Weisheiten zu Weiß
Weißes Papier ist unbearbeitet?
Wortgeschichtlich heißt „weiß“ in vielen Ländern soviel wie „das Leuchten, Licht oder Sonne“. In einigen europäischen Ländern gibt es eine merkwürdige Ähnlichkeit zwischen den Worten „Weiß“ und „Weizen“. White und wheat oder Weiz (en) und Weiß.
Vermutlich ist dies in der Farbe und der Wichtigkeit des guten Wetters für die Ernte begründet. Licht ist also so genauso wichtig wie Ernährung!
Licht ist etwas Schönes und es macht gemalte Bilder toll. Doch das Problem, das wir mit Weiß haben, steckt ebenfalls im Wort Weiß. Weiß steckt auch im deutschen Blanko oder im italienischen Bianco.
Wir alle kennen diese Wörter aus Blankovollmacht, das heißt „nicht ausgefüllt“ oder von total blank sein, das heißt: rein gar nicht haben.
Weiß ist das Licht und das Nichts.
Tine Klein
Weiß ist keine Farbe
Viele Menschen haben Probleme beim Malen von Weiß. Dies liegt natürlich nicht daran, dass wir alle dumm sind, sondern dass Weiß eine ganz besondere Bedeutung hat.
Die Wirkung von Weiß und seine Folgen für die Malerei
Weiß wirkt unheimlich perfekt.
Jeder, der perfekt sein muss oder Perfektion vortäuschen möchte, greift zu Weiß.
Ärzte sind Halbgötter in Weiß, der Papst schreitet im weißen Nachthemd mit goldenem Saum würdevoll über den Platz. Die Mädchen der Jungfrauen-Prozession und Bräute sind in Weiß gekleidet.
Und hier merken wir schon, welches Problem das Weiß in sich trägt, wenn es für das Vollkommene, das Ideale und das Gute steht.
Weiß steht dafür, dass es das Perfekte gibt, und wir alle wissen, auf dieser Welt gibt es kaum etwas wirklich Perfektes.
Man müsste schon lange suchen, um genug Jungfrauen für eine Prozession in Weiß zu finden!
Weil weißes Papier es so makellos aussieht, macht es in Bildern ständig Probleme.
Oder es lässt Bilder erhaben aussehen.
Der weiße Fleck
Wie schon bemerkt, macht Weiß uns Probleme durch seine Wirkung: Warum?
Weiße Stellen wirken in Bildern wie ausgeschnitten oder aufgeklebt.
Weiß ist etwas besonders Schönes in Bildern
Jeder, der besonders toll wirken will oder gar kein Interesse daran hat, normal zu wirken, kleidet sich gerne in Weiß.
Marilyn Monroe im weißen Kleid auf dem U-Bahn-Gitter, Marlene Dietrich im weißen Anzug, Lady Di im weißen Abendkleid, Mariah Carey in weißer Robe oder Lady Gaga in weißem Lackleder. Die Diva weiß genau, welche Strahlkraft das Weiß hat.
Alle Augen schauen auf das Weiß. Dies ist sicher eine der wichtigsten Regeln der Malerei.
Jetzt ist doch für uns Maler die Frage: Wie kann ich dieses wundervolle Strahlen in meinen Bildern benutzen? Was kann ich damit anstellen? Und wie kriege ich es harmonisch in meine Bilder hinein, ohne dass es aussieht wie ein ekelhaft perfekter Fremdkörper?
Die Möglichkeiten in der Malerei -Wo hilft weißes Papier?
Weiß ist leer, es sei denn…
Weiß wirkt zart und weiblich…
Das Licht als Gegengewicht…..
Weiß ist der natürliche Gegenspieler von Dunkel und Schwer. Weiß wirkt generell licht, leicht und substanzlos. Und dies sorgt selbst in düsteren Bildern für eine gute Stimmung.
Viel weißes Papier-wirkt freundlich und hell
Grau macht trüb.
Weißes Papier perfekte Unterlage…
Oft werde ich im Unterricht gefragt: Muss ich eigentlich noch einen Himmel malen? Oder: Muss ich noch die Straße malen? Die Antwort ist: In der Kunst muss niemand etwas. Im ersten Moment sehen größere weiße Flächen vielleicht ungestaltet aus. Dies liegt natürlich an der psychologischen Wirkung des Weiß, das dir beim Arbeiten sagt:“ Hey, ich bin doch noch so leer!“
Mein letzter Tipp für heute:
In puncto weißes Papier wir uns gerne wie die wildgewordenen Jäger. Nicht alles, was Weiß aufblitzt, muss sofort erschossen werden. In Bildern sind mit dunkler Farbe geladene Pinsel genauso gefährlich wie Gewehre, denn sie töten die Leichtigkeit. Gerade jetzt, in der dunklen Jahreszeit, ist es wichtig, dass genug Weiß im Bild stehen bleibt.
Behandelt die weiße Farbe auf dem Blatt wie die selten gewordenen weißen Tiger. Denkt immer dran: “ Die sind selten und stehen unter Naturschutz!“
Ein bisschen Weiß muss stehen bleiben:
Weißes Papier und sanfte Lasuren wirken interessant.
Ich wünsche dir ein wundervolles Wochenende
Liebe Grüße Tine
Danke an die wundervollen Menschen die regelmäßig Spenden. In Deutschland waren die Kurse durch die Hygiene-Konzepte so klein geworden, das man nicht mehr rentabel arbeiten konnte. Nun gibt es gar keine Kurse mehr in Deutschland. Eine verrückte Zeit, deshalb sind eure Spenden gern gesehen. Insbesondere allen Corona -Geschädigten z.B. aus Kultur und Gastronomiewünsche ich viel kostenlosen Lesespass.
An fettes Danke schön an die Menschen die euch, den kostenlosen Lesespass ermöglichen:
Marie-Therese Pfyffer, Susanne Binder, Erich Kürsteiner, Claudia Hertfelder, Roland Engert, Tanja Hammer, Marion Schatz, Marion Valentin,
Sabine Mund-Schmidt, Christa Knaack, Marlies Zücker
Und Danke vielmals, für eure zuckersüßen Nachrichten.