Aquarellstifte und das Image der Buntstifte
Aquarell kleine Gasse hinter dem Rathaus in Augsburg Weiße Gasse
Aquarellstifte haben so ein bisschen das Image von Buntstiften. Ein Kunstmaterial, welches man auch ohne Bedenken seinem vierjährigen Kind in die Hand drücken würde.
Doch die Hände mit Bouquet von Pablo Picasso sehen verdächtig nach Buntstift aus.
Ich konnte schon früh zeichnen wie Raffael, aber ich habe ein leben lang dazu gebraucht, wieder zeichnen zu lernen wie ein Kind.
Doch Aquarellstifte sind ein ziemliches Hightechmaterial, man muss diese Stifte ja nicht benutzen wie eine Vierjährige.
Gerade in Kombination mit Aquarell machen diese Stifte, das Leben viel leichter. Wenn man mit seinen hochwertigen Aquarellfarben ein tolles Bild gemalt hat und dann doch noch einmal sehr kleine Strukturen in dem Bild ergänzen muss, dann steht einem der Schweiß auf der Stirn, denn man weiß ganz genau die Gefahr dieses Bild zu verderben ist sehr hoch.
Aquarellstifte sind kein Kunstmaterial für Kinder, sondern eine sehr clevere Erweiterung von Aquarelltechniken.
Wie kann man Aquarellstifte im Aquarell einsetzen?
Für das Aquarell ist der Aquarellstift sozusagen der beste Kumpel. Aquarellfarbe ist den Stiften in Qualität oftmals ein wenig überlegen. Gerade bei großen Flächen ist es ja logisch, dass sich Farben einfacher verarbeiten lassen als Aquarellstifte.
Spannend wird es jedoch, wenn man den Aquarellstift dafür benutzt, das Aquarell durch Techniken zu ergänzen, die man mit den Pinsel einfach nicht erreichen kann. Besonders gut eignet sich der Aquarellstift für die folgenden Dinge:
- Licht und Schatten ganz deutlich herauszuarbeiten, auch in kleinen und sehr filigranen Stellen
- Farbeffekte intensivieren
- Übergänge weich zu verblenden
- kleine Fehler ausbessern
- kleine Überraschungseffekte auf dunkler Farbe zu erzeugen
- Graphische Effekte und Linien einfügen
Qualität von Aquarellstiften
Damit das auch wunderbar klappt, müssen Aquarellstifte eine gewisse Qualität haben. Viele dieser Effekte kann man ebenso mit sehr preiswerten Aquarellstiften erzeugen. Stifte minderer Qualität haben jedoch drei Eigenschaften die mich regelmäßig ärgern.
Löslichkeit der Aquarellstifte:
Preiswerte Aquarellstifte sind häufig nicht löslich, dann bleiben total hässliche Striche im Aquarell stehen. Das sieht einfach nur dilettantisch aus.
Deshalb ist die erste Forderung die ich an einen Aquarellstift stelle:
Absolute Löslichkeit
Ich möchte selbst entscheiden ob man einen Strich sieht oder nicht.
Bei meinem Test (Siehe unten) mit einem No-Name Produkt und Aquarellstiften, die wirklich Kunstmaterial sind, schnitten beide gut ab im Kritzeltest. Beide ließen sich auflösen, dies ist aber nicht immer so.
Mischen und Füllstoffe:
Man bezahlt viel Geld, damit man absolut transparente und wunderschöne leuchtende Aquarellfarben hat. Jetzt wäre es ja Wahnsinn diese wunderbaren Farben mit einer minderen Qualität zu vermatschen.
Einige Marken lassen sich nicht gut mischen. Wenn man zwei Farben ganz normal mischt, wie man dies auch beim Aquarell tun würde, entstehen sehr matte und wenig leuchtende Farben. Das sieht man in dem großen Kasten oben ganz deutlich. Links ist der Stift noch trocken, dort kann man die schlechtere Pigmentierung des billigen No-Name Stifte zwar vermuten, kommt aber Wasser ins Spiel, dann verteilen sich die wenigen Pigmente und man sieht kaum noch Farbe. Der Stift, der mit K markiert ist, ist das Kunstmaterial, ein Unterschied wie Tag und Nacht. Dies liegt daran, dass die Firmen die Pigmente in den Stiften durch Füllstoffe strecken. Meistens sind die Pigmente durch zinkhaltiges Weiß gestreckt, auch bekannt als Deckweiß.
Wenn man diese Stifte mit normaler Aquarellfarbe mischt, wird sie sofort stumpf, also keine gute Idee. Deshalb sollte man diese schlecht pigmentierten Stifte nicht zum Mischen einsetzen.
Gute Aquarellstifte haben jedoch die gleichen tollen und klaren Pigmente wie Aquarellfarben.
Tolle Farbeffekte:
Die Aquarellstifte besserer Marken verhalten sich anders, in diesen Stiften sind Pigmente extrem stark konzentriert. Man muss erst einmal lernen die Pigmente zu kontrollieren. Der Anfänger trägt oft viel zu viele Pigmente auf. Kommen diese Pigmente mit Wasser in Berührung explodieren sie regelrecht in ihrer Leuchtkraft. Sieht man oben deutlich, die Mischung aus Blau und Gelb gibt eine tolle klare und sehr kräftige Farbe.
Deshalb gilt die Devise zart und nicht hart
Ganz wunderbar ist dies um an einigen wenigen Stellen im Bild unglaublich leuchtende und intensive Farben zu erzeugen.
Die Marken:
Ich bin in diesem Blog neutral, ihr lest keine Werbung. Eine echte Marktübersicht habe ich nicht. Meine Stifte sind meistens die Museum von Caran Dáche, manchmal auch von Faber Castell. Als ich sie kaufte, habe ich mal in den Foren nachgelesen, welche Stifte Pigmentstark und Lichtecht sind. Im Laden habe ich sie dann ausprobiert, die beiden fand ich Klasse.
Aber Vorsicht vor Testberichten von Laien, die wichtigen Fragen stellen diese nicht. So fallen solche Fragen wie Lichtechtheit, bei selbsternannten Testern oft hintenüber, das die Bilder verblassen werkt man ja erst 3 Monate später.
Ist das wirklich wichtig? Ja, und ob schaut mal meine Aufkleber lagen auf der Fensterbank:
Entschieden habe ich mich für die Museum von Caran Dáche weil sie Lichtecht sind, sie verblassen also nicht so stark in der Sonne.Welche Marken noch lichtechtheit garantieren weiß ich leider nicht.
Tipp, wer seine Bilder im Tageslicht zeigt, muss bei den Stiften auf Lichtechtheit achten, also lesen vorm kaufen.
Die billigen sind oft OK beim Zeichnen oder nur für einfache grafische Effekte. Beim Mischen oder bei Bildern, die an der Wand hängen, hört dann der Spaß auf.
Man braucht übrigens nicht ganze Kästen, das wird richtig teuer. Ich kaufe nicht einfach wahllos. Die Stifte die genau abgestimmt sind auf meine Lieblingsfarben aus meinem Aquarellkasten, sind die Stifte meiner Wahl. Hellere oder dunklere zu den meist genutzten Farben meines Aquarellkastens. Sie zaubern das Licht in meine Aquarelle. Dann bleibt die Sache auch bei hochwertigen Stiften bezahlbar.
Einen Haken hat die Sache allerdings. Jedes mal wenn ich im Laden bin gibt es wieder einen Stift, den ich ganz sicher noch brauche…..dann hab ich Hornochse doch wieder einen riesen Büschel an Stiften.
Grafische Effekte: Obendrauf anstatt unten drunter
Die Aquarellstifte können allerdings viel mehr als nur Farben intensivieren und kleine Fehler ausbessern. Richtig toll sehen diese Stifte aus, wenn man mit ihm auf dem Aquarell zeichnet.
Das zeichnerische Element bietet neue Möglichkeiten
Besonders schön wird es, wenn man sich traut die Stifte auf dunklem Untergrund einzusetzen. Hoch-Pigmentiert ist das Stichwort. Hier kann man dann etwas erzeugen, was man im Aquarell sonst nie kann:
Hell auf dunkel der Aquarellstift macht es möglich!
Das ermöglicht ganz spielerisches Arbeiten. Von hell auf Dunkel und von Dunkel auf Hell,
Es kann also drunter und drüber gehen
Damit sind einem ganzen Haufen spielerischer Möglichkeiten alle Türen geöffnet. Ich liebe es wenn meine Bilder so wild werden, wie die von Kindern. das macht so richtig Spass.
So bringt man ohne Probleme ein kleines Augenzwinkern in Aquarelle.
Die Bilder werden viel lebendiger, weil man bei der Grundanlage des Aquarelles nicht so um jeden hellen Fleck kämpfen muss.
In diesem Bild sieht man übrigens besonders gut, was die Aquarellstifte können. Schaut einmal wo ich überall obendrauf gearbeitet habe, zum Beispiel bei den Fenstern.
Leider kannst du nicht alles sehen, da wo ich durch leichte Schraffuren verblendet habe und dies später mit Wasser verwischt, wird der Aquarellstift unsichtbar.
P.s. Zu dem Bild gibt es eine lustige Geschichte: Gemalt ist es am Montag nach meinem Workshop in Augsburg.
Plötzlich erscheint eine junge Frau mit einem ganzen Bollerwagen voll Kunstmaterial. Sie spricht mich an und ist ganz entzückt von meinen Bild. „Darf ich mal photographieren!?“ sagt sie. “ Das sieht ja ganz toll aus.“ Entspannt holt sie den Fotoapparat raus und plaudert weiter: „Ich hätte ja auch so gerne einen Platz bei Tine Klein bekommen“ Meine beiden Freunde fangen nun an sich komische Blicke zu zuwerfen. Ich schnalle natürlich mal wieder nichts. „Ach, schade“, sage ich, nicht mal im Ansatz verwundert über die dritte Person im Satzbau.
Sieht toll aus, sagt die junge Frau und tätschelt meine Schulter. „Dass man in so kurzer Zeit so viel lernen kann, sieht echt aus wie ein Tine Klein.“
„So sagt sie und nun muss ich zum Bahnhof, mein Zug geht gleich“ verdattert starre ich ihr nach während die beiden Anderen herzhaft kichern…….
Liebe Grüße Tine
Hier eine andere Version von Stift über Farbe ein älterer Blog