Zwischen Ying und Yang
Diese chinesische Philosophie könnte man auch mit dem deutschen Sprichwort „Mit Bauch und Kopf übersetzen“.
Im Moment konzipiere, ich gerade einen großen Freihandzeichenkurs, der für die Menschen gedacht ist, die gerne aus dem Bauch heraus mit dem Stift loslegen. Das doofe daran ist, dass man gerade für das intuitive Loslegen auch wieder sehr viel Technik braucht.
Kopf und Bauch sind, wenn sie im Einklang zusammenarbeiten, einfach unschlagbar.
Dennoch ist dies in der ersten Phase des Lernens gar nicht so einfach miteinander zu vereinbaren, denn wer zu viel nachdenkt, der arbeitet nicht mehr aus dem Bauch heraus.
Blöderweise kann man aber auch nicht lernen ohne nach zu denken.
Eigentlich bräuchte ich in meinem Atelier ein Regal für all die Köpfe. Fröhlich würde ich rufen, „So! Jetzt haben wir den ganzen Theorie Scheiß gelernt, leg mal eure Köpfe ins Regal, die müssen jetzt ausruhen“. Es wäre so hilfreich, wenn alle meine Schüler fröhlich ohne nachzudenken im Unterricht loslegen, dummerweise ist bei den meisten der Kopf angewachsen.
Als Lehrer steckt man also ganz gewaltig in der Zwickmühle, denn man muss beides lehren, Viele meiner Kollegen sind da anderer Ansicht, sie sind scharfe Verfechter der einen Richtung oder der Anderen.
Die einen sagen, du musst dich quälen und ganz viel Theorie lernen und Techniken, die Anderen sagen, dass dies dir gar nicht hilft, weil du zu dir selbst finden musst. Dabei lernt man dann aber nix.
Persönlich betrachte ich diesen Zusammenhang ganz einfach, denn ich glaube ein Körper kann weder ohne Kopf noch ohne Bauch funktionieren. Oft wird Fachwissen das am Anfang recht mühsam war, im Laufe der Zeit zum Bauchgefühl…ich vermute so muss es sein.
Der Bildentwurf und der Kopf
Liest man in zeitgenössischer Literatur über Malen und Zeichnen, dann scheint es für den Bildentwurf nur ein Thema zu geben:
Der goldene Schnitt
Dann legt man das Bildzentrum statisch auf einen der 4 Punkte des goldenen Schnitts? Nein so läuft es nicht, dein Entwurf muss zum Thema passen.
Heute möchte ich euch einmal ein ganz anderes Entwurfsthema vorstellen. Es ist die Bewegung. Ich meine jetzt nicht Bewegung im Sinne von einem Jogger läuft durchs Bild, sondern ich meine Bewegung im Sinne von wie sind Gegenstände im Bild angeordnet.
Bewegungen sind als Entwurfselement richtig klasse, denn die Bewegung ermöglicht es uns besonders einfach Geschichten zu erzählen.
Die Herzen deiner Zuschauer müssen mit dir auf Reise gehen
Bildentwurf und Geschichte
Das Hintergrundwissen: Als ich dieses Bild anfing, war strahlender Sonnenschein, es war ziemlich warm. Der Schnee fing an zu schmelzen und das Licht brach sich in der Flüssigkeit. Das an sich graue Winterdorf zeigte sich im besonderen Farbglanz. Während ich malte, zog jedoch über die Berge eine Regenfront herein, diese krassen Wetterwechsel sind in den Alpen ziemlich normal. Um ehrlich zu sein geht es in diesem Bild um den Wechsel von strahlendem Wintersonnenschein zu der nächsten Wetterfront, die mit Regen und Hagel gerade eben ankommt.
Also der Wechsel von einem wunderschönen Schneetag zu Schneematsch.
Wie gehe ich jetzt bei meinem Bildentwurf vor?
Mal ganz ehrlich? Ich hab wollte ein ganz anderes Bild malen zuerst faszinierte mich die herrliche S-Kurve die das Dorf macht, wenn es sich den Berg heraufschlängelt. Also schon mal der erste Ansatz zu Dynamik durch Bewegung im Bildentwurf.
Ich denke diesen Bildentwurf seht ihr noch ganz deutlich wenn in das Bild hineinschaut.
Wer aber in der Schweiz wohnt oder in den Alpen, hat ja den krassen Wetterwechsel der letzten Tage mitbekommen.
Wer einem Bild Gefühle geben will, der muss seine Bilder abändern wenn er diese Gefühle gefunden hat.
Dummerweise passiert Erkenntnis erst während des Malens, das ist ja das Tolle daran. Wir schauen uns etwas sehr lange an und dann finden wir etwas sehr wundervolles darin. Dies ist der Punkt wo ein neutrales schönes Bild zu etwas sehr Persönlichem wird. Dieser Punkt ist sehr wundervoll. Ein Künstler erschafft Neues und er reagiert.
Bildentwurf ein wenig wie einparken auf hoher See
Natürlich weiß man wie man ein Schiff anlegt, dennoch ist es nie wirklich reine Theorie, denn das Wasser und der Wind haben ihr Eigenleben.
Und genau das macht man beim Malen, man balanciert aus. Jetzt muss noch die heranrauschende Wetterfront ins Bild.
In Bild mit Thema entwickeln
Mein Thema ist: Die Sonne geht, der Schneematsch kommt, Menschen im Winter.
Zuerst teile ich nun das Bild in zwei Hälften, rechts habe ich die Sonne und von links schiebt sich der graue Winter herein. Am besten schräg, das ist dynamischer und stützt den Gedanken der Bewegung.
Man legt diese Teilung in Europa tatsächlich von links nach rechts an, ich glaube aufgrund unserer Richtung beim Lesen, betrachten wir Dinge die von links kommen automatisch als beginnend.
Viele kleine Einzelheiten im Bildentwurf
Der wesentliche Schritt ist geschafft, mich fasziniert der Wetterumschwung und diesen habe ich jetzt durch die Teilung des Bildes erzeugt. Der Bildentwurf wird meistens erst gut, wenn viele kleine Dinge mit dem Hauptthema zusammenarbeiten.
Was gibt es noch zu *Funkelschnee und *Schneematsch Zu sagen?
Zwei Gruppen von Menschen stehen im Licht und im Schatten.
Der Weg geht ins Licht
Hört sich jetzt an wie bei einer durch geknallten Esoterik Tante, aber jetzt mal ganz ehrlich, wir hier in unseren Breitengraden, wir sehnen uns doch im Winter nach Licht…deshalb formuliere ich das auch. Links und rechts oben von der Treppe mache ich es Dunkel, denn ich will zum Licht. Die Treppe soll mich zum Licht führen.
Tatsächlich denke ich über all das wenig nach…
Es steckt entwerferisches Fachwissen in den Bildern, wie zum Beispiel die Teilung oder das eine schräge Teilung immer dynamischer wirkt als eine gerade. Fachwissen ist auch, dass es für Menschen immer angenehmer ist ins Licht zu gehen als ins Finstere.
Doch es geht nicht ohne das Bauchgefühl, es bildet das Thema. Bildentwurf ist ein Zwiegespräch mit sich selbst. Wenn man solche Bildentwürfe konstruiert, dann wird es steif. Fachwissen ist dazu da es später intuitiv zu benutzen
Theorie wird zu Bauchgefühl
Liebe Grüße ihr Lieben
Tine
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