Tine Klein Marktplatz in Basel
Malunterricht, wann ist er super?
Die Frage stelle ich mir natürlich, du dir auch, oder? Ich schlüpfe deshalb zwei- bis dreimal im Jahr selbst in die Rolle der Malschülerin.
In einem meiner letzten Artikel ging es um die Malblockade. Heute möchte ich darüber schreiben, was eigentlich passiert, wenn es super klappt. Wie funktioniert das mit dem leichten Lernen?
Wann lernt man so richtig super gut?
Bei mir ist es der Umstand, dass ich nichts erwarte. Dazu möchte ich euch die Geschichte des besten Malkurses erzählen, den ich mitgemacht habe.
Die Geschichte zum Blog:
Ich habe LK in Portugal getroffen, eine tolle Woche, power malen mit ganz vielen unterschiedlichen Menschen (vor Corona). Immer wieder sind wir uns begegnet. Ich schätze LKs Kunst! Er ist ein Meister, aber wir sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht! Dann kam eine überraschende Einladung. Obwohl wir Yin und Yang sind. Er sagte, das nächste Mal, wenn ich in Europa bin, besuchst du mich im Kurs.
Tine und LK
Ich war verblüfft. Ich liebe LKs Schwarz-Weiß-Skizzen. Die sind so schön, dass sie mich einschüchtern.
Lk Bing „Venedig“
Die sind einfach großartig! Als wir in Portugal waren, hat er dieses Bild gemalt. Ich hasse Schwarz, aber bei ihm sieht es toll aus.
LK Bing „Der Turm in Porto“
Aber ich war skeptisch, LKs Bilder sind so perfekt, sie sehen pedantisch geplant aus, und das alles bin ich überhaupt nicht! Auf ins Abenteuer! Ein Jahr später schneite ich in LK Bings Kurs. Im Kurs ging es um dreckige Farben, kein Witz! Dreckige Farben! Und das bei einer Frau, die die buntesten Kleider der Weltgeschichte trägt!
Malen lernen – keine Erwartungen und Begeisterung!
Beim Malenlernen ist Begeisterung immer eine tolle Voraussetzung, das öffnet das Gehirn. Malenlernen klappt bei mir am besten, wenn ich den Kopf ausschalte, deshalb war es vielleicht gar nicht so übel, dass ich mir von diesem Kurs nichts erwartete. Ich saß im Kurs und dachte: Ich mach einfach mit, in dreckigen Farben male ich zu Hause nie im Leben!
Also ließ ich mich von LK am Händchen nehmen und folgte ihm brav.
Das ist LKs Bild, meine Varianten, simultan entstanden, seht ihr unten.
Dadurch, dass ich absolut nichts wollte, war das Lernen so einfach. Ich fing schon an, während der Demo mitzumalen. Ich hab es gemacht und es hat von selber Früchte getragen. Die Begeisterung kam mit dem Tun! Es war, als wenn mir in meinem gigantischen Wissenspuzzel fehlende Steine zugeworfen wurden, sie sind mir einfach im Schoß gelandet, ohne Anstrengung.
Malen lernen durch das einfache Mitmachen
Wer etwas lernen möchte, muss sich nur in Bewegung setzen.
Tatsächlich ist es oft einfach, wer sich mit Dingen beschäftigt, findet auch etwas. Ich habe im Kurs gemalt wie in Trance! Bild um Bild. Ich war im Leerlauf, ich habe das Wissen einfach aufgenommen und es eingeübt. Ich habe mir dabei gar keine Gedanken darüber gemacht. Ich wollte das Wissen ja eigentlich nicht benutzen.
Zum Malen waren ca, 1.5 Stunden Zeit und ich war wie eine Malmaschine.
Zuerst Vorzeichnungen.
Dann ganze Bilder. Der Kurs hatte 3 Stunden und ich hatte das Gefühl, ich stehe neben mir, ich habe gemalt wie entfesselt.
Bei anderen Malkursen und Lehrern war dies anders, ich war hoch interessiert an der Technik. Wollte sofort Ergebnisse sehen! Ich war wie vernagelt. Offensichtlich hat mich der mangelde Stress in LKs Kurs einfach frei gemacht.
Wissen, was ich gar nicht wollte!
Lustigerweise wollte ich auf keinen Fall LKs konservative Techniken in meinen Bildern. Doch ich habe es mir offen und freundlich angehört und mitgemacht!
Wichtig ist, dass man keine Vorurteile gegen Wissen hat! Denn man kann oft Dinge gebrauchen, an die man nicht dachte.
Ich habe nichts erwartet, aber auch nichts abgelehnt! Das war das reinste Glück!
Hinterher saß ich da UND WAR GESCHOCKT! Das Wissen hatte mich ergriffen und einfach weggetragen.
Wissen ist wie Saatgut!
Die Situation erinnerte mich an meinen Garten, ich habe einmal Tomaten gekauft und aus Versehen war eine Paprika dabei, das war unerwartet, aber super! Denn die Paprika entwickelte sich prächtig.
Sei immer offen für das Wissen!
Sicher kennst du jemanden, der richtig blöd ist und es selbst nicht merkt! Das Problem mit Wissenslücken ist, dass man selbst nicht weiß, wo sie liegen. Gerade beim Malenlernen ist dies leider allzu oft so, denn es gibt unendlich viele Wissensbereiche. Wenn man also Wissen geschenkt bekommt, dann sollte man zugreifen und nicht meckern!
Malen lernen – das Wissen und der eigene Stil
Malen sollte man aus dem Bauch heraus, doch Bauchwissen ist eine Mischung aus Gefühl und Wissen, das so tief verinnerlicht ist, dass man nicht mehr darüber nachdenkt.
Deshalb ist Malenlernen nicht einfach, man muss ja zwei völlig unterschiedliche Dinge verschmelzen: Technik und Gefühl.
Wenn man etwas weiß, dann heißt dies noch lange nicht, dass man es benutzen muss. Und es heißt noch viel weniger, dass man es so benutzen muss, wie der Lehrer es einem beigebracht hat.
Es ist immer wichtig, ein Handwerkszeug den eigenen Bedürfnissen anzupassen.
Der erste Schritt beim Malenlernen ist, etwas völlig klaglos und mit offenem Geist zu lernen.
Es fühlt sich falsch an!
Weil das neue Wissen nicht in dein System passt, fühlt es sich erst mal falsch an. Wichtig ist, dass man den Geist so freundlich und so weit öffnet wie möglich. Denke, während du lernst, nicht daran, dass du es anders machen würdest, lern es einfach! Das ist manchmal sehr schwer. Denn unsere Vorurteile sitzen oft tief, und dies ist immer ein Fehler!
Vorurteile sind harte Lernhindernisse.
Der zweite Schritt ist zu begreifen, was man noch damit tun kann. Dafür muss das Erlernte aber fest in dir verankert sein. Du musst es kapiert haben. Also ist beim Malenlernen Schritt 2 das Einüben.
Malen lernen – Rock and Roll
Der zweite Schritt ist es, das erlernte Wissen zu verdauen.
LK Bing „Eine Kirche in Chuang“, das ist prächig, genial aber nicht mein Style.
Tine Klein „Sacre Coer in Paris“
Wenn ich meine wilden fünf Minuten habe, dann zeichne ich eine Kirche auch mal so. Ein kleiner Unterschied zu LKs Kunst. So zeichne ich, wenn ich als Illustratorin unterwegs bin. Hier hilft LKs Wissen wenig, das ist aber kein Grund, die Ohren zu schließen. Also schaue ich, wobei es sonst noch hilfreich ist.
Malen lernen: Brücken zu den eigenen Ideen schlagen
Bei allen Vorbehalten habe ich schnell begriffen, dass ich mit Lks Wissen mehr Handwerkszeug in den Händen halte. Der Anknüpfungspunkt liegt beim Licht!
Wichtig ist es, wenn man beim Erwerb von Wissen Ausschau nach Anknüpfungspunkten hält.
Er fängt das Licht in getragenen Farben, und ich tue dies in leuchtenden und hellen Farben. AHA!
Wenn man vom Lehrer gelernt hat, darf man sich nicht auf die faule Haut legen. Dann heißt es: Was stelle ich den selbst mit dem Wissen an? Mir war klar, die Grautöne helfen mir beim Licht. Nach dem Kurs war ich wie vor den Kopf geschlagen, ich habe gemerkt, wie das Wissen in mir rumort und arbeitet.
Man muss nur den Punkt finden, wo man das Wissen aufsaugen und es für die eigene Kunst lecker schmeckt.
Der erste Schritt ist: Regeln lernen, der zweite Schritt ist: die Techniken einüben. Der dritte Schritt ist es, die Regeln zu brechen. Der vierte Schritt ist es, Herz und neue Technik zu vereinen!
Ich mache meine Schüler gerne zu Anarchisten, doch…
Künstlerische Freiheit darf keine Ausrede für Unfähigkeit sein.
Auch ich nehme gerne Wissen mit, und dann muss ich es verdauen. Biege die Regeln so lange, bis sie zu dir passen!
Malen lernen – kein Respekt für fragloses Abkupfern
Das Lernen läuft absolut easy, wenn man sich freundlich öffnet. Mach es einfach mal so, wie der Lehrer es sagt. Techniken und Regeln, die super zu dir passen, darfst du immer übernehmen. Doch du solltest es dir nicht zu bequem machen. Was funktioniert eigentlich für dich?
Du darfst auf die Regeln einschlagen.
Überlege, was ist mir wichtig? Wie weit kann man Regeln beugen! Ab wann funktioniert der Lehrstoff nicht mehr? Diese Gedankengänge sind wichtig, und das muss man ausprobieren!
Viel Futter für den Papierkorb!
Ist dir schon mal aufgefallen, dass Menschen, die die Perspektive wirklich verstanden haben, alle perspektivischen Regeln brechen können, und es sieht auch noch super aus! Frechheit!? Nein, diese Menschen haben gelernt und dann haben sie alles aussortiert und ihre eigenen Regeln geschaffen!
Kreativität heißt, eigene Regeln zu erschaffen.
Was ist mir von LKs Kurs geblieben?
Zuerst fand ich die dreckigen Farben inakzeptabel.
Doch dann habe ich genauer hingeschaut und Schönes gefunden.
Ich habe so lange gemischt, bis ich farbige Grautöne gefunden habe, die perfekt zu meinen Farben passen. Ohne dass ich mich vorbehaltlos auf LKs Wissen eingelassen hätte, wäre dieses Wissen an mir vorbei gegangen. Heute benutze ich das Wissen über schmutzige Töne vor allen in den Randbereichen meiner Bilder. Ich mische meine Grautöne aus unheimlich leuchtenden Farben zum Beispiel aus Pink und Türkis.
Wenn ich heute Aquarelle male, dann lege ich immer noch keinen Wert auf Photorealismus, dennoch kann ich dank LKs Kurs auch ganz entspannt mit schmutzigen Farben umgehen. Ich weiß nun, welche schmutzigen Farben ich mag. Mein Grau muss deutlich farbig sein.
Das eigentliche Malenlernen erfolgt also zuhause. Es kann auch vorkommen, dass du etwas nicht willst und brauchst. Das kann man aber erst entscheiden, wenn du den Lehrstoff verstanden hast! Das schwierige am Malenlernen ist, dass sich erst mal jede neue Technik nicht richtig anfühlt.
Beim Lernen gilt: I do it my way!
Und dies ist keine Ausrede, sich vor unliebsamem Wissen zu drücken 😀
Jetzt wisst ihr, was mit dem Wissen passierte, das ich gar nicht wollte.
Manchmal male ich heute so, mein Repertoire hat sich erweitert. Nicht dreckig, aber mit viel mehr Wissen über über schönes Grau.
Liebe Grüße ins Wochenende
Tine
Weiterlesen bei Tine:
https://blog.herz-der-kunst.ch/bildsprache-kurs-des-jahrestreffen-der-deutschen-urban-sketchers/
Hier könnt ihr Anknüpfen der zweite Teil geht um ein Ähnliches Thema:
https://blog.herz-der-kunst.ch/sag-es-in-farbe-bildsprache-teil-2-usk-hamburg/
Sag es in Farbe! Bildsprache Teil 2 USK Hamburg
https://www.facebook.com/bing.lk/videos/10220688534137244