht einem Verarbeitungsfehler geschuldet, wer mit Komplementärfarben arbeitet, muss die Farben bevor er weiter arbeitet trocknen lassen, sonst vergraut das Bild. Eine gezackte weiße Linie mitten im Bild ist keine Lösung. Die beste Lösung ist das Bild einfach ein 2 Minuten trocknen zu lassen und dann weiterzuarbeiten.

Solche unsinnigen weißen Krakel-Linien müssen weg, denn sie haben nichts mit dem Bild zu tun.

Hier gilt es Ungewollte Augenmagnete zu beseitigen.


 

Weiss braucht Struktur


Nummer 2 ist das gute Weiß, was wir auf jeden Fall stützen müssen. Dieses Weiß hat im Bild seinen Sinn, denn es zeigt die Flächen die das Licht reflektieren.

Malst du das zu, geht das Licht aus!

Leider sieht man dieses Phänomen in dieser Phase des Bildes überhaupt nicht und deshalb möchte man diese Flächen magisch zu malen, dabei fehlen aber nur ein paar Strukturen und schon erkennt das Auge was diese leere, vielleicht weiße Fläche ist.

Ein häufiger Fall sind weiße Hauswände, die sind für das Auge überhaupt nicht erkenntlich, wenn sie ausfransen. Der Übergang zwischen technischer und natürlicher Umwelt muss klar und deutlich herausgearbeitet werden.

Eine sehr einfache Möglichkeit bietet in der Skizze die sogenannte Negativmalerei, man geht mit einer Farbe bis an die Kante zum Weiß heran und beseitigt das Ausgefranste.
Selbst wenn die Hauswand eine deutlich erkennbare Form hat, ist es manchmal sehr sinnvoll das optische Bröckeln zu beseitigen, denn das bringt Ruhe ins Bild. Klare Kanten heißt aber nicht, das man das Licht übermalen darf.

Da fehlt noch was! und dieser Impuls lässt uns zum Pinsel greifen:   Aber  tatsächlich fehlt nur noch die Prise Salz!

In der unangenehm großen weißen Fläche fehlten nur ein paar Fenster. Jetzt sieht man ganz genau was der weiße Fleck ist.

Es gilt die Devise: Finger weg! Lieber zuviel weiß als zu wenig.

Malt man alle Häuser in der gleichen Farbe entsteht eine monotone Steinwüste.


Vordergrund macht Bild gesund


Vielleicht ist dir aufgefallen, dass sich auch der Vordergrund stark verändert hat. Der Vordergrund eines Bildes hat oft das gleiche Problem wie die weißen Flächen. Das Gefühl das es zu weiß ist und dass es einfach noch zu leer ist, führt dazu das unnötig mit Farbe übermalt wird. Es entstehen einfarbige, große Flächen, die ausschauen wie Landebahnen.

Diese großen und leeren Farbflächen dominieren oft das gesamte Bild.

Häufiger fehlen nur ganz kleine Hinweise mit dem Pinsel.

Eine Andeutung was denn da ist, das Auge will geleitet werden. Schon ein paar Grashalme machen klar, hier ist etwas. Wenn man die Helligkeit und das Licht eines Bildes erhalten möchte, sind Strukturen im Vordergrund die weit bessere Lösung als eine flächige dunkle Farbe.


Struktur verleiht Identität


Tatsächlich wirken die weißen Löcher gar nicht mehr so  krass, wenn man ihnen keine Form verleiht.

Die beste Lösung ist, dass man sich fragt:“ Was soll ich hier eigentlich sehen?“
Mann muss dem Auge zumindest einen Anhaltspunkt geben, was es sehen soll. Undefinierte Flächen könne ganz wundervoll durch kleine Strukturen definiert werden, z.B. Mauersteine und Schatten. Diese Informationen über die Oberfläche machen nicht nur aus den weißen Flächen einen Gegenstand.

Fazit: Langsam herantasten ist eine viel bessere Lösung als grobes zumalen. Einfach mal im Kopf behalten, dass man beim Malen die Möglichkeit hat ein Bild in mehreren Schichten zu malen.

Liebe Grüße ins Wochenende

Tine

Wenn es doch mal passiert: Abdecken mit Acrylmarkern.